Hl. Franz Xaver (G)

Predigtimpuls

Kreuzfahrten – einmal anders

Lesung: Jes 25,6-10a
Evangelium: Mt 15,29-37

 

Probleme mit Fernreisen

Nicht alle denkbaren Reisepläne lassen sich wie gewünscht verwirklichen; manche Länder sind Besuchern gegenüber eher zurückhaltend. Ein Beispiel dafür liegt auf der Hand: Es gibt wohl wenige Länder, die in diesem Jahr so sehr das Interesse der Weltöffentlichkeit auf sich gezogen haben wie China. Neben der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung, neben dem wachsenden politischen Gewicht, neben immensen Naturkatastrophen und ausufernden ökologischen Problemen waren es vor allem die olympischen Sommerspiele, die zumindest eine Zeitlang die Aufmerksamkeit der Welt auf dieses asiatische Riesenland lenkten.

Was dabei allerdings auch deutlich wurde, sind die chinesischen Schwierigkeiten mit vielem, was international anerkannte Menschenrechte, freiheitliche Meinungsäußerung und ungehinderte Religionsausübung betrifft. Gerade letzteres macht natürlich auch dem Christentum zu schaffen, und die Kirchen haben es nicht leicht, mit einem solchen System zurechtzukommen. Eine gewisse Verschlossenheit der weiteren Umwelt gegenüber war jedoch seit Jahrhunderten schon eine Art Markenzeichen chinesischer Mentalität. Und sogar heute noch mangelt es – zumindest von staatlich-offizieller Seite her – an hinreichender Öffnung dem Religiösen gegenüber.

Dass ähnliche Situationen auch schon früher eine Rolle gespielt haben, belegt die lange Tradition der Begegnung Chinas mit dem christlichen Glauben, – eine Geschichte, die von Mut und Misstrauen und auch Missionserfolgen, aber ebenso von bitteren Enttäuschungen und harten Rückschlägen gekennzeichnet war. Nur mühsam konnte das Christentum – ganz allgemein gesprochen – in China Wurzel fassen und allmählich langsam wachsen. Aber inzwischen ist es mit seiner verhältnismäßig kleinen Zahl von Gläubigen und trotz widriger Umstände wohl unausrottbar fest verankert. In der Vergangenheit scheiterten christliche Glaubensboten allerdings häufig schon an der chinesischen Grenze, wo ihnen der Zugang einfach verwehrt blieb. Ein Beispiel dafür bietet die Biografie des Heiligen, dessen Fest wir heute begehen.

 

Reiseziele und Routenführung

Sogenannte Kreuzfahrten erfreuen sich im modernen Schiffstourismus zunehmender Beliebtheit. Aber auch Seereisen kreuz und quer über die Ozeane, bei denen vor allem das Kreuz im christlichen Sinne eine Rolle gespielt hat, haben bereits eine lange Tradition. Eine beeindruckende Veranschaulichung dafür bieten Leben und Leistung des großen Missionars Franz Xaver, der in der Mitte des 16. Jahrhunderts vor den verschlossenen Toren Chinas starb. Er stammte aus einer adligen Baskenfamilie im Norden Spaniens, wo er 1506 n.Chr. geboren wurde. Während seiner Studien in Paris lernte er Ignatius von Loyola kennen und schloss sich jener Gruppe Gleichgesinnter an, aus denen dann der Jesuitenorden hervorging.

Als junger Priester stellte er sich zur seelsorglichen Betreuung der Katholiken in der portugiesischen Niederlassung von Goa an der Westküste Indiens zur Verfügung (1542 n.Chr.). Dort dehnte er seine Tätigkeit allerdings rasch auf die einheimische Bevölkerung aus und missionierte bald darauf auch in anderen, weit entfernten Landstrichen. Durch Begegnungen mit Kaufleuten und sonstigen Reisenden in den Hafenstädten wurde er auf eine Vielfalt von Völkern und Kulturen im südostasiatischen Raum aufmerksam, wo das Evangelium offensichtlich bei der Mehrzahl der Menschen noch überhaupt nicht bekannt war. Dies wurde für Franz Xaver der Anlass zu einer unglaublich beschwerlichen Seefahrt zur Inselwelt der indonesischen Molukken (1545 n.Chr.).

