Missionarische Gebetsmeinung - Juni 2007

01. Jun 2007

Wir beten, dass die Frauen und Männer der Kirchen in Nordafrika durch ihr Leben im Alltag die Liebe Gottes tatkräftig bezeugen.

Zu Nordafrika, einer Region mit - je nach Zählweise - bis zu zwölf Ländern auf dem "Schwarzen Kontinent", haben viele Europäer sehr wahrscheinlich ein etwas zwiespältiges Verhältnis. Einerseits sind es Länder mit glorreicher Vergangenheit und bedeutenden Orten der Weltgeschichte, die es wert sind, besucht zu werden. Zum Beispiel Ägypten: die Kombination von wunderschönen Strandurlaubsorten und historischen Stätten (Alexandria, Luxor) macht das Land für viele Reisende zu einem interessanten Urlaubsland in Nordafrika. Andererseits finden wir in der Region aber auch eine große Armut unter der Bevölkerung und militante Auseinandersetzungen. Zum Beispiel der Sudan: Große Dürreperioden, Bürgerkrieg und riesige Auslandsschulden machen es dem Land schwer, aus den Negativ-Schlagzeilen unserer Medien herauszukommen. Durch seine Einladung, besonders für die Länder Nordafrikas in diesem Monat zu beten, lenkt Papst Benedikt XVI. unsere Aufmerksamkeit vor allem auf die Lebenssituation der dort lebenden Christen. Es scheint ihm ein Anliegen zu sein, sie nicht zu vergessen. Konkret sollen wir daher um zweierlei beten, nämlich dass die Kirche in Nordafrika durch ihre Präsenz einerseits und durch ihre Tätigkeit andererseits, "die Liebe Gottes zu jedem Menschen und allen Völkern bezeuge". Was bedeutet das?  

Die Präsenz des Christentums in Nordafrika hat eine lange und wohl auch sehr bewegte Geschichte. Denken wir an große Heilige, die aus dieser Region stammen: Augustinus, einer der größten Theologen der Kirchengeschichte, kam beispielsweise von dort, sowie die heilige Monika, seine Mutter. Aber auch der heilige Fulgentius, Abkömmling einer einflussreichen und wohlhabenden Familie aus Telepte stammt aus Nordafrika. Nicht zu vergessen wäre auch die Tatsache, dass die geschichtlichen Wurzeln des heutigen Ordenslebens hier zu finden sind. Bereits im vierten Jahrhundert zogen sich immer wieder Männer und Frauen in die Einsamkeit dieser Region zurück, um Gott in der Einfachheit des Lebens besonders nahe zu sein. Der Mönch Pachomius ist wohl einer der bekanntesten jener "Wüstenväter". Auch der 2005 selig gesprochene Charles de Foucauld fühlte sich gerufen, Anfang des 20. Jahrhunderts in Algerien als Einsiedler unter den Tuareg im Hoggar-Gebirge zu leben. Er erforschte ihre Sprache und hinterließ das bislang beste Wörterbuch, sammelte Texte, Gedichte und Sprichwörter der Tuareg. 

Heute sind die Christen in dieser Region, die wohl zu Recht als Wiege des Christentums bezeichnet werden kann, eine Minderheit. Wie in Ostafrika und Westafrika auch, ist inzwischen der Islam hier weit verbreitet. Die Sorge, dass das Christentum - und damit eben auch das Zeugnis für die Liebe Gottes zu jedem Menschen - in jenen Ländern einmal ganz verschwinden könnte, ist nicht ganz unberechtigt. Umso wichtiger scheint es also, dass die Christen durch ihr schlichtes "Dasein" immer wieder Zeugnis geben. Was für dieses "Dasein", diese "Präsenz" notwendig ist, erklärten schon seinerzeit die Christen in Nordafrika, die unter der Verfolgung durch Diokletian leiden mussten, mit folgenden Worten: "Ohne das Gedächtnis des Herrn - das heißt ohne die Eucharistie - können wir nicht leben."  

Bei einer Predigt zum Aschermittwoch 2005 im Petersdom meinte Kardinal James Francis Stafford: "Auf die Frage, die sich die Welt heute immer wieder stellt: Wo ist unser Gott?', muss das glaubwürdige Zeugnis unseres Lebens Antwort geben. Denn Gottes Gegenwart und Erbarmen fallen nicht vom Himmel. Die aktive und wirksame Gegenwart Gottes unter den Menschen von heute geht über uns, vor allem wenn wir uns als Kirche um den Tisch des Wortes und des Brotes des Lebens versammeln." 

Wenn wir als Christen hier in Europa Eucharistie feiern, dann dürfen wir uns insbesondere in diesem Monat mit unseren Glaubensbrüdern und -schwestern in Nordafrika verbunden fühlen und mit dem Papst zusammen für sie beten, dass es ihnen immer mehr und immer besser gelingen möge, durch ihre Präsenz und ihre Tätigkeit, die Liebe Gottes zu jedem Menschen und allen Völkern zu bezeugen.

 

Norbert Cuypers SVD, Kommentar zur Missionsgebetsmeinung Juni 2007
aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 3/2007, Steyler Verlag, Nettetal

ndk