P. Paul Berthold Hubert Kretschmer SVD (1921-2012)

27. Okt 2012

Heute in der Frühe, um 5.30 Uhr Ortszeit, starb im Hospital São Camilo, Sao Paulo, Brasilien, Pater Berthold Kretschmer, im Alter von 91 Jahren.

P. Kretschmer war der Sohn von Paul und Anna Kretschmer. Sie hatten 8 Kinder. Berthold war das zweite Kind und der erste Junge. Als 1931 P. Paul Jung (1903-1974) seine Primiz in Krummöls feierte, machte das auf den Zehnjährigen einen bleibenden Eindruck. Nach Schulabschluss ging er 1933 nach Neisse/Heiligkreuz, das etwa 200 km entfernt war. Das letzte Jahr des Gymnasiums mussten die Schüler in der Stadt machen. Hitler hatte die Ordensschulen Schließen lassen. Es folgte der Arbeitsdienst und die Einberufung in die Armee. In der Offizierslaufbahn diente er bei der Luftwaffe in Deutschland, Italien und Holland.

Am Ende des Krieges schlug er sich bis St. Augustin durch und begann hier Anfang November 1945 das Noviziat im noch zerstörten Seminar. Hier gehörte er zu der Generation der “Krieger”, die das Haus wieder bewohnbar machten und gleichzeitig ihren Studien oblagen. P. Kretschmer empfing am 26.08. 1951 die Priesterweihe. Er wurde für Brasilien bestimmt. In einer kleinen Gruppe von 8 Missionare für Chile, Argentinien und Brasilien ging es 1952 von Genua aus über den Ozean. In Belo Horizone begannen das Sprachstudium und die ersten Aushilfen.

Nach 8 Monaten war er gerüstet für die erste Stelle in Iguape, einer kleinen Stadt am Atlantik, eine Tagesreise von Rio entfernt. Er hatte 40 kleine Stationen zu betreuen, die meisten mit dem Boot oder zu Fuß.

“Nach dem Fest der Erhebung der Kirche zur Basilika wurde ich in den Süden, nach Porte Alegre versetzt. Neben der Arbeit als Verwalter der Tageszeitung “Jornal do Dia” sollte ich ein kleines Seminar für Brüdernachwuchs beginnen.”
Auf der Straße von Florianopolis nach Lajes erlitt er mit P. Walter Bonten (1903-1974) einen schweren Autounfall (1956). Erst mussten die Verbrennungen behandelt werden, dann die Brüche. Nach 5 Monaten ging es weiter mit der Arbeit. Allein seine 220 Kandidaten zu ernähren, war schon ein Kunststück.
Der Unfall hatte seine Gesundheit und Arbeitskraft stark beeinträchtigt. Nach vielen Versuchen vor Ort, sein Knochengerüst wieder in Ordnung zu bringen, versuchte er es in der Heimat. Im April 1964 konnte er wieder mit dem Schiff zurück nach Brasilien. “Ich war wieder einigermaßen zurecht geflickt. Im Mai begann ich als Pfarrer in Iguape. Es ist eine Stadt mit großer Armut. Ich suchte die Unterstützung der amerikanischen Caritas. Manchem haben unsere Aktionen das Leben gerettet.”

Von 1970 bis 99 war er in Santo André als Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde. Er betreute verschiedene Favelas und baute eine neue Pfarrei auf.
“Bereits im Jahre 1966, als Pfarrer in Iguape, hatte ich auf der Ilha Comprida ein Grundstück für ein Pfarrzentrum erworben. Inzwischen entwickelte sich die Insel zu einer kleinen Stadt, viele Häuser wurden gebaut, die Verbindung zu Iguape wurde durch eine Fähre garantiert. Bald waren eine Kapelle und ein Saal gebaut. Einmal monatlich kam ein Pater von Iguape und hielt hier Gottesdienst.“ Am 7. März 2004 konnte die Kirche eingeweiht und die Pfarrei offiziell errichtet werden.“ Hier verbrachte P. Kretschmer seinen Lebensabend.
Im Rückblick schrieb P. Kretschmer:

„So wie die zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus sind auch wir unterwegs. Der Herr geht mit uns. Oft sehen wir ihn nicht und nehmen seine Nähe nicht wahr. Er wartet darauf, dass wir hellhörig werden für die Zeichen der Zeit. Er lässt uns unsere Freiheit, ihn zu verstehen, ihn einzulassen in unser Leben. Erst dann teilt er sich mit, schließt er Gemeinschaft mit uns. So ist mein Lebensweg gezeichnet von seiner Nähe, von seiner unendlichen Liebe.“

Die Steyler Missionare danken P. Kretschmer für seinen großmütigen Einsatz in Brasilien. Sie danken auch seiner Familie, seinen Helfern. Mit ihm waren sie alle Missionar in Brasilien! Wir danken auch Frau Magdalena HACHIYE für ihre treue Pflege und Sorge, die sie P. Kretschmer in seinem hohen Alter in hochherziger und selbstloser Weise angedeihen ließ!

G. Lesch svd