5. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Salz der Erde und Licht der Welt!

1. Lesung: Jes 58,7-10
2. Lesung: 1 Kor 2,1-5
Evangelium: Mt 5,13-16

 

Der christliche Unterschied

Kennen Sie auch solche Menschen? Wenn die da sind, ist das Fest gerettet, sie bringen Stimmung in eine Feier und Schwung in jede Veranstaltung. Andere bringen Pfeffer in jede Diskussion oder verstehen es, in einer Auseinandersetzung mit etwas Humor die harten Fronten aufzubrechen. Es macht einen Unterschied, ob sie da sind oder nicht, und man freut sich, wenn sie da sind.

Auch wir Christen machen einen Unterschied – so sagt Jesus. Ich möchte abschwächen und sagen: Wir sollten einen Unterschied machen! Doch Jesus sagt: Ihr macht tatsächlich einen Unterschied. Er sagt es im Bild: „Ihr seid das Salz der Erde.“ Ohne Salz ist das Essen fade – und wie ist ohne Christen das Zusammenleben der Menschen?

Da höre ich schon das spöttische Lachen der Kirchenhasser und Christentumsverächter, der Anhänger alter Religionen und neuer Kulte – und nicht zuletzt das Lachen so manches Theologen und vieler engagierter wie gleichgültiger Christen. Es stimmt ja, vielen Christen merkt man so wenig ihr Christentum an, dass sie wirklich keinen Unterschied machen; andere bringen Würze in die Suppe, aber es ist ganz und gar nicht das christliche „Salz“. Der Jesus des heutigen Evangeliums weiß um diese Tatsache und hat ein hartes Wort über Christen, die wie geschmackloses Salz geworden sind und seine Würze nicht mehr in die Welt bringen: Ihnen ist nicht zu helfen, man kann sie vergessen. Uns steht allerdings kein
Urteil über andere zu; wir haben kein Recht, irgendjemand abzuschreiben.

 

Das christliche Salz

Doch was ist das christliche Salz? Womit würzen Menschen, die an Christus glauben, die menschliche Gesellschaft? Nur einige Punkte seien genannt.

Jesus hat Gott verkündet als den bedingungslos liebenden Vater der Menschen. Wer diese Botschaft in sich einlässt, weiß sich von Grund auf bejaht mit all seinen Grenzen und trotz allen Versagens. Diese Liebe ist anders, als wir sie uns oft vorstellen und wünschen, nicht selten ist sie schmerzlich anders, unbegreiflich wie Gott selbst. Sie räumt uns nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg, sondern mutet uns Schmerz und Not, Scheitern und Krankheit, sogar den Tod zu, aber in all dem weiß sich der Christ von Gottes Liebe getragen – und mit sich diese Welt.

Wer Jesu Botschaft annimmt, glaubt an die Liebe als stärkste Macht in der Welt, weil Gott die Liebe ist. Deshalb gibt der Christ auch in schwierigen Zeiten die Hoffnung für die Zukunft nicht auf, vertraut aber nicht auf Waffen, Wirtschaftswachstum und geschlossene Grenzen, sondern auf soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit, auf Achtung vor anderen Völkern und Kulturen, auf Verständigung und Solidarität. Dabei fordert er Solidarität nicht nur von anderen, sondern denkt und handelt selbst solidarisch. Er versteht Menschen, die aus ihrer wirtschaftlichen Misere nach Europa geflüchtet sind, wie viele Millionen Europäer auch im 19. und Anfang des 20. Jh. aus wirtschaftlicher Not nach Nord- und Südamerika, Afrika und
Australien geflohen sind, ebenso viele Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg.

 

Lebenslange Liebe und Treue

Zum christlichen Salzgeschmack gehört auch, dass eine lebenslange Ehe in Liebe keine Illusion ist, wie viele heute meinen, sondern eine reale Möglichkeit. Freilich muss die Liebe gepflegt werden, und dazu braucht es immer wieder Überwindung und Kampf gegen den alltäglichen Trott und die eigene Bequemlichkeit. Wer Jesus zu folgen sucht, weiß, dass Ehen in Krisen nicht scheitern müssen, sondern in erneuerter Liebe daraus hervorgehen können – weil Ehe ein Dreierbündnis ist, ein Bündnis der Eheleute miteinander und mit Gott. So vertraut er auf Gottes Hilfe und setzt seine ganze Kraft ein, um die Krise zu überwinden.

