Heiliger Antonius, Mönchsvater (G)

Predigtimpuls

Hören und gehorchen

Lesung: Hebr 4,1-5.11
Evangelium: Mt 19,16-21 (evt. erweitern bis 26)


Das Eine und Wichtige

Antonius stammte aus einer wohlhabenden Familie in Keman. Mit etwa 20 Jahren verlor er seine Eltern und übernahm die Verantwortung für seine jüngere Schwester. Dann aber durchkreuzte das Evangelium, das wir gerade gehört haben sein Leben. Antonius, ein reicher Jüngling, hört die Botschaft Jesu: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkaufe deinen Besitz und gib das Geld den Armen.“ Antonius wolltenicht, wie der reiche Jüngling in der Bibel, traurig weggehen und sich mit der Unvollkommenheit begnügen, er folgte dem Ruf und verschenkte all sein Hab und Gut. Und die kleine Schwester?

Wüste als Flucht?
Zunächst wirkt es auf uns überhaupt nicht heiligmäßig, wenn Antonius seine jüngere Schwester in ein Heim gibt und in die Wüste hinaus zieht. Woher hat Antonius die Gewissheit, dass er diesen radikalen und unpopulären Schritt tun muss? Ist es der Ruf Gottes oder ist es Flucht aus der Verantwortung?

Die Geschichte gibt ihm recht
Die Geschichte gibt dem Antonius recht. Seine Höhle, eine Felsengrabkammer in
der Libyschen Wüste, wurde zu einem spirituellen Zentrum. Gleichgesinnte sammelten sich um den Einsiedler, und das Zusammenleben dieser Männer wurde zum Vorbild des Mönchslebens. Was draußen in der Wüste entstand, war eine spontane Lebensgemeinschaft von Männern, die dem Evangelium in seiner ganzen Radikalität nachfolgen wollten. (Pachomius, ein Zeitgenosse von Antonius hat dann diese Lebensform institutionalisiert.) Wir können uns die abendländische Geschichte kaum vorstellen ohne den religiösen und kulturellen Einfluss des Mönchtums. Aber rechtfertigt die Erfolgsgeschichte des Mönchsideals die Flucht des Antonius vor der Verantwortung gegenüber seiner Schwester? Wie so oft schweigt die Geschichtsschreibung über das Schicksal der Frauen, namenlos verschwindet die Schwester aus der Biografie des heiligen Antonius. Zwei herausragende Ereignisse im Leben des Heiligen aber scheinen den Weg in die Wüste zu rechtfertigen:

Die Wüste als Kraftort
Als die Christen in Alexandrien von Maximinus Daia (gestorben 313) verfolgt wurden, verließ Antonius seine Höhle und stärkte die bedrängten Christen in der Stadt. Ein zweites Mal verließ Antonius gegen Lebensende die Wüste, um sich mit seiner ganzen Kraft gegen die Irrlehre des Arianismus zu wehren.

Das zeigt doch, dass Antonius nicht der Mensch war, der vor der Verantwortung
floh, er sammelte sich in der Wüste, um seine Verantwortung wahrnehmen zu können. Die Lebensgeschichte des Heiligen zeigt, dass er damals mit 20 Jahren richtig gehandelt hat, er selber konnte damals wohl nicht abschätzen, wozu sein Weg in die Wüste gut war, aber der Ruf war so stark, dass er sich nicht widersetzen konnte.

Gottes Ruf
Ja, es wäre schön, wenn auch wir heute ab und zu den Ruf Gottes in dieser
Deutlichkeit vernehmen würden. Manchmal aber scheint mir, Gott schweigt in dieser Welt. Was war denn das Außerordentliche an diesem Ruf, den Antonius vernommen hatte?

Antonius hörte genauso wie wir heute den Abschnitt aus dem Matthäusevangelium. Sein Leben wurde durch das Hören verändert. Und wir? Wir finden alle möglichen vernünftigen und schönen Gründe, warum wir diese Botschaft nicht so radikal umsetzen müssen oder dürfen. „Wir dürfen uns doch nicht einfach aus der Verantwortung für dies und für jenes herausstehlen.“ Wir reden uns ein: „Nein, Nein, wenn ich diesen radikalen Schritt täte, dann wäre es eine Flucht.“ Jeder und jede von uns muss selber spüren, was er oder sie tun kann. Aber eines lehrt uns Antonius: die Entscheidung muss von ganzem Herzen erfolgen! Von ganzem Herzen heißt nicht vernünftig und überlegt, von ganzem Herzen heißt ohne Vorwand und Entschuldigung. Damit aber treffen wir den Kern der Botschaft Jesu: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkaufe deinen Besitz und gib das Geld den Armen.“ Sind es nicht immer wieder materielle und vernünftige Überlegungen, die uns vor einem radikalen Schritt abhalten?

Woran hängen wir unser Herz?
Unser Herz hängt an so vielem, Geld ist das Eine, dann kommen aber auch freundschaftliche Bindungen, Aufgaben, Pflichten, und nicht zuletzt fehlt uns der Mut. Achten wir einmal selbstkritisch darauf, wie wir zu wichtigen Entscheidungen im Leben finden. Ist es nicht häufig so, dass wir das „Eine“, das „Wichtige“, das „Vollkommene“ sehen, und uns mit vielen „Wenn und Aber“ entschuldigen? Es sind immer wieder die Sachzwänge, die uns hindern, das zu tun, was wir im Herzen eigentlich wollen. Die großen Vorbilder, und Antonius ist eines, konnten sich auf das „Eine“ konzentrieren und folgten dem Ruf ihres Herzens, selbst wenn sie selber oder ihre Umwelt diese Entscheidung nicht verstehen konnten.

Hören und gehorchen
Der Ruf war so stark, dass er sich nicht widersetzen konnte. Der Ruf, der an uns
ergeht, ist nicht weniger stark, wir hören die gleichen Texte aus dem gleichen
Evangelium, aber manchmal ist unser Widerstand stärker als der von Antonius. Wir hören die gleiche Botschaft, doch es fällt uns so schwer zu gehorchen.

 

P. Albert Kappenthuler SVD