3. Adventssonntag (C)

Predigtimpuls

Ein Prediger und seine Botschaft

1. Lesung: Zef 3,14-17
2. Lesung: Phil 4,4-7
Evangelium: Lk 3,10-18

Tritt auf, sei es gelegen oder ungelegen

Wer in der Verkündigung steht, kennt die schleichende, eitle Anfrage: Gelingt eine Predigt, oder gelingt eine Predigt nicht? Belanglos diese Frage! „Lebe vom Evangelium das, was du verstanden hast. Auch wenn es noch so wenig ist. Aber das lebe.“ So hat es uns Roger Schutz – Prior von Taizé – im überfüllten Dom von Münster zugerufen. Ich meine, hier liegt der Schlüssel dafür, dass ein Prediger das Wort zu den Hörern rüberbringt. Allerdings muss ich dabei auch wissen, dass ich oft genug hinter dem zurückblei¬ »e, was ich predige. Trotzdem: „Tritt auf, sei es gelegen oder ungelegen …“ (Vgl. 1 Tim 4,12-16)

Heilshungrig

Das Evangelium dieses 3. Adventssonntags stellt uns einen Prediger und seine Bot¬ Schaft vor. In äußerster Anspruchslosigkeit teilt er das Leben derer, die auch nicht viel mehr haben als das, was sie gerade noch leben lässt. Aber was dieser Mann sagt, trifft voll ins Herz. Die Menschen, die zu ihm an den Jordan kommen, geben sich nicht mehr zufrieden mit der Situation, in der sie leben müssen. Sie fragen nach dem, was eigentlich sein könnte. Heils-hungrig sind sie. Johannes sagt ihnen: Der, der das Heil bringt, der die Veränderung eurer Verhältnisse bewirken kann: ER kommt. ER bringt Frieden. Und damit ändert sich die Welt. – Glauben wir Heutigen dem so recht? Wir sehen es ja. Gar nichts ist anders geworden – so sagt man. Die Menschen am Jordan fragen nicht danach: Was haben uns die Propheten schon alles verheißen?

Sie fragen anders: „Was sollen wir denn tun? Sag es uns!“ Menschen in auswegloser Situation fragen so. Solche Frage ist ernst gemeint. Wer den Prediger Johannes ernst nimmt, fragt genau so. Der Lebensraum, in dem ich lebe, ändert sich in dem Maße, in dem ich mich ändere. Ein Stückchen neue Welt – mit mir! Das äußere Zeichen der Gesinnungsänderung der Menschen am Jordan? Johannes spricht von Taufe zur Vergebung der Sünden, dem Zeichen der Umkehr. Klar und deutlich sagt er es, damit sich ja keiner vertue: „Bereitet dem Herrn den Weg. Ebnet ihm die Straßen. Was krumm ist, soll gerade werden. Was uneben ist, ebener Weg. Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt“ (Jes 40,3-5). Jetzt ist die Stunde des Heils! Vor 2000 Jahren? Ja Morgen? Ja … Aber für uns heißt es: Jetzt! Jetzt muss es Früchte geben, die die Umkehr erkennen lassen. Sich lediglich auf Abraham zu berufen, wie zu Zeiten des Johannes, sich darauf zu verlassen, dass man zum Volk Gottes gehöre, dass wir im, wahren Christentum‘ seien, das alles reicht nicht aus. Nein: Jetzt sind konkrete Entscheidungen gefragt. Zeige her, was du hast. „Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird umgehauen. Er wird ins Feuer geworfen“. Du selbst bist der Mensch, der angefragt ist. Auf die Frage: „Was sollen wir tun?“ gibt Johannes konkrete Antwort. Nicht allgemeines Zeug sagt er daher. Er spricht zur Sache. Die Leute, zu denen er spricht, können wir überall finden. Es sind die, die uns über den Weg laufen. Menschen wie du und ich brauchen keine Nachhilfestunden, um über das in Aussicht gestellte Heil diskutieren zu können.

