25. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Ja sagen zu seinem Ja

1. Lesung: Weish 2,1a.12.17-20
2. Lesung: Jak 3,16-4,3
Evangelium: Mk 9,30-37

Ja sagen zu seinem Ja

Bruder Klaus kann uns auf die Fragen der Jünger Jesu, wer der Größte unter ihnen – auch unter uns – sei, eine Antwort geben. Wer war er, dieser Heilige, der zum Friedensstifter und Landespatron der Schweiz wurde?

Viele Menschen tun sich schwer, die Trennung des Bruder Klaus von seiner Familie und von seiner Frau Dorothee (16. Oktober 1467) als Gottes Willen anzunehmen. Nach menschlichem Ermessen erscheint uns diese Trennung als Lieblosigkeit, als Flucht aus der Verantwortung. Wir können noch lange nach vernünftigen Gründen suchen für diesen Schritt. Manche meinen, da der älteste Sohn bereits 20 Jahre alt war, wäre der Abschied durchaus zumutbar gewesen. Letztlich ein herzloses Argumentieren.

Eltern sind unersetzbar
Haben wir nicht alle schon in unserer Familie oder im Bekanntenkreis erfahren müssen, dass der Tod eines Vaters oder einer Mutter Schmerz und eine unersetzbare Lücke zurücklässt. Auch die Erfahrung einer Scheidung, die oft mit so viel Leid und Wut verbunden ist, zeigt, dass ein Familienvater mit der Volljährigkeit der Kinder nicht überflüssig wird. Ist es möglich, dass ein liebender Gott von einem Menschen eine so harte Entscheidung verlangt, wie Bruder Klaus sie gefasst hat?


Die Geschichte gibt ihm recht                                                                                     Eines können wir im Nachhinein leicht sagen: Klausens Schritt, sein Weg in die Einsamkeit wurde für die Eidgenossenschaft jener Zeit zur Rettung. Ihm ist es gelungen, zwischen den verschiedenen Interessen der eidgenössischen Orte zu vermitteln und den Bürgerkrieg zu verhindern (1481: Stanser Verkommnis). Die Geschichte gibt dem sonderbaren Heiligen Recht: Es muss Gott gewesen sein, der Klaus aus seiner Familie heraus in die Einsamkeit rief, damit er den Frieden in seinem Land sichere.

Nicht einmal Klaus konnte das wissen, als er sich zu diesem Entschluss durchrang und noch weniger konnte er gegenüber seiner Frau Dorothee so argumentieren. Stellen Sie sich vor, er hätte zu Dorothee gesagt: „Ich lasse euch jetzt allein, denn ich muss in die Einsamkeit, um die Eidgenossenschaft zu retten.“ Eine solche Überheblichkeit passt nicht ins Bild des Heiligen. Hätte er so geredet, hätte man ihn nicht nur für verrückt, sondern auch für größenwahnsinnig gehalten.

Nur Dorothee versteht
Im Augenblick der Trennung gibt es einfach keinen vernünftigen Grund und
Klaus muss damit leben, dass ihn alle für verrückt halten. Alle? Seine Frau Dorothee versteht ihn, und die Quellen sagen es deutlich: Er ging mit ihrem Einverständnis.

Vielleicht war das Opfer Dorothees größer als jenes von Klaus, das ist allerdings
unwichtig. Für mich zählt, dass der Weg in die Einsamkeit für Klaus nicht ein einsamer Entschluss ist, sondern er ist über mehrere Jahre hinweg herangereift, im Gespräch mit Dorothee. Die Entscheidung erfolgt in gegenseitiger Liebe oder etwas moderner ausgedrückt: Es ist eine partnerschaftliche Entscheidung.

Loslassen
Auch wenn immer noch so vieles unverständlich bleibt für unsere Vernunft, der Weg von Klaus und Dorothee zeigt eine tiefe Weisheit: Für Dorothee und Klaus heißt Liebe in diesem Augenblick: einander loslassen. Das Faszinierende an diesem Loslassen ist, dass sie sich dabei nicht verlieren, sondern auf neue Weise gewinnen. Das zeigt sich ganz konkret im Leben von Klaus. Zuerst zieht er weg, hinunter in den Schwarzwald, doch er muss wieder zurück, nicht zurück zu seiner Familie, aber in unmittelbarer Nähe seines Hauses ist sein Platz. Dort kann Dorothee mit den Kindern den Vater besuchen, sie erhalten Rat aus seinem Mund. Dorothee hat ihren Mann nicht verloren, obwohl sie ihn losgelassen hat. Die Friedensmission von Bruder Klaus kommt schließlich auch seiner eigenen Familie zugute.

Wir haben es heute leichter, wir können das Leben von Klaus von seinem guten Ende her beurteilen. Klaus und Dorothee mussten das im Augenblick der Entscheidung allein in gegenseitigem Vertrauen und im Gottvertrauen bewältigen. Dieses Ringen um die richtige Entscheidung hat Klara Obermüller eindrücklich in ihrem Hörspiel „Ganz nah und weit weg“ dargestellt. Einen Ausschnitt davon möchte ich Ihnen jetzt vortragen.

Die Autorin (Klara Obermüller) spricht als Frau unserer Zeit mit Dorothee und antwortet ihr:

„Dorothee, du sagst: Der Ranft ist überall. Dass einer ganz nah ist und doch weit weg. Du hast den Ranft ertragen: Dass einer nah ist und doch unerreichbar. Ihn lieben und doch wissen, ich werde nie an seiner Seite sein. Nie, verstehst du? 20 Jahre hast du mit ihm gelebt, ihr habt Kinder gehabt, ein Haus, ein Dach, ein Leben ... Und dann hat Gott ihn dir genommen.

Wie hast du das ertragen. Ist das Liebe? Ist das die wahre Liebe: Ihn lassen, wenn
es das ist, was er braucht.

Dorothee, du hast gesagt: Ihn lassen, aus Liebe. Ja sagen zu seinem Ja. Seinen Ruf hören. Seinen Weg mitgehen, aus der Ferne. Einwilligen. Treu sein seiner Treue. Dein Einverständnis, Dorothee, Gnade hat er’s genannt. Er ist mit deiner, mit eurer Zustimmung gegangen. Es war dein Wille, Dorothee, dein Entschluss. Nicht Unterwerfung, nicht Resignation. Mit deinem Wort ist er gegangen.

Er hat dein Ja mitgenommen in den Ranft. Es ist noch dort, Dorothee, glaub mir, es ist noch dort. Man spürt es, wenn man unten ist. Es ist ein Friede über diesem Ort. Das hast du gewirkt, Dorothee, mit deinem Wort.“

 

P. Albert Kappenthuler SVD