Gebetsmeinung des Papstes im Juli

Juli 2021

Um soziale Freundschaft: Beten wir dafür, dass wir in sozialen, ökonomischen und politischen Konfliktsituationen mutig und leidenschaftlich am Aufbau von Dialog und Freundschaft mitwirken.

Eigentlich ist das, was wir hier in Deutschland unter Freundschaft verstehen, historisch betrachtet ein relativ neues Phänomen. Erst dann, wenn die Menschen die kulturelle Freiheit sowie Mobilität und Unabhängigkeit besitzen, um sich zumindest teilweise aus ihrem Familienverband, ihrem Heimatort und sogar von ihrer Kultur zu lösen, ist so etwas wie Freundschaft – im heutigen Sinne verstanden – möglich.

Ist es nicht interessant, dass Menschen überall auf der Welt Freundschaften pflegen und gleichzeitig doch sehr unterschiedliche Vorstellungen von Freundschaft haben? In einem Teil der Welt bedeutet Freundschaft Zeit miteinander zu verbringen und sich gegenseitig zu unterstützen. In anderen Teilen der Welt gibt es keine Unterschiede zwischen Freunden und Bekannten, jeder „flüchtige“ Bekannte ist schon ein Freund. Brieffreundschaften sind heute praktisch ausgestorben. Heute verlagern sich viele Freundschaften in die virtuelle Welt.

In der Bibel finden wir Textstellen, welche das Wesen der Freundschaft aus biblischer Perspektive beschreiben. In Sprüche 18,24 beispielsweise heißt es: „Ein echter Freund ist treuer als ein Bruder.“ Wir wissen aus den Evangelien, dass Jesus besondere Freundschaften gepflegt hat.

In der Bibel werden beispielsweise Abraham oder Mose als Freunde Gottes bezeichnet. Es gibt Menschen, die mit unserem Gott, der alles geschaffen hat und allmächtig ist, befreundet sind. Wenn man darüber nachdenkt, was das konkret bedeutet mit Gott selbst befreundet zu sein, ist es eigentlich unglaublich.

In diesem Monat werden wir Beter von unserem Papst aufgerufen, dass wir alle in Konfliktsituationen mutig am Aufbau von Dialog und Freundschaft mitwirken. Ein gutes Gespräch zu führen, Gesprächstechniken anzuwenden etc., das kann man lernen. Aber wie ist das mit Freundschaft? Kann man Freundschaft lernen? Kann man mit Personen befreundet sein, mit denen man sich in einem Konflikt befindet?

Ist Freundschaft nicht eher eine Herzenshaltung, eine innere Haltung bzw. Einstellung? Zur Freundschaft gehört ohne Zweifel Sympathie. Kann man lernen, mit anderen (oder allen) Menschen befreundet zu sein, ohne Sympathie zu empfinden, und sogar in Konfliktsituationen? Oder ist es vielleicht umgekehrt, dass wir dann, wenn wir uns um freundschaftliche Beziehungen bemühen, Haltungen oder Eigenschaften oder Dinge im anderen Menschen entdecken können, die eine Freundschaft möglich machen und Konflikte überwinden?

Ohne Zweifel bedeutet die innere Haltung bzw. der innere Wunsch, die Beziehungen zu Menschen auf eine freundschaftliche Ebene zu heben oft das Ende von Konflikten, oder leitet zumindest das Ende von Konflikten ein. Wer seinen Mitmenschen mit freundschaftlichen Augen betrachtet, ist gütig, zur Versöhnung bereit und sucht nach Lösungen, die möglichst viele Interessen unter einen Hut bringen, und eben nicht nur die eigenen. Freundschaft befähigt die Menschen zu großartigen Entscheidungen. Aber um zu so einer inneren Haltung zu kommen, braucht es das Gebet. Also beten wir.


Simone Nefiodow, Dipl. Theologin