Bruder Pirmin Haag SVD – Missionar im Kongo

31. Jul 2014

Der deutsche Steyler Missionar Bruder Pirmin Haag verstarb am 21. Juli in Ngondi (Demokratische Republik Kongo). Die Steyler Missionare trauern um einen guten und hoch geschätzten Mitbruder.

"Im August wollte Bruder Pirmin seinen wohlverdienten Heimaturlaub antreten. Seine Angehörigen freuten sich schon darauf. Nun hat der Herr des Weinbergs, dem Bruder Pirmin Haag so treu gedient hat, ihn in seinen ewigen Frieden heimgerufen", berichtet Pater Gerd Lesch, der Zuständige für die deutschen Steyler Missionare im Ausland, über seinen Mitbruder aus dem Kongo.


Aus dem Saarland in die Kongo-Mission

Josef Richard am 28. September 1938 in Bebelsheim im Saarland geboren. Seine Eltern waren Pirminius Haag (1908–1988) und Ottilia Anna geb. Mich (1916–1994). Wenn der kleine Josef im Elternhaus aus dem Fenster schaute, sah er bis nach Frankreich hinein. Hier ging er mit seinen drei jüngeren Schwestern zur Volksschule. 1952 begann er eine Lehre als Dreher in einer Werkzeugmacherei in Saarbrücken.

Am 1. Februar 1958 kam er zu den Steyler Missionaren nach St. Wendel. Sein Vater hatte in russischer Gefangenschaft den Steyler Missionar Jakob Konrad (1904–2002) kennengelernt und war mit ihm in Verbindung geblieben. Das katholische Elternhaus und das tief religiöse Milieu im Blieskasteler Land hatten den Sohn geprägt und ihm hohe Ideale vermittelt.

Zur Prüfung seines Berufes schickten die Oberen den gelernten Dreher erst einmal in die Hofküche. Hier sollte er sich seine ersten Sporen verdienen! Nach dem Noviziat (1958/60) folgen die Gelübde und er nahm den Brudernamen Pirmin an; sein sehnlicher Wunsch war es, in die Mission zu gehen. Als Saarländer war er für den Kongo wie geboren. Der Obere im Kongo riet ihm allerdings, zuerst noch die Meisterprüfung zu machen. Das Französischlernen wurde noch etwas hinausgeschoben, weil kein Ersatzmann in der Küche bereitstand. Nach einem Sprachkurs in Lyon erlernte er in Champagne au Mont d’Or in einer Garage die Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und gleichzeitig auch die französischen Fachausdrücke seines Handwerkes. Mit seinem Kursgenossen Georg Eifler (1940–1999) kam er am 22.10.1966 in Kinshasa an.

Die Steyler hatten 1951 im Kongo begonnen. 1963 war das ihnen anvertraute Gebiet Diözese geworden. Auch die Wirren nach der Unabhängigkeit (1960) konnten den schnellen Aufbau nicht bremsen.


Der Nothelfer

Bruder Pirmins erster Auftrag in der Bischofsstadt Kenge hieß Brückenbau über den Konzi-Fluss. Pater Ekkelboom (1924–2002), der Schulinspektor, hatte einen verkürzten Weg zwischen Ngi und Kenge ausgemacht, ganz ohne Flussüberquerungen. Doch die Brücke über den Konzi, ein paar Kilometer vor Kenge, war unumgänglich.

„Nach meiner ‚Taufe am Konzi‘ übertrug man mir die Garage in der Bischofsstadt Kenge. Es war keine leichte Aufgabe, denn die in Kenge ansässigen Militärs kamen mit allen möglichen und oft auch unmöglichen Anliegen“, schrieb er einmal. Es verlangte viel diplomatisches Geschick, um sie bei Laune zu halten! Die turbulente Unabhängigkeit lag erst sechs Jahre zurück!

Bruder Pirmin hielt es nicht lange an einem Stück in Kenge. Über Funk wurde er von Missionsstation zu Missionsstation gerufen, von Krankenhaus zu Krankenhaus. Dazwischen erledigte er manche Hilfs- und Rettungsaktion. Ob Fahrzeug, Stromaggregat, Näh- oder Mähmaschine oder Wasserpumpe, er war Nothelfer in allen Situationen. Was ihn besonders auszeichnete, war sein „Artikel 15“: Er wusste jedes technische Problem, wie groß es auch sein mochte, zu lösen. Dazu halfen ihm zwei Dinge, seine „Höllenmaschine“, der elektrische Schweißapparat, den er immer im Jeep mit sich führte und die Drehbank in seiner Werkstatt auf der Hauptstation. Er hatte eine Leichtigkeit und Phantasie mit beiden umzugehen und immer eine Lösung zu finden.

