1. Adventssonntag (B)

Predigtimpuls

Voll freudiger Erwartung

1. Lesung: Jes 63,16b-17.19b; 64,3-7
2. Lesung: 1 Kor 1,3-9
Evangelium: Mk 13,24-37

 

Seid wachsam!  

Wie sehr hallt mir der im Evangelium von Jesus dreimal wiederholte Satz nach: „Seht euch vor, und seid wachsam! Seid also wachsam! Seid wachsam!“ Er hört sich beunruhigend an, klingt fast bedrohlich. Was geschieht mit dem, der nicht ständig wachsam ist? Geht es ihm wie jenem Bekannten, der folgende Begebenheit in seinen Kriegsmemoiren festhält? „Im Sommer 1942 erhielt ich zusammen mit einigen Kameraden ein Sonderkommando. Unser Auftrag bestand darin, ein Depot und die darin befindlichen Vorräte an täglichen Gebrauchsutensilien rund um die Uhr zu bewachen und zu sichern. Dazu waren u.a. auch ständige Kontrollgänge rund um das Lager erforderlich, die besonders nachts nicht ungefährlich waren... Am Tage nahmen wir die Kontrollfunktion nicht gerade besonders ernst. Statt Posten zu schieben, legten wir uns lieber stundenweise im Wachraum auf die Pritsche. Eines Vormittags – ich lag im tiefen Schlaf – klopfte es sehr laut an die Tür unseres Wachzimmers. Ich sprang von meiner Pritsche hoch. Vor mir stand ein hoher Arbeitsdienstführer... Er hielt mir eine mächtige Standpauke, kanzelte mich total ab und drohte mir mit ernsten Konsequenzen. Ich stotterte von völliger Übermüdung nach durchwachter Nacht und konnte nur auf Gnade hoffen...“          

Ist in diesem Sinne das heutige Evangelium eine Drohbotschaft?

Die Perikope aus dem 13. Kapitel des Markusevangeliums ist ganz dem kommenden Herrn gewidmet. Wir wissen, dass die ersten christlichen Gemeinschaften dieses Kommen unmittelbar erwarteten. Der erste Brief an die Thessalonicher vermittelt uns einen recht deutlichen Eindruck dieser sog. „Naherwartung“. Als die erhoffte rasche Wiederkunft des Herrn ausbleibt, muss sich die Gemeinde auf eine vielleicht längere Wartezeit einstellen. Um dabei die Ankunft des Herrn, wann immer der Zeitpunkt kommen mag, nicht aus dem Blick zu verlieren, insistieren die Evangelien wie auch andere Schriften des NT auf eine christliche Haltung der Wachsamkeit: Der Herr wird kommen, haltet euch bereit! Es geht dabei um ein zutiefst hoffnungsvolles Warten, um eine freudige Haltung des Erwartens. Es ist nicht etwas, was ich erwarte, sondern jemand, auf dessen Kommen ich mit Freude, ja mit Ungeduld warten darf.

 

Ungeduldiges Warten 

Wenn im afrikanischen Kongo ein Vater für längere Zeit vom Land in die Stadt reist, um dort Waren zu verkaufen oder für einige Zeit zu arbeiten, dann lebt die zurückgebliebene Familie in ähnlich froher Erwartung auf seine Rückkehr. Irgendwann kündigt sich dann der LKW oder das Schiff an, mit dem der Vater
zurückkommt. Die Kinder hält es kaum noch, so sehr warten sie voller Ungeduld.
Ist dann der Vater zurück, wird ein Fest gefeiert. Die Nachbarn rufen den Kindern in der Lingala-Sprache zu: „Tata ayei – der Vater ist zurück!“ Die Kinder komplettieren den Satz, der allgemein zu einem Sprichwort geworden ist: „Nzala esili – der Hunger ist vorbei!“

Die Zeit des Advents möchte eine Zeit des frohen Erwartens sein. Wir Christen leben in der Erwartung eines liebenden Heilands, der Hunger und Durst stillt, dessen Ankunft uns glücklich stimmen will. Im Adventslied „Kündet allen in der Not“ heißt dies auf die Welt ausgedehnt: „Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil.“

Die Zeit des Advents erinnert uns an das lange Warten und Hoffen Israels auf den Messias. Endlich erschien er in der Person von Jesus von Nazareth. Freudig nahm der greise Simeon, Symbolgestalt des wartenden Israels, das Jesuskind in die Arme und pries Gott mit den Worten: „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (Lk 2,29-32).      

Die Zeit des Advents erinnert an das tägliche Hoffen so vieler Menschen auf Gottes Begleitung und Segen. Sie warten auf Sein Wirken in ihrem Leben und erfahren Ihn im Wort der Schrift, im Sakrament und in der Begegnung mit anderen Menschen. So bereiten sie sich vor auf das Kommen des Herrn am Ende der Zeit. Der im August verstorbene Prior von Taizé schreibt in diesem Zusammenhang: „Die beste Vorbereitung auf das Zukünftige bleibt das Leben im Heute Gottes.“ Das freudige Warten klingt in vielen Adventsliedern und Gebeten an, so auch in einem schönen Gebet von Anton Rotzetter:

 

Öffne dich, Himmel
und regne herab
Frieden und Gerechtigkeit
Freundschaft und Liebe

 

Öffne dich, Himmel
und verschlinge
den Tod und die Tränen
die Not und das Leiden

 

P. Manfred Krause SVD