Rede nicht erst lange

Sie brauchen auch keine Maßstäbe von sogenannten Autoritäten. Sie wollen eine Antwort für sich. Konkret muss sie sein, anschaulich, begreifbar. Johannes sagt also: Wenn du zu essen hast, wenn du zu trinken hast, wenn du dich anziehen kannst, wenn du ein Zuhause hast, dann übersieh den nicht, der sich nicht helfen kann. Hilf du ihm! Täglich erfahren wir von der Bedürftigkeit so vieler Menschen. Die auffordernde Botschaft des Johannes klingt nach 2000 Jahren etwa so: Rede nicht erst lange darüber, wie schlimm unsere Zeiten doch seien. Suche nicht zuerst die verantwortlichen Leute bei den Behörden, bei den karitativen Einrichtungen. Sag nicht, die seien zuständig. Sei vielmehr gut zu den Menschen, die Gott dir über deinen Weg schickt, die dir vor die Füße gelegt sind. Nächstenliebe ist nicht Übernächstenliebe, über die sich ja so trefflich streiten lässt. Das heißt aber auch nicht, dass du dich nicht ansprechen lassen sollst vom Leid der Notleidenden. Um ihre Not lindem zu können, bitten dich unsere Hilfsorganisationen.

Schau auch nicht weg

Schau auch nicht weg von der Frau, dem Mann, dem Kind, die unter verstecktem inneren Leid zu zerbrechen drohen. Konkrete Not braucht konkrete Hilfe. Deine Hilfe. Johannes gebärdet sich nicht wie ein wildgewordener Prediger, auch solche gab es. Leute, die ihn fragen, wie sie sich denn verhalten sollen, treibt er nicht in die Enge. Er stellt weder die Zöllner bloß, noch die Soldaten an den Pranger. Johannes kennt die schlimmen Auswüchse. Den einen sagt er: Bereichert euch nicht dadurch, dass ihr auf Kosten anderer lebt. Den anderen macht er klar, dass Misshandlung von Menschen, Erpressung, nur weil man die Macht dazu hat, Klauen und Beutemachen wahrlich keine soldatischen Tugenden sind.

Er zeigt auf Jesus

Wem die Würde eines jeden Menschen heilig ist, wer den Frieden sucht und ihm dienen will, der weiß schon, was er zu tun hat. Bei alledem weiß Johannes auch, dass nicht er der Welterneuerer ist. Damm zeigt er nicht mit dem Finger auf die Leute. Er zeigt auf den Jesus (wie im Isenheimer Altar), in dessen Geist und Gesinnung eine neue Welt erstehen kann – das neue Königtum, „das nicht von dieser Welt ist!“ Worauf der Prediger am Jordan gesetzt hat – seiner inneren Stimme folgend – das predigte er: seine Erfahrung mit Gott! Seinen Glauben! Seine Zukunftsvision, d.h. seine Hoffnung! Die Bedrängnis, die Johannes gegen Ende seines Lebens aushalten muss, kennt wohl auch jeder von uns. Verzweifelt fragt Johannes: „Ist er es denn wirklich, der kommen soll? Oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Der Gefangene des Herodes fragt ganz persönlich, ganz konkret. Vielleicht hat ihm der Rückblick auf sein Leben das innere Gleichgewicht erhalten. Er sieht die vielen Menschen, die zu ihm kamen: sie sind ergriffen, sie können ihm gedanklich folgen, weil er lebt, was er predigt. „Lebe vom Evangelium – von der Bibel – das, was du verstanden hast“. Ob das nicht für uns alle der Weg wäre, von Gott solche Menschen zu erbitten, die uns ihren Glauben predigen, die Unrecht Unrecht nennen und die Wahrheit sagen, Menschen, deren Leben uns die Liebe Gottes zu uns erspüren lässt: Damit wir selber zu erkennen geben: „Das Reich Gottes ist zu uns gekommen“.

 

P. Rudolf Velten SVD