"Durch die Atomkraft machen wir uns schuldig an der nächsten Generation"

11. Mär 2010

Deutschland - Der Orden der Steyler Missionare, die sich weltweit für den Einsatz nachhaltiger Energietechniken einsetzen, fordert von Deutschland einen verantwortungsvollen Umgang mit den Gefahren der Atomenergie und warnt vor einer weiteren Verlängerung der Laufzeiten deutscher Meiler.

Mit seiner Aussage, nur eine geringe Verlängerung der Atomkraftnutzung zu befürworten, sorgte Bundesumweltminister Norbert Röttgen für viel Wirbel. Innerhalb der eigenen Koalition, aber auch in der Bevölkerung. Und viele fragten sich: Wie grün ist Röttgen wirklich? Greenpeace-Atomexperte Münchmeyer nannte Röttgens Äußerung eine "Laufzeitverlängerung auf Samtpfoten", andere warfen ihm eine Scheindebatte angesichts der anstehenden Landtagswahl in NRW vor, um den Grünen ihre Wähler abzuwerben.  

Unabhängig seines politischen Kalküls jedoch hat Röttgen eine erneute Debatte über den Atomausstieg ausgelöst. "Es ist wichtig, dass wir das Thema weiter diskutieren und den gesellschaftlichen Druck auf die Politik erhöhen", erklärt der Steyler Missionar Paul Heider. "Wir dürfen die Pläne der Regierung für eine Laufzeitverlängerung deutscher Meiler nicht einfach hinnehmen."

 

Wir leben auf Kosten der nächsten Generationen
Für die Steyler Missionare, die sich in 70 Ländern weltweit für Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, ist der Atomausstieg unvermeidlich. Liebe Deinen Nächsten, heißt es in der Bibel. Und der Nächste ist nicht nur der Nachbar, Freund oder Feind, sondern auch das Kind und der Enkel. "Das Nachhaltigkeitsgebot hat für uns oberste Priorität und die Aussicht darauf, den nach uns kommenden Generationen ein strahlendes Müllproblem zu hinterlassen, lässt sich mit diesem Gebot nicht vereinbaren," so Paul Heider. Für die Steyler Missionare gibt es mehr als die Gegenwart - sie blicken in die Zukunft. "Damit wir heute billige Energie haben, bürden wir nachfolgenden Generationen Probleme auf, die wir jetzt noch nicht einmal abschätzen können. Wir leben sozusagen auf ihre Kosten. Das ist nicht hinnehmbar."  

Generationengerechtigkeit, wie im Steuer- und Abgabensystem gefordert, gibt es bei der Atomenergie nicht. Jahrelang wurden Atommeiler mit Steuergeldern gefördert. In den aktuellen Strompreisen schlägt sich dies nicht nieder. Atomstrom gleich billiger Strom ist immer noch vorherrschendes Klischee. "Bei der Berechnung des Atomstroms müssten die früheren Subventionen und die Kosten der Endlagerung, die derzeit auch wieder vom Steuerzahler, statt vom Verursacher, übernommen werden, berücksichtigt werden. Von billig, kann dann sicherlich keine Rede mehr sein", so Paul Heider.

 

Atomenergie hat die Macht, unsere gesamte Welt zu zerstören
Neben dem christlichen Liebesgebot führt Paul Heider den Grundgedanken der Bewahrung der Schöpfung ins Feld. "Sich die Erde untertan machen, heißt nicht, sie kaputt zu machen. Wir wollen sie nicht unterjochen, sondern sie bewahren - dafür sorgen, dass sie erhalten bleibt. Atomkraftwerke, die angeblich sicher sind, und dennoch immer wieder mit Zwischenfällen auf sich aufmerksam machen, deutlich erhöhte Krebsraten in der Bevölkerung, die in Atomkraftwerksnähe wohnen, und schließlich die Tatsache, dass Atomkraft und Atombombe - man braucht sich nur Nordkorea oder Iran anzusehen - sicherlich nicht voneinander zu trennen sind, sollten doch klar machen, dass die Atomkraft keine Zukunft hat und den Bestand unserer gesamten Welt gefährdet", erklärt Paul Heider.

 

Weltweit und in allen Bereichen nachhaltig agieren
Die Steyler Missionare propagieren in ihren Einsatzländern seit langem die Nutzung regenerativer Energien. So beispielsweise in Ghana, wo Pater Joachim Mika aus Elefantengras Briketts pressen lässt, um die natürlichen Ressourcen des Landes besser zu nutzen. Eigentlich wird in dem westafrikanischen Land traditionell mit Holzkohle geheizt und gekocht. Doch die ist nicht nur teurer, sondern auch umweltschädlicher als Gras, das in etwa gleich gut brennt, aber dabei weniger CO2 produziert. Oder im indonesischen Ruteng, wo sich der holländische Missionar Pater de Graaf für die Versorgung von solarbetriebenen Kochöfen einsetzt.   

Ihre ablehnende Haltung der Atomkraft gegenüber schlägt sich auch in den Anlagekriterien der Steyler Bank nieder, die mit führenden Moraltheologen der Steyler Missionare entwickelt wurden. Hier nämlich gilt die Atomenergie als Ausschlusskriterium. Die Steyler Bank-Kunden können demnach sicher sein, dass ihr Geld die Atomwirtschaft nicht unterstützt. "Eine Studie der namhaften ethischen Rating-Agentur 'oekom research', die auch die Steyler Bank bei der Bewertung von ethischen Geldanlagen berät, kommt letztendlich zum Schluss, dass "andere Energieträger grundsätzlich vorzuziehen seien", erklärt Geschäftsführer Norbert Wolf. "Alle Produkte, die die Atomkraft unterstützen, fallen bei uns automatisch aus dem Portfolio."

 

Was können wir tun?
Was jeder Einzelne für einen schonenden Umgang mit unseren Ressourcen tun kann, ist Paul Heider klar: "Wir sollten uns in Bescheidenheit üben. Energie einsparen, lautet die Devise. Bei Verbraucherzentralen und Umweltverbände kann man zu diesem Thema kostenlose Informationen bekommen. Beim Kauf von Haushaltsgeräten sollte auf die Energieeffizienz geachtet werden. Und das Wichtigste: Verbraucher sollten aus der Atomkraft aussteigen. Es gibt mittlerweile viele Alternativen."

Tamara Häußler-Eisenmann