Herr Winter, der Weihnachtsmann und Bischof Nikolaus von Myra - Ein Plädoyer gegen die Weihnachtsmann-Hetze

30. Nov 2011

Kurz vor Weihnachten ist es wieder soweit. Kirchliche Kreise stürzen sich auf den Weihnachtsmann als amerikanischen Import und Konkurrenz zum Nikolaus.

Über mehr Gelassenheit und eine andere Überlegung zum missionarischen Ansatz würde sich Pater Fabian Conrad freuen, der Missionssekretär der Steyler Missionare

 

„Den Weihnachtsmann aus deutsch-christlicher „political correctness“ doof zu finden, ist halt irgendwie auch ganz schick. Zumal er ja nun auch wirklich nichts mit unserem christlichen Weihnachtszyklus zu tun hat und die Kritiker ihn in erster Linie als werbetragendes Coca-Cola-Produkt sehen, das auf Kinder und Erwachsene einen Konsumterror sondergleichen ausübt.

 

Christlicher Ursprung

Aber: Was sollen wir tun, wenn unsere Kinder den Weihnachtsmann mögen. Sollen wir dann „Pfui, pfui“ ausrufen, weil er so ganz und gar heidnisch ist. Sollen wir Filme wie „Polar Express“ und das rotnasige Rentier Rudolph aus den Regalen verbannen – am besten noch verbrennen? Wozu die Hysterie? Schauen wir uns doch erst einmal an, woher der Weihnachtsmann eigentlich kommt. Denn die Gestalt des Weihnachtsmannes ist weit älter und entstand viel früher in Nordeuropa aus verschiedenen Nikolauslegenden und bereits vorhandenen mythischen Figuren, wie zum Beispiel Väterchen Frost oder Herr Winter. Gerade in protestantischen Gebieten vermied man mit dieser Gestalt zu deutliche Hinweise auf einen Bischof und Heiligen und grenzte sich so von der katholischen Tradition ab. Dieser Weihnachtsmann war weitgehend „ent-christlicht“ und bediente eher romantische und märchenhafte Vorstellungen, die mit verschiedenen Legenden umsponnen wurden. Stilprägend war etwa die romantische Darstellung des Münchner Künstlers Moritz von Schwind und der Figur „Herr Winter“, die nur noch entfernt an den Nikolaus erinnert, aber bald die Kinderherzen eroberte.

 

Kuscheltier statt Rute

Im Gegensatz zum Weihnachtsmann, der mit seinem Rentierschlitten über die Dächer der Häuser fliegt, hat unser Nikolaus ja einen Helfer an seiner Seite. Knecht Ruprecht! In der bürgerlich aufgeklärten Pädagogik des ausgehenden 19. Jahrhunderts spürte man ferner Unbehagen gegenüber den traditionellen Nikolausbräuchen, die sich über die Jahrhunderte lokal ausdifferenziert hatten. Viele ließen den Bischof von Myra zum „Kinderschreck“ werden, der gerne von Gruselgestalten wie besagtem Knecht Ruprecht oder Krampus begleitet, die Kinder mehr verängstigte als dass er ihnen Freude brachten. Demgegenüber gewann die harmlose, romantisch-märchenhaft verkleidete Gestalt des schenkenden Weihnachtsmannes bei Erwachsenen und Kindern in einer säkular gewordenen Welt an Bedeutung.

 

Kinderfreundlich und integrativ

Was aber treibt die „Weihnachtsmann-Hasser“ an? Denn bei aller kirchlicher Kritik am Weihnachtsmann muss fairerweise bedacht werden, wie es zu dessen Popularität kam, die eben nicht einer Werbekampagne zu verdanken ist, sondern sich weit vorher entwickelte. Gegenüber dem Nikolaus war der Weihnachtsmann eben kinderfreundlicher und in der Darstellung „kindgerechter“ und „multikulturell“ vermittelbar. Er jagte den Kindern keine Angst ein, sondern war als gütiger, alter, schenkender Mann schnell das, was der Nikolaus ursprünglich war: ein Freund der Kinder.