1970 zog er nach Kalonda um. Dort befand sich das Kleine Seminar, das SVD-Zentralhaus, die Holzwerkstatt mit Br. Hermann Helm (1933–2008) und die Metallwerkstatt mit Br. Baptiste van Rooijen (1923–2014). Hier wartete Br. Pirmin die Maschinen, die man ihm brachte und bereitete seine Aktionen in den Pfarreien vor.

Die frühen 70er Jahre waren im Kongo die Zeit der „Authenticité“. Mobutu rief dazu auf, zu den alten, afrikanischen Werten zurückzukehren. Die Zeit ähnelte einem kleinen Kulturkampf. Als religiöse Symbole an öffentlichen Stellen entfernt wurden, hielt sich Br. Pirmin in Bandundu auf, um beim Bau der Kirche in Nto Luzingu zu helfen. Aus Eisenrohren schweißte er einen Glockenturm. Genau am Karfreitag wurde er aufgestellt. Den Abschluss bildete ein großes solides Kreuz. Schmunzelnd zeigte er dem Pfarrer, P. Gessler, das Kreuz: „Das holt so leicht keiner herunter!“ Als Br. Pirmin den Glockenturm aufgerichtet hatte, klatschten die Leute lange Beifall.

1978 begann eine neue Epoche für Br. Pirmin. Das gesamte Anwesen von Kalonda wurde zum Zentrum des Philosophiestudiums für die Diözesen der Regionalen Kirchenprovinz Kinshasa (Cepkin). Die Steyler räumten und überließen Kalonda der Lokalkirche und fingen im 15 km entfernten Ngondi ganz neu an. Wie sie nach 1959 das Gelände von Kalonda dem Urwald abgerungen hatten, so ebneten sie jetzt den Hügel von Ngondi, um mit den Maschinen von Kalonda die Werkstätten neu erstehen zu lassen. Br. Pirmin begann damit, den kleinen Bach zu stauen und baute eine Turbine. Die Leistung reichte gerade für die wichtigsten Maschinen der Werkstätten und für die abendliche Beleuchtung und die Kühlschränke.

1982 übernahmen die Steyler in der Diözese Kole die Pfarreien Dekese und Dumba von den Picpus-Missionaren. Die 1000 km entfernte Kasai-Mission war für Br. Pirmin nicht zu weit. Hier machte er mehrere Großeinsätze, um die Mitbrüder und Schwestern dort zu installieren. Br. Pirmin war immer für etwas Neues zu begeistern!


In Ngondi

Ngondi wurde für Br. Pirmin eine wirkliche Heimat. Es lag ungefähr auf halbem Weg zwischen Kinshasa und Kikwit, genau am km 351. Pirmins Werkstatt war ein fester Punkt und eine Anlaufstelle für alle Reisenden, für Kaufleute und alle, die ins Innere des Landes oder zur Hauptstadt Kinshasa mussten.

In den letzten Jahren schränkte Br. Pirmin die Reisen mehr und mehr ein. „Meine Hauptaufgabe sehe ich in der Ausbildung junger Menschen zu guten und gewissenhaften Handwerkern. Ständig habe ich vier bis sechs junge Leute hier, die von Handwerkschulen für einige Monate geschickt werden und ihre praktische Ausbildung in der Werkstatt machen.“ Montag war sein ‚sozialer Tag‘. Er gehörte ganz den Leuten und den Handwerkern der Umgebung: Werkzeuge kaufen, schweißen, löten oder schärfen, Bretter hobeln … Br. Pirmin war immer sozial eingestellt; davon erzählen so mancher Wasserturm und Pumpanlage im Krankenhaus, im Internat und in der Schule. Zuletzt baute Br. Pirmin mit P. Schweizer in Ngondi einen Kindergarten mit Grundschule auf. Er fabrizierte auch die Tische, Stühle, das Spielzeug, Schaukeln und Rundlauf. Ein Missionar aus Kinshasa meinte dazu: „Von solchem Spielzeug können die Kinder bei uns nur träumen!“

Kraft und Ausdauer schöpfte Br. Pirmin aus seinem treu gelebten Ordensleben und seinem immer intensiv gestalteten „Brüdersonntag“. Er war ein äußerst genügsamer und bescheidener Missionar und ein Ordensmann, ganz nach dem „Ora et Labora“, dem Ideal des hl. Benedikt.

Sein plötzlicher Tod hat uns alle überrascht und betroffen gemacht. Br. Pirmin findet seine letzte Ruhestätte in Ngondi unter seinen Mitmissionaren, mit denen er Seite an Seite die Diözese Kenge aufgebaut hat. Der Bischof von Kenge und die Steyler Missionare im Kongo sind dankbar, Br. Pirmin Haag in ihren Reihen gehabt zu haben. Sie danken auch seinen Verwandten, Freunden und Wohltätern für ihre Unterstützung und Begleitung. Mit ihm zusammen waren sie Steyler Missionare im Herzen Afrikas.

Tauchner SVD