Taufe des Herrn (F)

Predigtimpuls

Taufe des Herrn

1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7
2. Lesung: Apg 10,34-38
Evangelium: Mt 3,13-17

 

Taufe des Herrn – Taufe der Christen

Vor einigen Tagen haben wir ein neues Jahr begonnen. Wie ein unbeschriebenes Blatt liegt es noch vor uns. Als Christen verstehen wir die vor uns liegenden Tage und Monate als Gottes Zeit, die in unsere Hände gelegt und uns zur Gestaltung anvertraut ist. Als letzten Sonntag der Weihnachtszeit und ersten Sonntag im Jahreskreis feiern wir in und mit der Kirche das Fest der Taufe des Herrn. Die Botschaft dieses Festes dürfen wir als Überschrift verstehen für das begonnene neue Jahr, das sich zu unserer eigenen Lebensgeschichte und zur Geschichte unseres Lebens als getaufte Christen hinzufügt.

 

Taufe als Verheißung des Anfangs über dem Leben Jesu

Im Evangelium begegnet uns der erwachsene Jesus von Nazareth. Bevor er seine öffentliche Tätigkeit beginnt, lässt er sich am Jordan durch Johannes taufen. Seine Taufe bedeutet eine Zäsur in seinem Leben. In dieser Zäsur wurde ihm ein Zweifaches geschenkt: Gottes Geist und eine Verheißung. Als sich der Himmel öffnet, steigt Gottes Geist auf Jesus herab. Jesus ist der von Gott bestellte Träger des Geistes. Sein gesamtes Lebenswerk wird er im Geist Gottes vollführen. Als sich der Himmel öffnet, wird Gottes Stimme vernehmbar. Gott sagt ihm zu: „Du bist mein geliebter Sohn“.

So birgt der Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu eine Verheißung, die sich auf seinem Weg der Glaubensgeschichte nach und nach und immer tiefer erschließt, die seinen weiteren Lebensweg gestaltet und mitträgt. Eingeführt und gestärkt durch Gott geht Jesus als „geliebter Sohn“ Gottes seinen Weg nach unten: zu den Kranken, den Sündern, den Schwachen und Ausgeschalteten.

 

Taufe als Verheißung des Anfangs über dem Leben der Getauften
Wer sich am Anfang des neuen Jahres fragt, wie er „Gottes Zeit in unseren Händen“ als Christ und Christin recht gestaltet, erinnert sich, dass – wie in Jesu Leben – auch für ihn oder sie am Beginn des Lebens- und Glaubensweges die Taufe steht. Sie eröffnete unsere ganz persönliche Glaubensgeschichte, die unabgeschlossen ist, Unabwägbarkeiten birgt und voller Entwicklungsmöglichkeiten steckt. Die Taufe ist nicht nur ein Anfangsereignis, sie ist für uns Christen vielmehr Lebensthema. Das, was in der Taufe an uns geschehen ist, will im Ganzen unserer Lebensgeschichte immer neuen und tieferen Ausdruck finden. Auf dem Weg der Entfaltung unserer Persönlichkeit, auf unserem Weg zu Gott, ist es daher wichtig,
auf den Anfang, der uns in der Taufe geschenkt wurde, immer wieder zurückzugreifen. 

Getauftsein heißt: Dem Anfang unseres Lebens als Christen wohnt eine Verheißung inne. In der Taufe wurde uns gesagt: Dein Leben ist Gottes Geschenk. Der Gott, dem wir zugehören, ist der treue Gott. Auf allen Wegen und Umwegen, die das Lebens bereithält, ist er der „Ich bin da“ (Ex 3,14). Er bleibt auch in unserer Untreue immer der treue Gott (2 Tim 2,13). Diese Verheißung, dass Gott uns treu bleibt, steht über unserer Lebensgeschichte. Und diese Verheißung gilt auch für dieses Jahr mit allem, was es entbergen wird.

In der Taufe wurde uns gesagt, dass unser Leben als Gottes Geschenk unverfügbar ist. Weil wir zu Gott gehören, liegt unser Leben und unsere Lebensgeschichte weder in unserer Hand noch in der Hand eines anderen Menschen oder einer Institution. Wer Gott angehört, dessen Leben ist unverfügbar, er ist niemandes Eigentum: nicht des Staates und auch nicht der Gesellschaft; wer Gott angehört, ist nicht Eigentum seiner Eltern und auch nicht Eigentum der Kirche. Wer Gott angehört, ist berufen zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes (Röm 8, 21).

In der Taufe wurde uns bedeutet, dass unser Lebensweg unter der Verheißung eines „Lebens in Fülle“ steht. Diese Verheißung Gottes gilt auch, wenn wir uns in unserer Lebensgeschichte in Getsemani und auf Golgota wähnen. Die Erinnerung an unsere Taufe sagt uns, dass Gottes Licht auch in die hundert Dunkelheiten unseres Lebens fällt. Gottes Ja zu seinen geliebten Söhnen und Töchtern ist unverbrüchlich. Gott steht dazu: Dein Leben soll end-gültig gelingen. Der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes Ausdruck verleihen

Aus der Erinnerung an das, was Gott an uns getan hat, wächst Leben. Die Erinnerung macht Mut, in jenem Kapitel, das in diesem Jahr unserer Lebensgeschichte hinzugefügt wird, lernend zu vertiefen, was es heißt, sich Gott, dem „Freund des Lebens“ anzuvertrauen. Die Erinnerung an das, was Gott in der Taufe schon an uns getan hat, stachelt an, im Blick auf Jesus, in dem die „Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ erschienen ist, unser Leben zu erneuern.

Worte von Mutter Teresa mögen uns Anregung sein, dieser „Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ in unserem Leben einen persönlichen Ausdruck zu geben. Sie schreibt:

“Seid gütig und barmherzig!
Laßt keinen je zu euch kommen, ohne dass er besser und glücklicher wieder geht!
Seid lebendiger Ausdruck der Güte Gottes: Güte in eurem Gesicht,
Güte in euren Augen, Güte in eurem Lächeln,
Güte in eurem warmen Gruß!
In der Welt sind wir das Licht der Güte Gottes für die Armen.
Den Kindern, den Armen, allen, die leiden und einsam sind, gebt immer ein glückliches Lächeln! –
Gebt ihnen nicht nur eure Fürsorge, gebt ihnen auch euer Herz!”

Wenn wir nun unser Taufverprechen erneuern, soll dies unser ganz persönliches Glaubensbekenntnis sein: Wir glauben, dass Gott als Abba-Vater unser Leben auch in diesem neuen Jahr mitgeht; wir glauben, dass wir berufen sind, im Laufe dieses Jahres immer mehr das zu werden, was wir sind: Wahrhaftig geliebte Söhne und Töchter der unendlichen Liebe.

 

P. Dr. Bernd Werle SVD