 

Oder ist es die Angst vor einer Entchristlichung der Welt? Diese dürfte wohl nicht zu befürchten sein, wenn man sich die Heimat eben diesen ansieht. Es sind bekanntermaßen die USA, wo Santa Claus nicht nur sehr, sehr, sehr beliebt ist, sondern auch die Katholiken sehr katholisch, die Protestanten sehr protestantisch und die Evangelikalen sowieso noch einmal ganz anders sehr christlich sind. Und das alles trotz des Weihnachtsmannes. Oder vielleicht sogar gerade deshalb? Denn im protestantisch geprägten Amerika bot der Weihnachtsmann gerade durch die inzwischen kaum mehr sichtbaren christlichen Wurzeln einen weiteren Vorteil: In der religiös pluralen Gesellschaft der USA bekam er eine integrative Funktion - über die Konfessionen und Religionen hinweg.

 

Genauer hinsehen, statt verbannen

Schaut man sich den Kampf gegen den Weihnachtsmann vor diesem Hintergrund an, so scheint all das doch sehr verwunderlich. Sollte es nicht auch den Weihnachtsmann-Hassern besser darum gehen, das Christliche an der Figur herauszuarbeiten – also seine Entstehung aus Nikolauslegenden in Verbindung mit nordeuropäischen Sagengestalten – statt dem einfachen Verbieten einer positiv besetzten Figur? Sollten nicht vielleicht lokale oder traditionelle Bräuche, bei denen Nikolaus ein strafender Kinderschreck ist, überdacht werden, die mit dem kinderliebenden Nikolaus nichts mehr zu tun haben?

 

Der Weihnachtsmann hat nun einmal sehr interessante religionspädagogische Ansätze. Es wäre schade, diese in der Debatte zu vergessen.

 

Animationsfilm über den Weihnachtsmann beantwortet Fragen

Ein kurzer Kinderfilm, den steyl medien aktuell produziert hat – „Virginia und der Weihnachtsmann“ – erklärt die Popularität des Weihnachtsmanns in den USA, die weniger mit Coca Cola und Werbung zu tun hat als mit einem legendären Briefwechsel aus dem Jahr 1897. Die achtjährige Virginia O‘Hanlon stellte in einem Leserbrief an die „New York Sun“ die Frage: „Gibt es einen Weihnachtsmann?“. Die Antwort, die der Journalist Francis Church zusammen mit Virginias Brief veröffentlichte, ist auch heute noch lesenswert, weil Church Erwartungen, Hoffnungen und Träume der Kinder ernst nimmt und die erwachsenen Leser gleichzeitig einen Blick auf die Welt durch Kinderaugen werfen lässt – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.

 

Virginias Glaube an den Weihnachtsmann gleicht eher dem kindlichen Glauben an eine Märchenfigur. Entsprechend argumentiert Francis Church auch nicht direkt religiös, sondern appelliert letztlich vor einem romantischen Hintergrund an die Berechtigung des kindlichen Glaubens an eine „Märchenwelt“. Allerdings spannt Church – und hat dabei sicher an den erwachsenen Leser gedacht – den Bogen weiter und weist auf die Berechtigung und die Bedeutung der „nicht-sichtbaren Dinge“, wie Liebe und Zuneigung hin.

 

Nicht den Weihnachtsmann, sondern seine Mission im Auge haben

Pädagogisch gesehen schlägt Church somit einen bis heute empfehlenswerten Weg gegenüber dem „Weihnachtsmann“ ein: Er nimmt Virginia nicht ihren kindlichen Glauben, ihre Phantasie und ihre Hoffnung, sondern führt diese weiter zu zentralen Begriffen wie „Liebe“, „Zuneigung“ und „Herz“.

 

Nicht mehr der Weihnachtsmann als Gestalt steht somit zur Diskussion, sondern das, wofür er steht sowie den Glauben und die Hoffnung an sich. Dies sollte auch heute noch der Ansatz sein, kindlichen Glauben abzuholen.

 

Über eine größere Gelassenheit und weniger Starrköpfigkeit würden sich am Ende nicht nur die Kinder freuen, die in der Nacht vom 5. Dezember in fröhlicher Erwartung auf den Nikolaus warten, der ihnen den Stiefel füllt, und andererseits im Schaufenster der Kaufhäuser den Weihnachtsmann mit seinem Schlitten bewundern,“ ist sich Conrad am Ende seines Plädoyers gegen die Weihnachtsmannhetze sicher.

Der Link zum Animationsfilm „Virginia und der Weihnachtsmann“: http://www.youtube.com/watch?v=6QSnQgX_uho oder dem youtube-Kanal von steyl medien unter www.youtube.com/steylmedien. Käuflich zu erwerben ist der Film für 14,95 (Vorführrechte) natürlich auch bei steyl medien. Telefonisch unter 089-55811660 oder per Mail unter info@steyl-medien.de.


Tamara Häußler Eisenmann