Zwei Jahre später kehrte er nach Indien zurück, wo vieles zu erledigen und zu regeln war. Unter anderem plante er bereits eine Missionsreise nach Japan; tatsächlich landete er dort (1549 n.Chr.) nach einer recht abenteuerlichen Überfahrt und versuchte dann nach besten Kräften zu wirken. Aber bereits Anfang 1552 n.Chr. kehrte er wieder ins indische Goa zurück, wo er inzwischen als Oberer der Jesuiten im asiatischen Raum viel zu tun und zu entscheiden hatte. Allmählich war in Franz Xaver die Überzeugung gereift, dass das Riesenreich China für die fernöstliche Welt von größter Bedeutung war und darum auch unbedingt dort das Evangelium gepredigt werden sollte. Wegen der zu erwartenden Abneigung gegen alles Fremde wollte er um die ausdrückliche Erlaubnis der chinesischen Autoritäten für die geplante Glaubensverkündigung ersuchen. Aber es kam nicht so weit ...

 

Weltreise ohne Wiederkehr

Auf der Insel Sancian vor der Küste Chinas wartete Franz Xaver auf Möglichkeiten zum Betreten des Festlandes; doch der Zugang zum Ziel seiner Reise, zu Land und Leuten, blieb ihm versperrt. Als er plötzlich schwer erkrankte, war ihm klar, dass es für ihn von dieser „Kreuzfahrt“ kein Zurück mehr geben würde in ein irdisches Zuhause. Tatsächlich stand für ihn nur noch ein einziges Tor offen: im Hafen der himmlischen Heimat hat seine Lebensreise ihr Ende gefunden. In der Nacht zum 3. Dezember 1552 n.Chr. starb er, erst 46 Jahre alt, einsam, ohne Sakramente und priesterlichen Beistand, in den Armen eines jungen Chinesen, der ihn schon auf der ganzen Fahrt begleitet hatte und ihm als Dolmetscher dienen sollte.
Franz Xaver gilt als einer der größten Glaubensboten der katholischen Missionsgeschichte. Das Besondere dieser überragenden Gestalt liegt jedoch weniger in den zahlreichen und äußerst gefährlichen Reisen, die er unternommen hat, sondern ohne Zweifel in seiner ungeheuer konsequenten und kompromisslosen Grundhaltung, die ihn im Dienst der Evangelisierung immer charakterisiert hat. Seine Tätigkeit als Missionar hat er niemals nur auf die priesterliche Betreuung bereits Getaufter beschränkt. Er ist vielmehr ganz bewusst auch in fernsten Ländern den vielen Menschen nachgegangen, die noch nichts von Christus wussten. Und er hat sich nicht gescheut, die weitere Betreuung der Neugetauften seinen Mitarbeitern und Nachfolgern anzuvertrauen, um sich selber über alle Grenzen hinaus unter schonungslosem Einsatz seiner vollen Kraft der Erstevangelisierung jener Nichtchristen zu widmen, deren ewiges Seelenheil ihm stets zutiefst am Herzen lag. Man mag seine unermüdliche Tauftätigkeit heute vielleicht unter etwas anderen theologischen und kulturellen Voraussetzungen sehen als dies zu seiner Zeit üblich war. Tatsache aber bleibt, dass Franz Xaver einen faszinierenden Modellfall christlichen Missionarseins darstellt, auch wenn in der praktischen Ausübung dieses Sendungsauftrages durchaus verschiedene Schwerpunktsetzungen möglich erscheinen. Unverändert gültig für jede denkbare Situation ist aber das Beispiel seines tiefen Gebetslebens, seines unerschütterlichen Gottvertrauens, seines geradezu unersättlichen Wunsches zur Begegnung mit allen Menschen, zum respektvollen Umgang mit ihren Sprachen und Eigenheiten und – wo alles andere versagte – zur vorbehaltlosen Liebe, die niemanden ausschloss. 1622 n.Chr. wurde Franz Xaver heiliggesprochen, später zum Schutzpatron von Indien und ganz Fernost erhoben. Auch China, das er selber nicht mehr erreichte und dessen völlige Öffnung immer noch auf sich warten lässt, ist seiner Fürsprache anvertraut. Der Zeugnis- und Vorbildcharakter dieser außerordentlichen Missionarsgestalt hat nichts an Aktualität verloren: die katholische Kirche verehrt Franz Xaver heute als Patron ihrer ganzen Weltmission.

 

P. Dr. Eugen Nunnenmacher SVD