November 2011
„Dass der afrikanische Kontinent in Christus die Kraft zur Verwirklichung von Versöhnung und Frieden findet, wie es sich die Zweite Afrikasynode erwünscht.“
Ganz konkret spricht diese Missionsgebetsmeinung vom afrikanischen Kontinent und in diesem Zusammenhang von “Verwirklichung von Versöhnung und Frieden”. Ganz sicher geht dieses Ziel der kirchlichen Verkündigung und Praxis über den afrikanischen Kontinent hinaus und gilt für alle christlichen Gemeinden auf der ganzen Welt.
Zusammenleben in Frieden, auf mitmenschlicher und nationaler Ebene, ist ein hohes Gut, ein großer Wert, ein Ziel, das allen Einsatz rechtfertigt. In dieser Aufgabe und Herausforderung hat die Kirche Christi auf all ihren Ebenen, von ihrer Sendung aus, mitzuwirken, mitzuleiden und mitzufeiern. Es gehört zum Wesen der Evangelisierung, Frieden und Versöhnung zu ermöglichen. Der hl. Paulus, wenn er von seinem missionarischen Wirken redet, spricht vom „Dienst der Versöhnung”(2 Kor 5,14-6,1). Menschen, Völker, Nationen näher zu bringen, Brücken unter Entfernten und Verfeindeten zu schlagen, alles, was dies einschließt, gehört zum Wesen des Christentums und seiner Sendung in der Welt.
Gott ist ein Gott der Einheit, der Verschiedenheit dreier Personen in der einen Wesenheit. Alles, was zusammenführt, kommt von ihm; was trennt, kommt nicht von ihm. Es ist die Einheit in der Vielfalt, so wie in der Dreifaltigkeit.
Ich meine, wir haben das theologisch klar. Die Selbstbesinnung setzt an, wenn wir uns nach unserem konkreten Leben fragen. Führe ich zusammen oder spalte ich? Hier ist auch eine Anfrage an christliche Politiker und an alle, die große Verantwortung tragen. Suchen sie das Gemeinsame? Ist ihnen der Friede bedeutender als machtpolitische Angeberei?
Jesus wird „Friedensfürst” genannt. Bei seiner Geburt sangen die Engel: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“. Jesus nannte „selig diejenigen, die für den Frieden arbeiten”. Mit Worten wie „der Gott des Friedens sei mit euch” und mit anderen synonymen Grüßen beginnt Paulus die Briefe an seine Gemeinden. „Friede” ist nach einem Text des Völkerapostels eine der vielen Früchte des Hl. Geistes. Eine charakteristische Begrüßung Jesu ist: „Friede sei mit euch” (Joh 20,19b.21b), z.B. am Abend des Auferstehungstages. Die Bibel ist voll von dem Wort „Frieden”. „Friede” bündelt alle Gaben, die Gott uns gibt, und unserem Leben eine bessere Qualität ermöglichen.
Zurück nach Afrika. Er ist nicht der einzige nicht befriedete Kontinent, aber er ist wohl der zerrissenste. Ich brauche hier keine Liste von Stammesfehden, tribalen Auseinandersetzungen, Streit um Land und von Hunderttausenden von Toten aufzustellen. Das steht fast alles in den neuesten Geschichtsbüchern. Ich will nur einen ganz konkreten Fall hier nennen, der mich sehr erschüttert hat. Jedes Jahr um die Weihnachtszeit schickt mir eine Pfadfindergruppe aus Norddeutschland eine Hilfe für chilenische Pfadfinder, für sog. Straßenkinder oder sonstige Notfälle. Sie halfen früher einer Pfadfindergruppe in Burundi in Afrika. Durch die Stammeskriege unter Hutsis und Watutsis wurden alle diese Pfadfinder, Jugendliche und Kinder, mit Knüppeln erschlagen. Ohne weitere Ausführungen versteht man hier das Anliegen unserer Missionsgebetsmeinung.
Als ein Menschenkenner sagt der Papst, dass die Christen Kraft brauchen, die es ihnen möglich macht, Friedensstifter zu sein. Ja, dazu ist allerhand Mut, Stärke und Bereitschaft notwendig. Denn es gilt, mit dem eigenen Stolz fertigzuwerden, um ein Mensch des Friedens zu sein. Gewisse natürliche Instinkte wollen verhindern, Frieden anzubieten und Frieden anzunehmen. Vernünftiges Vorgehen, Einfachheit, Bescheidenheit und Nachgeben sind Voraussetzungen, um einer Kultur des Friedens und der Versöhnung den Weg zu ebnen. Dann gibt es auch die übertriebenen und hochgepeitschten Nationalismen, die in der Geschichte viel Unheil angestiftet haben. Man sollte, besonders von uns Christen aus, einen Paradigmenwechsel, eine neue Einstellung, vornehmen. Ich weiß, dass dies vielen nicht passt, aber mir scheint es, dass Friede und Zusammenarbeit höher zu stellen sind als ein Stück Land oder eine Insel. Wichtiger als Hegemonie und territoriale Übermacht ist, dass die Bürger sich verstehen, sich respektieren, sich untereinander helfen und in Frieden ihre Zukunft gestalten.
Last, but not least fügt der Papst hinzu, dass die Afrikaner diesen ersehnten Frieden „in Christus” finden mögen. Dieses kleine Wörtchen „in” hat es in sich. Mit Christus, auf IHN aufbauend, in IHN eingetaucht, mit IHM verbunden, kurz „in” IHM ist es möglich, so wie ER, Friedensstifter zu werden.