Juli 2011
Für die Ordensschwestern, die in den Missionsländern tätig sind, dass sie Zeugen der Freude des Evangeliums und lebendiges Zeichen der Liebe Christi sind.
Persönlich freue ich mich, dass wir aufgerufen werden, eigens für die Ordens-schwestern zu beten, für sie vor Gott einzutreten. Das sage ich aus eigener Erfahrung. Sie tun so viel Gutes, so viel Menschliches und deshalb so viel Christliches. Sie stehen nicht so im Kreuzfeuer wie wir Priester, aber in der Liebe, in der Treue, in menschlicher Nähe und Wärme können wir viel von ihnen lernen. Wenn heute von einer Vertrauenskrise in der Kirche geredet wird, gilt dies kaum für die Ordensfrauen. Ich glaube, wir Männer haben das Gebet nötiger als sie.
Wenn heute von Zeichen der Zeit, von Megatendenzen, von Paradigmen geredet wird, ist sicher eines davon die Rolle der Frau. Sind die Ordensfrauen nicht oft fraulicher als Frauen, die man gerne und leichtfertig als „modern” und „zeitgemäß” bezeichnet? Wenn heute von Frau und Arbeitswelt, Frau und Beruf, Frau als Mutter und Hüterin des Lebens geredet wird, sollte man die Ordensfrauen nicht vergessen. Bei aller Gleichberechtigung der Geschlechter sollte man nicht das Eigentliche der Frau aus dem Auge verlieren und verschweigen. Und hier können die Ordensschwestern etwas vorleben.
Es wird von den Ordensfrauen in den „Missionsländern” geredet. Ich nehme an, dass hiermit alle Länder gemeint sind, denn Mission ist nicht nur Sache von Ländern, in denen die meisten Menschen nicht Christen sind, sondern zieht sich durch alle Milieus in fast allen Ländern. Schon vor Jahren hat die Gesellschaft des Göttlichen Wortes, die Steyler Missionare, Europa als Missionskontinent bezeichnet. Mission geht quer durch Länder und Kontinente, quer durch alle Sozial- und Berufsschichten, quer durch die Welt. Deshalb muss die Kirche von ihrem Wesen her missionarisch sein.
Die Ordensschwestern sollen Zeugen der „Freude des Evangeliums” sein. Ich möchte eine kleine Erklärung einbringen. Es gibt keine Freude des Evangeliums auf der einen Seite und menschliche Freude auf der anderen Seite. Die Freude ist eine und die Freude des Evangeliums ist für uns die wahre Freude des Menschen; denn was echt menschlich ist, ist genau deshalb auch dem Evangelium entsprechend. Das Wort „Freude” ist sehr abgegriffen, vom „Freudenhaus” bis zur „Freude des Himmels”. Ich bin der Meinung, dass menschliche Freude – die wir alle suchen und zum Leben brauchen – durch das Evangelium, durch den Kontakt mit Jesus potenziert wird. Jesu hat es gesagt: „Ich bin gekommen, dass meine Freude in euch sei und dass eure Freude riesengroß sei” (Joh 15,11).
Ich kenne eine Karmelitin, die in ihren Jugendjahren in Osorno, im Süden Chiles gelegen, am Leben unserer Kirchengemeinde rege teilnahm. Mittlerweile hat sie schon Silberprofess gefeiert. Ich besuchte sie mit meinen Geschwistern, als diese in Chile waren. Sie war auf der einen Seite des Gitters, wir auf der anderen. Ich musste das Gespräch auf Deutsch übersetzen. Als wir dann nach dem Abschied draußen waren, sagte meine Schwester: „So eine frohe Frau habe ich noch nie gesehen. „Etwas Ähnliches passierte mir bei einer anderen Gelegenheit. Wiederum eine Karmelitin. Im Marienmonat November gingen wir, den Rosenkranz betend, alle Samstage des Monats in aller Frühe zum Kloster der Karmelitinnen, das auf einer Anhöhe liegt. An einem Samstag durften wir mit einer jungen und hübschen Schwester reden. In diesem Gespräch sagte ein Jugendlicher: „Wie ist es möglich, Schwester, dass sie so froh sind und dabei das ganze Leben hier praktisch eingeschlossen sind?” Die Schwester antwortete: „Gott genügt und macht es möglich”. Sicher, eine besondere Berufung, die nicht Sache aller ist. Wir wissen von der Heiligen Bernadette aus Lourdes, dass sie auf ihrem Krankenbett einen Brief an ihre Familie schrieb und bekannte: „Ich bin glücklicher als die Königin von England”. Kaum zu verstehen, aber so sind die Sachen Gottes.
Die Ordensschwestern – und wir alle – sollen auch Zeichen der Liebe Christi sein. Bis wohin diese Liebe gehen kann, das wissen und glauben wir. Das ist es, was die Welt von heute sucht und was uns allen gut tut: Liebe. Heute sind mehr die Zeugen der Liebe als die Zeugen der Wahrheit gefragt. Eines schließt das Andere nicht aus und beide Zeugnisse sind notwendig. Aber sicher liegt der Akzent heute auf dem Zeugnis der Liebe und der Barmherzigkeit.
Und es fehlt viel Liebe, z.B. bei den jungen Eheleuten, wo die anfängliche Verliebtheit in Gleichgültigkeit, Kälte oder sogar Gewalt umschlägt; in unseren Schulen, in denen sich Kinder und Jugendliche derart hänseln und nachstellen, dass sie krank werden und in Depressionen fallen; in gerichtlichen Verfolgungen, in denen Menschen für immer auf der Strecke bleiben; in der heimlichen oder öffentlichen Verachtung von Armen, Andersdenkenden und Indigenen; in der Lieblosigkeit gegenüber Bettlern, Emigranten, betagten und behinderten Menschen; in zwischenmenschlichen Beziehungen, wo man sich gegenseitig das Leben unmöglich machen usw., usw.
In diesen vielen Situationen tut es gut, Frauen zu treffen, die mit ihrem Leben bezeugen: „Die Liebe ist stärker”.