Missionsgebetsmeinung August 2011

August 2011

Dass Christen des Westens für das Wirken des Heiligen Geistes gefügig sind und die Frische und die Begeisterung ihres Glaubens wieder finden.

P. Herbert Becker SVD, Chile

Diesmal geht es an die Adresse der “Christen des Westens”. In einer anderen Übersetzung heißt es “Christen im Abendland”. Also die Bitte geht an uns, die wir im Westen unserer Weltkugel oder in den Ländern der untergehenden Sonne wohnen. Ohne Zweifel sind es die Gebiete der Erde, in denen der Glaube an Christus sich am weitesten ausbreitete, seinen Mittelpunkt fand und zur Gestaltung der Gesellschaft entscheidend mitwirkte.

Wie die Gebetsmeinung vermuten lässt, liegt etwas im Argen in unserer westlichen Hemisphäre. Wir haben etwas verloren und sollten es wiederfinden: Die “Frische und die Begeisterung” unseres Glaubens. Ohne uns in theoretischen und kargen Abhandlungen zu verzetteln, müssen wir zugeben, dass es bei uns so ist. Wir haben etwas verloren, und zwar die Lebenskraft unseres christlichen Glaubens. Das trifft bei weitem nicht für alle Christen zu; aber im Großen und Ganzen, als Megatendenz und in Zahlen der Statistiken ist es so. Warum es so gekommen ist, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Man kann eine Krise auch als das Keimen einer besseren Zukunft, als das leise Anbrechen eines erneuerten Glaubens und einer geläuterten Kirche verstehen. Und wir wollen hoffen, dass es so ist und so sein wird. Aber wir haben etwas verloren, und zwar den Saft unseres Glaubens, die Kraft unseres christlichen Bekenntnisses. Das ist auch der Grund für das oft verzweifelte Suchen anderer Religionen und Weltanschauungen.

Es handelt sich in unseren Breiten nicht um einen Affront gegen das Religiöse. Obwohl atheistische Kreise Anstrengungen machen, ihre Weltansicht unter das Volk zu bringen, sind sie keine ernste Gefahr für die religiöse Sehnsucht des Menschen. Wo es bröckelt, ist am Glauben an Jesus Christus. Ich glaube nicht, dass das im Sinne des “Erfinders” lag oder liegt.
Was sind die Gründe für diesen Schwund an frohem und überzeugendem Glauben an Jesus? Sicher liegt es, unter anderen Ursachen, auch an festgefahrenen Strukturen innerhalb des kirchlichen Lebens und Handelns, an Umgangsweisen, die in einer modernen Gesellschaft verdächtig sind. Es liegt aber nicht nur an traditionellen Gefügen und Umgangsformen innerhalb der Kirche. Ich meine, es liegt auch am Glaubensschwund vieler Menschen. Und hier kann man nicht einfach die Schuld auf den Anderen schieben. Man fängt am besten vor der eigenen Tür an. Ich habe den Eindruck, dass der heutige Mensch mit den Fortschritten der modernen Welt nicht richtig fertig wird; dass er irgendwie unfähig geworden ist, die Vorteile einer Wohlfahrtsgesellschaft mit Gott und dem Vertrauen auf Ihn zu verbinden. Wo die Grunderfahrung der religiösen Dimension angeschlagen ist, bleibt kein Raum für die Erfahrung des Gottmenschen.
Wer kann uns aus dieser Panne herausholen? Die Missionsgebetsmeinung nennt Offenheit gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes. Offenheit und Spürsinn für den Heiligen Geist ist keine selbstverständliche Sache. Sicherlich wirkt Er überall, innerhalb und außerhalb der Kirche, im Gebet und in den Zeichen der Zeit, in den Sakramenten und in den Lebenserfahrungen der Menschen. Wie kann man vermuten, dass es Wirken des Heiligen Geistes und nicht Modeerscheinung oder Lieblingsthema einiger oder vieler ist? Es gibt viele Wege, um bei der Unterscheidung der Geister weiterzukommen, aber einer, so meine ich, ist unabdinglich: Ein persönlicher Kontakt zum Heiligen Geist in Gebet und Besinnung. Das ist Voraussetzung, um sein Wirken auch in der Welt, in Volksbegehren und Zeitströmungen zu ertasten.

Bei allem geht es bei uns Abendländern um die Frische, Begeisterung (das kommt von “Geist”) und Lebenskraft unseres Glaubens. Nur Leben erzeugt Leben; nur ein Funke entzündet Feuer: Menschen, die vom Glauben an Jesus erfrischt werden; Menschen, denen man anmerkt, dass sie begeistert sind für das Gute, das Bessere, für Jesus und seine Botschaft.

Das Wort “Frische” und seine Bedeutung sind herzerquickend: “Frisches” Wasser, “frische “ Luft, “frisches Brot und frische Nahrung”, “in aller Frische” usw. So etwas sollten wir ausstrahlen und sein, kein abgestandenes Wasser, kein vergammeltes Brot, kein abgelaufenes Medikament.
Sportler, die begeistern; Künstler und Schriftsteller, die mitreißen; Menschenrechtler und Anwälte für Frieden und Gerechtigkeit, die überzeugen; Missionare, die sich für die Leute einsetzen: gute Menschen, denen man glaubt: So etwas sollen wir im Abendland sein, im Zusammensein und Zusammenarbeiten mit anderen Religionen und Weltansichten.
Dafür lohnt es sich schon zu beten und zu arbeiten; dafür, dass in unserem Abendland die Sonne, das Licht – so hat sich Jesus benannt – nicht untergeht.