4. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Aufbruchstimmung

1. Lesung: Zef 2,3; 3,12-13
2. Lesung: 1 Kor 1,26-31
Evangelium: Mt 5,1-12a

Vorbemerkung:
Der Versammlungsort ist eine Krankenhauskapelle in Köln. Vorwiegend ältere Menschen treffen sich hier. Beinahe alle kommen aus der näheren Umgebung des Krankenhauses. Diesmal möchte ich alle liturgischen Tagestexte betrachten, um den Tisch des Wortes noch abwechslungsreicher zu decken.

 

 

Das gleiche Ziel

Es ist mehr oder weniger eine Stunde her, da kam in unsere Gemeinde nach wohltuender Nachtruhe zielstrebige Bewegung. Diese Bewegung – zunächst auf die Wohnung begrenzt, sprengte bald den engen Rahmen, drängte durchs Haus auf die Straße in eine bestimmte Richtung. Merkwürdig dabei war, dass viele Männer und Frauen, Jüngere und Ältere, ohne sich zu kennen oder je begegnet zu sein, den gleichen Gedanken hegten, das gleiche Ziel anstrebten, um sich hier zu treffen, um für sich ein Erlebnis zum Teil ihres Lebens zu machen, eine Botschaft zu hören, die orientiert, die Brüder und Schwestern zusammenführt, die mit gleichen Sorgen und Ängsten, aber auch mit vergleichbarer, gläubiger Zuversicht, sich hier zusammenfinden.

 

Gott zu loben und ihn zu preisen sind wir geschaffen.

So ohne weiteres will es uns nicht einleuchten, nicht immer bewusst sein. Da brauchen wir Hilfe. Wir beten mit unserer Mutter der Kirche: Hilf uns, Herr, unser Gott, neu zu erkennen, dass du uns zu deinem Lob erschaffen hast, dass wir dich mit ungeteiltem Herzen anbeten. An dieser Stelle erinnert uns der Prophet an das Gotteswort: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Was will uns das anderes sagen, als dass wir nicht zur Selbstgerechtigkeit bestellt sind, und dass die Selbstheiligung nur auf dem Weg gelebter Nächstenliebe zu erreichen ist. So wie es uns Jesus Christus vorgelebt hat, der nicht gekommen war, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen. Nachdem wir unsere Freude über die Gemeinschaft in Gott und miteinander zum Ausdruck gebracht und im Lied und Gebet unsere Gedanken vor Gott und füreinander ausgetauscht haben, sind wir nun eingeladen zu hören, damit der Heilige Geist die Unruhe unserer Herzen mit Leben fülle und die Ängste und Nöte zu einer neuen Ordnung fügen kann.

 

Der Prophet, der aus der Ferne ruft.

Auch wenn Zefanja, einer der kleinen Propheten – er lebte im 7. vorchristlichen Jahrhundert – in Zeit und Raum weit entfernt ist, so ist seine Botschaft unverbraucht und aktuell, wie der Tag, an dem wir sie vor dem Hintergrund schrecklicher Ereignisse erneut hörten. Die Botschaft zeigt uns den Weg zur Mitte, zum Grund unseres Lebens, zur Wurzel unseres Handelns, zur Frucht unseres Glaubens. Sucht Gerechtigkeit und Demut, das ist Mut zum Dienen. Nach den verheerenden Terrorangriffen in New York und Washington suchten die Menschen Zuflucht im Gebet, drängten in die Gotteshäuser, ermutigten einander mit Gottes Segen und seiner spürbaren Nähe: Es gab ihn wieder, dessen Name vielerorts unter dem Überdruss des Wohlstandes verschüttet war.

Vielleicht bleibt ihr geborgen am Tag des Zornes, versucht der Prophet schließlich vorsichtig zu hoffen, damals wie heute, für ein gedemütigtes Volk in Judäa und für uns, die wir gerufen sind, erneut unsere ganze Wirklichkeit zu erfassen, die sichtbare und die unsichtbare, sie zu erkennen und wahrzunehmen. Dabei dürfen wir auf Gottes Hilfe bauen, denn so singt die Kirche – es klingt wie eine Antwort auf das Prophetenwort – den Psalm 146: „Der Herr verschafft Recht den Unterdrückten, den Hungernden gibt er Brot, Gefangene befreit er. Blinde macht er sehend, und die, die unter der Last des Lebens gehen, richtet er auf.“ Warum das alles? Der Herr liebt die Gerechten und die den Mut haben zu dienen.

 

Der Apostel Paulus legt nach und fährt in die Tiefe.

Paulus greift den Gedanken auf und stellt den Zusammenhang her zwischen uns und dem Heilsangebot Gottes: Berufen, Gott zu loben, ihn anzubeten, den Nächsten zu lieben – nicht um des Vorteils wegen, nicht um sich Privilegien zu sichern, nicht um geistigen Profit zu machen, sondern im Widersinn menschlicher Logik die göttliche Größe sichtbar zu machen, die das Kleine, das Hilflose, das Ausgegrenzte für sich erwählt hat. Freut euch und jubelt, rufen wir als Gemeinde, Halleluja. Gott ist groß und seine Großmut kennt kein Maß. Unsere Antwort und unsere Zustimmung sollen Zeichen unserer Bereitschaft sein, Jesus im Evangelium selber zu hören, seine Nähe zu erleben und zu spüren. Das Evangelium nimmt uns mit auf den Berg. Die Tradition will wissen, das es oberhalb des Sees Genezareth war: mit Blick auf eine bezaubernde Landschaft. Ruhe kehrt unter den vielen Menschen ein, die sich um ihn versammelt haben. Lob und Freudenlieder verstummen: Alle werden Ohr.

 

Jesus zeigt den Weg zur Wahrheit im Leben.

Jesus beginnt zu reden und zu lehren. So steht es bei Matthäus. Die Bergpredigt, wie sie vom beschriebenen Ort her genannt wird, ist die Magna Charta der christlichen Welt, eine Gratulation zum Glauben, ein Vermächtnis zum Handeln, eine Ermutigung in bedrängter Zeit. Das neunmalige „Selig“ ist ein Glückwunsch, der anerkennt, der zum Weitermachen anregt, zum Mitmachen den Weg zeigt. – Die Armen vor Gott sind die Mittellosen, die Gott brauchen auf ihrer Suche nach dem Lebenssinn, die auf Gott angewiesen sind, um in den Mitmenschen Brüder und Schwestern zu erkennen, die auf Gott bauen, wenn sie alle Kräfte zusammennehmen, wenn sie nicht nur Friedfertige, sondern Friedensstifter sein wollen und sind. Wenn ihr euch auf Gott einlasst und verlasst, ja, dann seid ihr glücklich, selig zu preisen. Dann kann kommen, was will, es ist zu schaffen, es bleibt der Grund zu Freude, das Ziel des Lebens ist erreicht.

Aufbruchstimmung liegt mit diesen Worten in der Luft. Damit können wir die vor uns liegende Zeit angehen. Wir haben das Sakrament der Erlösung empfangen, wie wir Ende der heiligen Messe beten: Wort und Brot, die vom Himmel kamen. Damit sind wir gut versorgt auf dem Weg zu Gott und zueinander. Wir können sicher sein, dass unser Glaube mit den Ansprüchen und Herausforderungen wächst und wir einmal dort ankommen werden, wo er ist, Jesus Christus, Gottes Sohn, unser Bruder und Herr. Amen

 

P. Joachim Gloger SVD