Zum Glauben an die Liebe gehört die Ehrfurcht vor dem Leben. Der Mensch hat kein Recht, über menschliches Leben zu verfügen, weder an seinem Anfang, noch an seinem Ende. Nach christlichem Glauben ist weder Abtreibung noch Euthanasie zu rechtfertigen. Ehrfurcht vor dem Leben fordert aber auch, Menschen in einer Notsituation nicht sich selbst zu überlassen, sondern alles zu tun, um zu helfen, damit sie menschenwürdig leben können. Die vielen Krankenpflegeorden und karitativen Vereine, die allein im 19. Jh. als Antwort auf ganz konkrete Notsituationen entstanden sind, sprechen von dieser Ehrfurcht vor dem Leben und der Sorge um den leidenden Menschen. Sie haben wirklich einen Unterschied gemacht und haben die Suppe des menschlichen Zusammenlebens kräftig gewürzt. Das hat nicht aufgehört.

 

Versöhnung leben

Der Glaube an den Gott, der Liebe ist, ist aber auch Glaube an Vergebung, festes Vertrauen, dass Gott vergibt und mir vergeben hat und dass mein Versagen und meine Schuld nicht ewig an mir kleben bleiben. Das macht es möglich, Schuld nicht zu leugnen, nicht zu verdrängen, nicht auf andere abzuschieben, sondern zur eigenen Schuld zu stehen, sie anzuschauen und zuzugeben – und Vergebung und Versöhnung zu suchen.

Christlicher Glaube an Vergebung schließt das ständige Bemühen ein, selbst auch zu vergeben, den Mitmenschen mit seinen Schwächen anzunehmen und ihm sein Versagen nicht ständig nachzutragen. Wir erleben tagtäglich, wie tödlich es ist, wenn Vergeltung und Rache das Handeln bestimmen und es keine Vergebung gibt. Dann gibt es immer neue Verletzungen, Unrecht und Hass wachsen an, und das Rad der Gewalt dreht sich immer schneller. Da braucht es Menschen, die Vergebung leben und vorleben und zur Versöhnung ermutigen. Wo dieser Glaube an die Liebe, die Erfurcht vor dem Leben und die Vergebung gelebt werden, können sie nicht übersehen werden. Menschen, die so leben, sind „Salz der Erde“ und werden zum Licht, das anderen Orientierung gibt und den Weg weist. Sie sind „Licht der Welt“.

 

Sind wir so?

Aber sind wir das? Wird uns nicht unwohl, wenn so über Christen geredet wird, weil uns allzu sehr bewusst ist: Von diesem Ideal sind wir meilenweit entfernt. Wie oft zweifle ich an Gottes Liebe, weil ich mir Liebe so anders vorstelle und meine, Gott könne die Welt doch nicht einfach so laufen lassen, wie sie läuft. Und wie oft zweifle ich an der Macht der Liebe, wenn ich sehe, wie es in der Welt zugeht, wie wir auf Waffen und Nato vertrauen und am liebsten alle Grenzen gegenüber den armen Ländern dicht machen möchten, damit unser löchriges Wohlstandsparadies uns noch möglichst lange erhalten bleibe. Vielleicht halte ich auch Abtreibung für gar nicht so schlecht und könnte mich unter Umständen mit Euthanasie anfreunden...

„Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ Hat Jesus sich nicht geirrt? Überschätzt er uns mit diesen Worten nicht total? Oder was mutet er uns damit zu?

Ja, er setzt unseren Glauben voraus. Aber Jesus war kein Perfektionist, er wusste um unsere Schwächen und hat sie ständig an seinen Jüngern erlebt. Er wusste und weiß, dass unser Glaube wachsen muss und ständig angefochten ist. Er wusste und weiß, dass wir immer wieder versagen und in jeder Hinsicht hinter dem zurückbleiben, was wir eigentlich leben sollten. Und trotzdem sagt er uns: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ Wir dürfen nur das Bemühen nicht aufgeben, ihn zu verstehen, ihm zu folgen und seine Weisung in unser Leben umzusetzen, so bruchstückhaft es auch gelingen mag. Vor allem dürfen wir nicht aufhören, ihm zu vertrauen, damit er mit seinem Geist in uns wirken kann.

„Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ Das ist nicht ein Wort, auf das wir stolz verweisen könnten. Wir dürfen es nur ganz demütig und dankbar annehmen als Verheißung und als Zusicherung dessen, was er selbst an uns tut.

 

P. Lothar Janek SVD