01. Sep 2007
Wir beten, dass die ökumenische Versammlung von Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien zur größeren Einheit aller Christen beiträgt.
Hoffnung für Erneuerung und Einheit
Die Versammlung in Sibiu (4. bis 8. September 2007) steht unter dem Thema: "Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung für Erneuerung und Einheit in Europa." Sie wurde in einem intensiven zweijährigen Prozess vorbereitet. Inhaltlich wird über grundlegende Aussagen der Charta Oecumenica (das erste gemeinsame Dokument der europäischen Kirchen seit 1000 Jahren!) verhandelt. 2001 auf europäischer und 2003 auf deutscher Ebene unterzeichnet, gilt es als ein Meilenstein im Ökumenismus. Zur gleichen Zeit, in der die Versammlung stattfindet, treffen sich Christen in verschiedenen europäischen Städten, um vor Ort in Dialog zu treten. Nach einer Information der Deutschen Bischofskonferenz werden ungefähr 2500 Delegierte in Sibiu zusammenkommen und in diesem weitgehend orthodox geprägten Land nach Wegen und Inhalten suchen, was die Kirchen zu einem auch öffentlich wahrnehmbaren Prozess für das Zusammenwachsen Europas beitragen können.
Einheit der Kirchen, Spiritualität und Zeugnis
Gerade die vielen Spaltungen zwischen den einzelnen Kirchen haben im Laufe der Geschichte vielerorts auch zu Trennungen geführt, die heute mehr denn je schmerzlich erfahren werden. Es wird von vielen nicht mehr nach Schuld oder Ursache gefragt, sondern man ist bemüht, diese Spaltungen zu überwinden - mitunter vielleicht mit einer gewissen Naivität bzw. Oberflächlichkeit. Aber trotz aller Wenn und Aber bleibt das Wort Jesu und seine Bitte, "dass alle eins seien!" als eine Aufgabe oder sogar ein Stachel bestehen, dem sich alle, die sich Christen nennen, stellen müssen. Welche Spiritualität vermitteln die einzelnen Kirchen? Welchen Reichtum an Erfahrung und rechter Glaubenslehre und Glaubenspraxis (Orthodoxie und Orthopraxie) können sie anbieten und in den Prozess der Einigung einbringen? Gerade ein Europa, das weitgehend unter ökonomischen und politischen Gesichtspunkten gesehen wird, braucht eine geistliche und geistige Grundlage, um bestehen und sich entwickeln zu können. Das Zeugnis der verschiedenen Kirchen, mit ihren je eigenen Glaubens- und Lebenserfahrungen, ihrer Theologie und Liturgie, kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten.
Europa, Religionen und Migration
Wir erfahren in Europa heute eine Vielfalt der Religionen (neben einer zunehmenden Religionslosigkeit), die eine große Herausforderung für uns Christen darstellt. Die freiheitlichen Bewegungen und ein immer stärker werdendes Bewusstsein der Menschen, in Freiheit auch ihr religiöses "Bedürfnis" zu regeln, haben gleichzeitig mit der Globalisierung einen neuen "Markt der Religionen" eröffnet, der die meisten Menschen überfordert, weil sie halt oft mehr aus einer Defiziterfahrung ihres Glaubens bzw. ihrer Religion, sprich Kirche, sich einem neuen Angebot zuwenden. Hinzu kommt, dass andere Religionen in verstärktem Maß missionarisch bei uns tätig geworden sind. Zudem kommt das Phänomen einer verstärkten Migration hinzu - mit ihren sehr unterschiedlichen Motivationen -, wodurch vermehrt Menschen mit einer nichtchristlichen Religion in Europa Fuß fassen, die unsere Nachbarn, Arbeitskollegen, ja auch Freunde sind. So werden wir gleichsam gezwungen, uns mit ihrem Glauben und ihrer Religion zu befassen. Dies ist eine enorme Chance, dass wir in einem zunächst zaghaften Dialog auch unseren eigenen Glauben mehr und besser kennen lernen können (oder sollten), um so auch mit einer gewissen Kompetenz dem anderen begegnen zu können. Leider liegt da noch sehr vieles im Argen, so dass oft nur oberflächlich geurteilt oder sogar verurteilt wird.
Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung
Die Charta Oecumenica will sowohl die theologische wie auch die politische Dimension in den Blick nehmen. Es geht um Fragen des Glaubens und um Leitlinien für die ökumenischen Bemühungen, um Versöhnung der Völker und der verschiedenen Kulturen; wobei dann schließlich auch das Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung betont wird - in Europa und natürlich auch darüber hinaus. Dabei werden ausdrücklich verschiedene Themenbereiche genannt, die für die Versammlung und die Ökumene in Europa von Bedeutung sind: gemeinsam das Evangelium verkünden; aufeinander zugehen; gemeinsam handeln; miteinander beten; Dialoge fortsetzen. Schließlich wird die gemeinsame Verantwortung für Europa noch folgendermaßen fokussiert: Europa mitgestalten; Völker und Kulturen versöhnen; Schöpfung bewahren; Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen; Beziehungen zum Islam pflegen; Begegnung mit anderen Religionen und Weltanschauungen.
Dies soll schließlich helfen, eine "europäische Kultur" mitzugestalten und zu entwickeln, gerade auch im Hinblick auf eine immer stärker werdende Säkularisierung und das oft diffuse Interesse an einer nicht zu definierenden Spiritualität bzw. dem Suchen nach Sinnerfahrung.
Beten wir deshalb darum, dass diese Dritte Ökumenische Versammlung uns Christen stärker zur Einheit führe, uns aber auch Anstöße gebe, den Dialog mit den anderen Kirchen und mit anderen Religionen und Weltanschauungen zu intensivieren.
Heinz Schneider SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung September 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2007, Steyler Verlag, Nettetal
Weitere Informationen unter:http://www.oekumene3.eu