Pfingsten - Am Tag (H)

Predigtimpuls

Gefragtes Engagement

1. Lesung: Apg 2,1-11
2. Lesung: 1Kor 12,3b-7.12-13
Oder: Gal 5,16-25
Evangelium: Joh 20,19-23
Oder: Joh 15,26-27; 16,12-15

Gefragtes Engagement

Worauf Geist und Fleisch sinnen
„Das Begehren des Fleisches richtet sich gegen den Geist, das Begehren des Geistes aber gegen das Fleisch. Beide stehen sich als Feinde gegenüber“, schreibt Paulus lapidar. Das Begehren des Fleisches ist zunächst nicht sexuelle Begierde. Es geht sowohl bei Geist wie bei Fleisch um innere Einstellung, um Gesinnung. Wellness – um ein neudeutsches Modewort zu gebrauchen – steht zum Fleisch: es sich gut gehen lassen in dieser Welt; Geld scheffeln und sich damit alle Wünsche erfüllen; Spaß und Lust mitnehmen, wo immer sie zu ergattern sind. Da kann dann auch die Sexualität eine große Rolle spielen. Kapital vermehren, egal wo das Geld herkommt, ob ehrlich verdient oder durch Tricks und Machenschaften ergaunert oder durch sogenannte wirtschaftliche Sachzwänge den Wehrlosen abgepresst; den Wohlstand sichern, möglichst gar vermehren, egal wer dafür bluten muss – das alles ist Fleisch: ein effizientes, plausibles, blendendes System der Anhäufung und Verschwendung für sich selbst.

Der entgegengesetzte Geist ist nicht leibfeindlich. Er weiß sehr wohl um die Liebe auch in ihrem erotischen Zauber, aber er instrumentalisiert die Sexualität, diese köstliche Gabe des Schöpfers, nicht zur Lustmaximierung. Der Geist treibt auch an im emsigen und klugen Wirtschaften. Er lässt Markt entstehen in phantasievoller Vielfalt, aber er schaltet die Konkurrenz nicht in mörderischem Konkurrenzkampf aus. Er verschluckt nicht mittelständige Unternehmen, bis dann der Großkonzern birst und viele Menschen in (noch größeres) Elend reißt. Der Geist weiß sehr wohl um schwach Begabte und Dumme, um Langsame und Faule, aber er stößt sie nicht ab, grenzt sie nicht aus, sondern hilft auf die Beine, ermutigt, zerbricht sich den Kopf über Aufgaben, die die Schwachen besser lösen können. Der Geist braucht nicht mit Leistung zu protzen. Er kann sich herzlich freuen an den Erfolgserlebnissen der Kleinen. Das hat dann auf Dauer zur Folge, dass in einer Gemeinschaft, einer Gesellschaft ein guter Geist herrscht.

Das Fleisch lässt sich seine Leistung in Sonderprämien honorieren. Der Geist tritt wohl für gerechten Lohn ein, kennt aber auch die unbezahlbare Kostbarkeit, die im Lächeln eines von Herzen dankbaren Menschen liegt, für den man Zeit und Mühe und vielleicht auch Geld aufgewendet hat, ohne Gegenleistung zu verlangen.

Der Geist spricht: Du bist dran
Der Geist will nicht weniger als das konkrete Glück der Menschen auf dieser Erde, aber umfassendes Glück, nicht bloß Bedürfnisbefriedigung und Bauchnabel- Wellness. Er treibt, Dinge anzupacken, von denen das Fleisch sagt: Lass die Finger davon. Du bekommst bloß Ärger. Wenn es aber so nicht weiter geht, wenn etwas geschehen muss, sagt der Geist: Du bist dran. Fürchte dich nicht. Pack’s an, nicht naiv und plump, sondern wohlüberlegt, umsichtig. Hol dir Rat, schau dich nach Bundesgenossen um. Wirf nicht gleich die Flinte ins Korn, wenn es nicht so läuft, wie du es dir ausgedacht hattest. Geistes Gegenwart ist nicht zu verwechseln mit religiös schwärmerischer Begeisterung. Das Pfingstwunder in der Apostelgeschichte mit Sturm und Feuer und Vielsprachlichkeit ist eine literarische Verdichtung von dem, was den Menschen damals aus der Gruppe um Jesus an Gesinnung und Engagement entgegenkam. Um den Geist Gottes zu erfahren, ist es besser, auf die Erde zu schauen, genau hinzuschauen, als den Blick in die Wolken zu richten.

Da wurde vor ein paar Jahren von einer Gruppe junger Leute berichtet, die zusammen mit der Hilfsorganisation „Peace Now“ in Afghanistan arbeiteten, noch unter der Schreckensherrschaft der Taliban. Sie kümmerten sich um die notleidende Bevölkerung. Sie wollten die Muslime nicht bekehren, sondern für den Frieden wirken durch konkreten persönlichen Einsatz. Die Menschen, denen ihre Zuwendung galt, haben ihre Botschaft offenbar verstanden. Die Taliban haben sie missionarischer Umtriebe angeklagt und in lebensbedrohliche Geiselhaft genommen. Kaum waren diese jungen Leute durch diplomatische Bemühungen ihrer Todesdrohung entronnen, wollten sie sobald wie möglich an den Ort ihres Wirkens zurück. Da muss ein Geist in ihnen gewesen sein, der sie zum Aufstand rief gegen die Herrschaft des Todes durch Unterdrückung und Terror. Wo Leben zu verkümmern begann, weckte der Geist in ihnen den unerschrockenen Willen, mit friedlichen Mitteln sich für das Leben zu engagieren. Man stelle sich vor, das würde Schule machen – man muss dazu nicht nach Afghanistan reisen –, dann sähe unsere Welt bald anders aus. Es muss jener Geist in den jungen Leuten gewesen sein, um den wir an Pfingsten bitten: Sende aus deinen Geist, und das Angesicht der Erde wird neu. Wir haben allen Grund, um diesen Geist für unsere fleischliche Gesellschaft zu bitten.
 

P. Dr. Gerd Birk SVD