3. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Im Dienste des gelingenden Lebens

1. Lesung: Jon 3,1-5.10
2. Lesung: 1Kor 7,29-31
Evangelium: Mk 1,14-20


Im Dienste des gelingenden Lebens

Die Predigt und der Ruf Jesu
Der Täufer verschwindet im Gefängnis. Jesus erscheint auf der Bildfläche. Jetzt fordert er die Menschen auf: „Kehrt um!“ Aber er begründet seine Forderung anders: „Erfüllt ist die Zeit, das Reich Gottes hat sich genaht.“ Das Reich Gottes ist also da. Diese Aussage bewahrheitet er durch sich selbst. In ihm und durch ihn können die Menschen diese Wirklichkeit erfahren und erleben. Nur so ist die folgende Szene zu verstehen. Da hören gestandene, erfahrene Männer, je zwei Brüderpaare, Jesu Ruf: „Kommt her, folgt mir nach!“ Das Überraschende ist, sie geben ihren Beruf, der ihre bisherige Existenz einigermaßen sichert, auf und lassen die bisherigen familiären Bande, die ihr bisheriges Leben sozial abfedern, hinter sich. Das ist nicht zu fassen! Oder doch? – Ja, aber eben nur durch und mit Jesus, der in Galiläa das Evangelium Gottes, seine Frohbotschaft, ausruft und durch sich selbst beglaubigt. Die Faszinationskraft, die von ihm ausgeht und gestandene Männer zu einer ‚Umkehr’ und fundamentalen Neuorientierung ihres Lebens führt, sprudelt aus der Quelle der Übereinstimmung von Botschaft und Person Jesu. Und noch mehr: In Jesus zeigt sich die menschliche Gestalt des Evangeliums Gottes, in ihm ereignet sich in menschlicher Weise Jahwe, der „Ich-bin-da“, neu und richtet seine Herrschaft auf. Deshalb folgen sie Jesus. Für diese Männer ist das, was sie in und durch Jesus erfahren so wertvoll und damit so attraktiv und faszinierend, dass das, was sie bisher an ihr Leben band, aus dem Blick gerät. Anscheinend verlieren die jungen Männer nichts. Im Nachfolgeereignis eröffnet sich ihnen eine neue Lebensperspektive. In ihr erleben sie eine solche Freiheit, Weite und Unabhängigkeit des Lebens, dass sich ihnen eine neue Lebensqualität auftut. Vielleicht haben sie sich danach gesehnt, aber sich nicht getraut, wenigstens ein Stück davon zu leben. Nun aber taucht der auf, der sich aus der Nähe Jahwes heraus das zu leben traut und es auch ihnen zumutet. Der Schritt in die Zukunft bedeutet für sie ein Schritt in ein wahreres, tieferes, intensiveres und erfüllteres Leben. Wenn sie jetzt Jesus nachgehen und zu Menschenfischern werden, überschreiten sie ihre bisherige Lebensform auf eine tiefere hin, die vielleicht die verborgene Sehnsucht ihres bisherigen Lebens in die Wirklichkeit umsetzt.


Das Lebensangebot Jesu
Die knappe Zusammenfassung der Predigt Jesu und seine Begegnung mit den beiden Brüderpaaren zeigt sich als eine Schlüsselszene dafür, wie Jesus das Leben sieht und angeht. Überall, wo Jesus auftaucht, stellt er das bisherige Leben in Frage, legt seine Sehnsüchte frei und dynamisiert sie auf seine Träume hin. Denn überall, wo Jesus erscheint, greift Jahwe, der Gott seines Lebens und der Liebhaber des Lebens überhaupt, nach dem Leben der Menschen und schenkt ihm neue Dimensionen. Das Leben wird zum Raum seiner Herrschaft und wächst in eine neue Qualität hinein, die die Menschen von sich aus nicht finden. Wo Menschen also Jesus erleben, ihn als Repräsentanten Jahwes, des Liebhabers des Lebens, erfahren und seinen Ruf vernehmen, gehen sie ein Stück weiter ihrer Lebensfülle entgegen. Er bildet mit ihnen geradezu eine Weggemeinschaft, um sie dahin zu bringen, sich ihr zu nähern. Das Leben unter seiner Führung überhaupt als Weg zu verstehen, und insgesamt ‚abschiedlich’ und zukunftsgerichtet zu leben, mutet Jesus den Menschen, die ihm nachgehen, zu. Jeder Schritt auf dem Weg mit ihm lässt bisher Begangenes zurück und greift nach Neuem aus – das nicht nur hin und wieder, sondern ständig als Grundbestimmung und Grundkennzeichnung des Lebens. Damit gehören Neuorientierung und Umkehr zum Lebensprogramm derer, die mit Jesus, ihm nachfolgend, unterwegs sind.


