Missionarische Gebetsmeinung - Dezember 2007

01. Dez 2007

Wir beten, dass das Fest der Menschwerdung Gottes den Völkern Asiens helfe, in Jesus den Gesandten Gottes und den einzigen Erlöser der Welt zu erkennen.

Christen glauben daran, dass der "allmächtige" Gott, wie sie ihn in ihren Gebeten immer wieder anrufen, menschliche Gestalt angenommen hat. Weihnachten: Gott wird Mensch. Ein fast unfassbares Geheimnis des Glaubens, das wir in diesen Tagen wieder feiern. Wirklich? Tatsächlich verabschieden sich mehr und mehr Getaufte in unseren Breitengraden von diesem Glauben. Zwar gehört die Christmette für den einen oder die andere aus traditionellen oder emotionellen Gründen zu diesen letzten Tagen des Jahres noch irgendwie dazu. Aber immer mehr gehen lieber auf die Schipiste oder buchen gar einen Urlaub in den sonnigen Süden für diese Zeit. Das Christentum im so genannten christlichen Abendland steckt in einer tiefen Krise. Es befindet sich in der Stagnation. Es ist gut und richtig, wenn wir das erkennen, es als die Realität unseres Kontinents anerkennen und nach Lösungen für diese traurige Realität suchen.  

Ganz anders dagegen ist die Situation auf dem größten Kontinent dieser Erde, um den es Benedikt XVI. in seinem Gebetsanliegen für den Monat Dezember geht. In Asien leben mit etwa 4 Milliarden Menschen etwa 60 Prozent der Erdbevölkerung. Hier befinden sich die Christen seit langem in der Minderheit und oft werden sie sogar verfolgt. Diese Verfolgung kann in den einzelnen Ländern dieser Region recht unterschiedlich aussehen. Es gibt beispielsweise Gebiete, in denen keine Kirche gebaut werden darf (hier kann man an fast alle Länder denken, die vom Islam geprägt und beeinflusst werden) oder in denen die Ausübung gottesdienstlicher Handlungen, wie Gottesdienste oder Prozessionen verboten beziehungsweise sehr eingeschränkt ist (wie zum Beispiel in den kommunistisch ausgerichteten Staaten dieser Region). In anderen Ländern Asiens dürfen sich bekennende Christen nicht frei organisieren. So ist religiöse Jugendarbeit verboten oder auch die Gründung und Leitung von religiösen Bildungsstätten. So groß und vielfältig Asien ist, so sorgenreich sind auch die Nöte der Christen, die dort leben.  

Andererseits, und das scheint recht interessant zu sein, nimmt auf keinem anderen Kontinent dieser Welt die Zahl der Christen mehr zu als in Asien. Mehr als zwei Prozent waren es in den vergangenen Jahren. Das, was für die Kirche gilt, ist auch richtig für den Nachwuchs in Priesterseminaren oder Ordensgemeinschaften Asiens. Aus den Ordensprovinzen dieses Kontinents bekommen die Steyler Missionare beispielsweise schon seit Jahren die meisten Berufe und die meisten Missionare, die Jahr für Jahr in aller Herren Länder ausgesandt werden.  

Wie ist das Wachstum des Christentums in Asien zu erklären? Ob es vielleicht sogar zwischen der Verfolgung und dem Wachstum der christlichen Kirche in Asien einen Zusammenhang gibt? War nicht schon das Blut der Märtyrer in der Urkirche der Same neuer Christen? Das mag wohl sein, denn die Kirche ist immer schon eine Kirche der Armen und Verfolgten, der Ausgegrenzten und Unterdrückten gewesen, auch wenn sie dieses Ideal nicht immer gelebt hat. So wird in der katholischen Kirche das Fest des heiligen Stephanus, der für seinen Glauben zu Tode gesteinigt wurde, bereits am zweiten Weihnachtstag begangen, um daran zu erinnern.  

Trotz der prekären Situation vieler Christen in Asien oder vielleicht gerade deswegen fordert der Papst uns in diesem Monat auf, "dass die Menschwerdung des Sohnes Gottes, die die Kirche an Weihnachten feiert, den Menschen des asiatischen Kontinents helfe, in Jesus den Gesandten Gottes und einzigen Erlöser der Welt zu erkennen". Dieser Bitte des Papstes können wir aus verständlichen Gründen gerne nachkommen. Gleichzeitig hat Benedikt XVI. sicherlich nichts dagegen einzuwenden, wenn wir im gleichen Atemzug und im gleichen Gebetsanliegen auch uns und unsere Freunde im so genannten "christlichen Abendland" einschließen, die für die Weihnachtstage einen Flug in den sonnigen Süden gebucht haben, oder gerade die nächste Schipiste herunterwedeln und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen... 

 

Norbert Cuypers SVD, Kommentar zur Missionsgebetsmeinung Dezember 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2007, Steyler Verlag, Nettetal

ndk