4. Adventssonntag (C)

Predigtimpuls

„Darf ich bitten?“ – Die Tanzschule des Advent

1. Lesung: Mi 5,1-4a
2. Lesung: Hebr 10,5-10
Evangelium: Lk 1,39-45

„Darf ich bitten?“ – Die Tanzschule des Advent

„Darf ich bitten?“
Darf ich bitten? Das ist eine Aufforderung zum Tanz. So haben die meisten von Ihnen das vermutlich in der Tanzschule gelernt. Auch dieses Evangelium ist so etwas wie eine adventliche Tanzschule. Unter dem Herzen der Elisabeth hüpft ein Kind vor lauter Freude. Und dieses „Hüpfen“ meint eigentlich einen Tanzschritt. Es ist ein uralter Tanz, den der Vortänzer Johannes da aufführt. So hat schon König David vor der Lade des Alten Bundes sein majestätisches Tanzbein geschwungen. Eine Tanzschule? Hier in der Kirche? Wo kommen wir da hin? Wo soll das hinführen? Nun, sie führt uns – Schritt für Schritt – in das Fest der Begegnung hinein. Die wichtigsten Tanzschritte zeigt uns heute Elisabeth. Das Fest der Begegnung. Es ist wie beim Tanzen: Ohne die richtigen Schritte kann man leicht aneinandergeraten. Denken Sie nur an Weihnachten, das Fest der Familie. Das gibt es nicht nur bei Loriot, sondern auch im richtigen Leben: Schrille Nacht, eisige Nacht. Schon wieder gestolpert über eine bissige Bemerkung. Schon wieder ausgerutscht auf einem Thema, das wir doch im großen Ausfallschritt umgehen wollen. Aber irgendein Tanzbär findet sich ja immer, dem jedes Taktgefühl fehlt. Und dann erst die Solotänzer, die Alleinunterhalter, die in jeder geselligen Runde nur auf ihr Stichwort warten, um endlich vor allen glänzen zu können.

1. Der „Hoffnungsschritt“
Lassen wir uns also von Elisabeth in die adventliche Tanzschule aufnehmen. Der erste Schritt ist der Hoffnungsschritt. Er beginnt schon, bevor ich die Festtafel decke oder ins Auto steige. Elisabeth erwartet ein Kind. Sie ist „guter Hoffnung‘ so sagen wir in einer schönen, alten Redensart. Eigentlich konnte sie mit diesem neuen Leben gar nicht mehr rechnen. Elisabeth ist eine hochbetagte Frau. Aber der Himmel macht ihr ein Geschenk: Johannes, „Jochanan“, d.h. „Gott ist gnädig“. Gott ist auch uns gnädig. Darum dürfen wir guter Hoffnung sein. Damit es auch unter uns Weihnachten werden kann, brauchen wir diese Hoffnung des Advents. In einem alten Schlagertext heißt es.- „ Onkel und Tante, ja das sind Verwandte, die man am liebsten nur von hinten sieht!“ Aber dieser Tanzschritt führt in die falsche Richtung. Elisabeth ermutigt uns zum Tanzschritt der Hoffnung. Auf den anderen zugehen. Auch wenn ich nichts mehr von ihm erwarte. Ihn nicht unter meinen Vorurteilen begraben: „Du schon wieder!“, „Der schon wieder!“, „Die ist für mich gestorben.“ Schauen wir mit Elisabeth über unsere begrabenen Hoffnungen hinaus. Das ist Advent: Auch in das dunkelste menschliche Miteinander und Gegeneinander kann das Licht der Krippe fallen. Jochanan: Gott ist gnädig.

2. Der „Segensschritt“
Der nächste Schritt: Das erste Wort, das Elisabeth an Maria richtet ist ein Segenswort: „Du bist gebenedeit.“ Wie lautet unser erstes Wort in einer Begegnung? Es muss nicht das altdeutsche „benedeien“ sein. Es muss nicht lateinisch klingen wie in unserem Ave Maria: „benedicta“. Aber es sollte etwas anklingen vom Bene – dicere. Zu Deutsch: das Gute sagen. Benedicere. Das mag jeder in seine Sprache übersetzen: „Es ist gut, dass du da bist. Es ist gut, dass es sich gibt.“ Benedicere – das Gute im Anderen sehen und sagen. „Du bist gebenedeit“ – das will sagen: Du bist kein Produkt des Zufalls in meinen Augen. Du bist – wie auch immer du bist – kein Unfall der Natur. Du bist – in jedem Fall – ein Einfall Gottes für mein Leben. Es gibt einen alten Brauch in der Adventszeit, den viele von Ihnen noch aus Kindertagen kennen. Den Brauch nämlich, Stroh einzusammeln für das Kind in der Krippe. Die Legende sagt nämlich, dass es kalt war in jenem Stall in Bethlehem. Eiszeit. Und die Legende sagt weiter, dass es die kalten Herzen der Menschen waren, die das Gotteskind in der Krippe frieren ließen. Und darum, so will es der kindliche Brauch, wartet es auf helfende Hände, die Strohhalme sammeln für das göttliche Kind; den Strohhalm eines guten Wortes, den Strohhalm einer giftigen Bemerkung, die ich herunterschlucke. Auch die warme Hand, die ich einem Gegner reiche, kann zum Strohhalm werden; und auch eine Hand, die verschenkt, ohne zu berechnen.

3. Sich von Gott bitten lassen
Und schließlich der dritte Schritt: Sich von Gott bitten lassen. Elisabeth deutet die hüpfende Bewegung unter ihrer Bauchdecke richtig: Der kleine Johannes freut sich, dass in dieser Begegnung Jesus die Mitte ist. Bei aller Mühe: Unsere Feste können sehr bemüht wirken, wenn die Mitte fehlt. Ein goldener Rahmen, der nichts darstellt. Was nützt die schönste Edelholzkrippe, wenn das Kind totgeschwiegen wird? Gott will zum Thema werden unter uns. Darum sollten wir – gerade an Weihnachten – in unseren Gesprächen nicht nur um uns selber kreisen. Ein kleiner Schritt in Seine Richtung genügt und Er ist da: Da erklingt vielleicht noch einmal die Weihnachtsgeschichte an der Familienkrippe oder ein Lied zur Heiligen Nacht (zur Not auch von einer CD). Aus den adventlichen Tanzschritten der Elisabeth hat die Kirche ein Fest gemacht: „Maria Heimsuchung“. Denn in einer solchen Begegnung feiert Gott ein Fest unter uns. Er tanzt vor Freude. So sagt es uns der Prophet Zefanja: „Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, er erneuert seine Liebe zu dir“ (Zef 3,17). So mancher Tanzschritt wird uns am Anfang schwer fallen. Es ist noch kein guter Tänzer vom Himmel gefallen. Aber an Weihnachten, da ist ein begnadeter Freudentänzer vom Himmel gekommen. Mit ihm. Mit Jesus Christus, können wir ganz klein anfangen – alle Jahre wieder! Lassen wir uns also nicht lange bitten.

 

Marc Röbel, Subsidiar