Pfingstmontag (B)

Predigtimpuls

Den Einfachen geoffenbart

1. Lesung: Apg 8,1b.4.14-17
Oder: Ez 37,1-14
2. Lesung: Eph 1.3a.4a.13-19a
Evangelium: Lk 10,21-24

 Den Einfachen geoffenbart

1. Das Missverständnis
Im 1. Bundestag wurde dem damaligen Bundeskanzler Dr. Adenauer einmal vorgeworfen, dass er in der Art und Weise seiner Argumentationen sich geradezu einfältig, ja naiv ausdrücke. Adenauer antwortete darauf. „Meine Damen und Herren, es ist sehr schwierig, sich in diesem Hause so einfach auszudrücken, dass jeder versteht, was ich meine.“ – Schallendes Gelächter! Adenauer hatte die Lacher auf seiner Seite. Aber nicht nur das, er hatte durchaus richtig dargelegt, worum es ging – um das Verstehen und Verstehenwollen. Wie oft wird aneinander vorbeigeredet, ja es entsteht Streit, und daraus ergeben sich Feindschaften – und das oft nur aus Besserwisserei. Jeder will recht behalten, jeder möchte der Gescheitere sein und lässt das den anderen auch spüren, oft mit absurden Behauptungen. Hier sind die „Weisen“ und „Klugen“ des Evangeliums, die vor lauter Engstirnigkeit und Ichbezogenheit die Wirklichkeit nicht mehr sehen können, wie sie ist. So finden Menschen nie zueinander.

2. Der Weg
Ein Teufelskreis scheint das zu sein. Wie kann man ihn lösen? Das System aufbrechen? Es geht sicher nicht, wenn jeder in möglichst komplizierter Form zu
beweisen sucht, dass er „die Wahrheit gepachtet hat“. Wem es um die Wahrheit geht, wird sich so nie verhalten; er weiß um die Begrenztheit menschlicher
Erkenntnis und weiß erst recht um die Unzulänglichkeit der Weitergabe. Ein solcher Mensch wird sich auf den anderen einstellen. Er wird sich fragen, wer jener ist, woher er kommt, was sein Anliegen ist. Er wird vieles erfragen und sogar erfahren müssen, um ein ratendes Wort sagen zu können, das dem anderen hilft. Es muss ein sehr einfaches, aber zutreffendes Wort sein. Das zu finden und sich trauen, es zu sagen, ist nicht leicht. Offenheit und Unbefangenheit sind die Stichworte, die den Weg anzeigen.

3. Das Ziel
Ist es Geborgenheit? Der Mensch muss sich wohl fühlen können. Ohne ein
bestimmtes Wohlgefühl kann auf Dauer niemand leben. Wohl fühlen kann man sich aber doch nur bei einem Menschen, dem man alles sagen kann, den man alles fragen kann, der einen versteht, bei dem man sich aufgehoben weiß. Sich ihm zu überlassen bedeutet alles: Er trägt, er führt, er gibt Mut und Vertrauen, schenkt Lebensfreude und Lebensglück. Wer dies erfahren hat, weiß, was erfülltes Leben bedeutet. Wer dies mit Menschen erlebt hat, ist bereitet, Gott zu begegnen – und preise dich, Vater..., weil du dies den Kleinen offenbart hast.“ (Nach unserem Sprachempfinden könnte man auch übersetzen: „den Einfachen“ – nicht dagegen „den Unmündigen“ oder „Einfältigen“).

4. „Demütig lauschen“
Friedrich Dessauer (1881-1963), ein großer Naturwissenschaftler hat das Wort vom „demütigen Lauschen“ geprägt. Er war einer der engsten Mitarbeiter von Max Planck, ein tiefgläubiger katholischer Christ. Seine ganze Arbeit sah er in Verbindung mit dem sich schenkenden Schöpfergott. Gerade seine wissenschaftliche Forschung war ihm wie ein Gottesdienst. Er hat einmal in einem Vortrag über „Naturwissenschaft und Glaube“ gesagt: Forschen heißt demütig lauschen, bis Gott uns wieder einen tieferen Blick in seine Geheimnisse tun lässt.“ Dessauer wusste von seiner Forschungsarbeit her um die Größe Gottes. Im selben Vortrag sagte er: „Wir wissen heute schon viel und können immer mehr Fragen beantworten, aber hinter jedem gelösten Fragezeichen tun sich zehn, zwanzig, hundert neue Fragezeichen auf. Das gibt ein Ahnen von der Größe Gottes, und das Staunen will kein Ende nehmen.“ Kann man sich von einem so großen Wissenschaftler eine bescheidenere Aussage vorstellen? „Ich preise dich, Vater..., dass du dies den Einfachen offenbart hast.“ Ein Kindergebet sagt es mit anderen Worten so: „Die Welt ist groß, lieber Gott, und ich bin so klein, aber du siehst mich trotzdem! Du hörst meine Stimme, wenn ich rufe. Du läufst nicht weg, wenn ich komme. Du bist für mich da, immer und überall. Deshalb kann ich am Abend ruhig schlafen gehen. Du bist für mich da, daher danke ich dir! Amen.“

 

P. Ferdinand Demes SVD