Hochfest des Leibes und Blutes Christi / Fronleichnam

Predigtimpuls

Fronleichnam – heute

1. Lesung: Ex 24,3-8
2. Lesung: Hebr 9,11-15
Evangelium: Mk 14,12-16.22-26


Fronleichnam – heute

Seit jeher verläuft zwischen zwei Straßen vor unserem Krankenhaus ein kleiner Park. Vor kurzem wurde er erstmalig benannt: Park der Menschenrechte. Hier feiert die Pfarrgemeinde mit der Kapellengemeinde das Fronleichnamsfest, ohne Prozession.


Wie es einmal war
Was waren das doch noch für Zeiten, als der hohe Fronleichnamstag beinahe die
ganze Gemeinde in Bewegung setzte! Wer nicht mithalf, Blumenteppiche zu planen, zu gestalten, zu legen, nicht dabei war, bunte Fähnchen an die Straßenränder zu stellen oder mit der Musikkapelle bekannte Lieder einzuüben, der schmückte wenigstens die Haustür oder die Balkongitter oder den Vorgarten. Die große Schar der Messdiener übte die Aufstellung und das richtige Händefalten, wie man das Weihrauchfass zu halten und zu schwingen hatte. Die Reihenfolge in der Prozession wie auch die Trägermannschaft für den Baldachin regelte eine alte Tradition, und das Allerheiligste trug der Herr Pastor: wer sonst?! So zog die Prozession am Festtag durch die Straßen, gesäumt von Schaulustigen, Neugierigen, und solchen, die auf jeden Fall dabei sein wollten. Mit Liedern und Gebeten begleiteten wir Jesus im heiligsten Sakrament durch unsere Alltagswelt, über unsere Straßen, vorbei an Häusern und Geschäften, die zu unserem Leben gehörten.

Wir sind nicht allein. Mitten in dieser betenden Gemeinschaft ging er, der uns
immer wieder ermutigend daran erinnert: Habt keine Angst ihr Kleingläubigen, ich bin bei euch alle Tage, in allen Unpässlichkeiten und Turbulenzen, in aller Trauer, aber auch in festlicher Freude. So sollte dieser Tag, dieses festliche Tun, das gemeinsame Wandern, den Kleinmütigen Mut machen, die Zweifler zum Nachdenken bringen und uns, die wir mit ihm unterwegs sind, in aller Öffentlichkeit die Gelegenheit bieten, mit Lobpreis und Anbetung zu danken, dass er in unserer Mitte geht.


.... doch heute ist es anders
So war es und viele Generationen haben es für unabänderlich gehalten, wehe dem, der daran rüttelte! Heute stehen wir, als kleine Herde, im Park der Menschenrechte um einen einfachen Altar, als kleine Gemeinde, die sich nicht anschließend zu einer Prozession aufstellen wird. Kaum ist noch etwas übrig geblieben von dem, was damals unabänderlich schien, was Ausdruck unseres Glaubens, unserer Zusammengehörigkeit und Zusammenarbeit war. Ausdruck unserer Glaubensfreude, die wir allen zeigen und durch unser Tun auch beweisen wollten, nicht um uns herauszustellen, sondern um einzuladen und zum Mittun zu ermuntern.

Damit ist nicht etwas abgeschafft worden, es hat sich gewandelt. Jesus Christus,
unser Bruder und Herr, ist in die Mitte gerückt, aus der bunten schillernden Kulisse in die nüchterne Wirklichkeit unseres Alltags, unserer Sorgen. Wir erfahren ihn als Anwalt der Menschenrechte, der uns als Maßstab unseres Handelns an sein Wort erinnert: Liebet einander, so wie ich euch geliebt habe.


Und das möchte ich euch sagen...
Fronleichnam war und ist eine Gedenkfeier, ein Dankfest, eine Provokation im wahrsten Sinne des Wortes. Wir sind herausgerufen aus unseren Herkömmlichkeiten und Selbstverständlichkeiten, um zu den Menschen zu gehen, um ihnen zu zeigen, was es für uns bedeutet, die Freude am Herrn ist unsere Stärke. Deswegen sind wir gemeinsam zu ihm unterwegs, der uns immer wieder einlädt, an seinem Tisch Platz zu nehmen, um mit ihm das Brot, das ist das Leben, zu teilen, es weiter zu geben an die Vielen: Gebt ihr ihnen zu essen! Fronleichnam hat ein neues, ein lebensnahes Gesicht bekommen, das Gesicht dessen, der zu seinem Vater um die Einheit als Lebensgemeinschaft derer gebetet hat, die seinen Namen tragen. Das Gesicht dessen, der für die Rechte der Armen, der Entrechteten, der Kranken und Hilflosen sein Leben eingesetzt hat. Der unterwegs war von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, um die Menschen nicht nur seiner Zeit auf ihre Berufung, auf ihren Lebensauftrag, auf ihr Lebensziel hinzuweisen: „Ihr sollt ein Segen sein!“

Welch tiefe Bedeutung bekommt damit der Ort, an dem wir am hohen Festtag die
Eucharistie feiern. Wir stehen mit ihm zusammen im Strom der Zeit, im Strom des Lebens, unterwegs zu den Menschen, denen wir mit Lied und Gebet, mit Gottes Wort und seinem Segen erfahrbar machen, was wir im Lied gemeinsam singen: „Wir glauben, Herr, dass du es bist, durch den wir sind und leben.“

 

P. Joachim Gloger SVD