Leben im Horizont der Nachfolge
Die eben genannte Schüsselszene zeigt einige Haltungen, die für ein Leben im Horizont der Nachfolge Jesu bzw. der Weggemeinschaft mit Jesus unerlässlich sind. Aufmerksam, konzentriert und hingegeben üben die jungen Männer, die Jesus anspricht, ihren Beruf aus. In ähnlicher Weise hören sie auch hin auf das Wort Jesu, lassen es in sich hinein und geben ihm eine Chance, sich auszuwirken. Hören wird für sie zu einer Grundhaltung. Immer wieder werden sie hören müssen, neu, intensiv, aufmerksam und offen. Die Botschaft für den nächsten Schritt auf dem Weg ist je neu aufzunehmen. Sie müssen zu umfassenden Hörern seines Wortes werden. Dann ist das Sehen wichtig. Bevor sie den Ruf Jesu vernehmen, sieht Jesus sie an. Offensichtlich halten sie dieses Sehen aus un  lassen es zu. Bevor das Wort sie erreicht, hat sie der Blick Jesu schon für ihn eingenommen. Sich von Jesus anschauen lassen, seinem einladenden Blick zu folgen, und das immer wieder, gehört von nun an zu ihrem Lebens- und Lernprogramm. Der Blick Jesu ermutigt, schenkt Zuversicht und lehrt sie dann, selbst mit dem Blick, mit den Augen Jesu das Leben zu sehen und seinen Herausforderungen zu trauen. Der Blick Jesu befreit zum Sehen in seinem Sinn.

Ferner ist das brüderliche, geschwisterliche, kooperative und kommunikative Leben auf dem Weg mit Jesus vordringlich. Schon bevor Jesus die Brüderpaare sieht und ruft, vollziehen sie diese Lebensform. Jetzt ruft sie Jesus als Brüder, als Geschwister auf den Weg mit ihm und beschenkt sie mit dem darin verborgenen Lebensprogramm eines gemeinschaftlichen und gemeindlichen Lebens. Dies in einem Leben auf dem Weg mit Jesus immer wieder neu zu realisieren, ist eine bleibende Aufgabe. Einfach ist sie nicht zu lösen. Aber Jesus wird sie dahin bringen. Wie sie selber zu dieser Lebensform eingeladen werden, dürfen sie dann auch zu einladenden Menschen werden, die die einladende Geste Jesu weitergeben an andere Menschen. So arbeiten sie daran mit, Zellen der Gemeinschaftlichkeit zu bilden, in denen etwas vom Reich Gottes zu erfahren ist.

Schließlich ist nicht zu übersehen, dass das Leben in der Nachfolge mit Abschied und darum mit Verlusten verbunden ist. Auch das müssen die Brüderpaare erleben. Aber diese Abschiede und Verluste sind nicht total. Sie sind Quellorte eines neuen Reichtums und einer neuen, positiven Lebensqualität. Selbst der Verlust dieses Lebens führt, wie der Lebensvollzug ihres Meisters ihnen deutlich vor Augen führt, in eine neue Dimension des Lebens von Gott her, dem Liebhaber des Lebens schlechthin. Die Nacht des Todes Jesu wird zum Morgen eines neuen Lebens. Das Geheimnis und das Dunkel des Lebens entpuppen sich auf dem Weg mit Jesus zum Leben selbst, das nicht zerstört werden kann.

Alles, was diese Schlüsselszene aus dem Markusevangelium vermittelt, ist auch für uns als Christinnen und Christen bedeutsam. Jesus, der uns rufend anspricht, bietet uns eine neue Lebensqualität, ein neues Leben an. Nehmen wir dieses Geschenk an, wird auch unser Leben im Horizont seiner Nachfolge gelingen.

 

P. Franz-Josef Janicki SVD