Gründonnerstag - Nachtwache mit dem Herrn

Liturgische Bausteine

Meditativer Gottesdienst mit Schriftpassagen aus dem Alten Testament (Klageliedern) Thema: Die Einsamkeit und Todesangst Jesu und das Leid des/der Menschen

[Zur Übertragung des Allerheiligsten:
GL 543 „Pange, lingua, gloriósi córporis mystérium, …“ oder:
GL 544 „Das Geheimnis lasst uns künden …“ ]
(siehe „Gründonnerstag - Liturgie“)


Am Aufbewahrungsort des Allerheiligsten:
GL 764: Litanei von der Gegenwart Gottes


Zum sakramentalen Segen:
GL 541 „Tatum ergo“ oder:
GL 542 „Sakrament der Liebe Gottes“

Stille

Versuchen wir uns gemeinsam die Situation Jesu vor Augen zu führen. Nur noch wenige Stunden trennen ihn von dem unsäglichen Leid, das man ihm antun wird. Er fühlt sich einsam und verlassen – das drohende Unheil nähert sich unaufhaltsam …

Die Not der Menschen, - ob Opfer von Gewalt und Krieg, von Ausbeutung und Diskriminierung, von Natur- oder selbst provozierten Katastrophen - spiegelt sich im Leiden Jesu. In seiner Verzweiflung sucht Jesus Halt beim Vater und nimmt alles Leid der geschundenen Menschheit mit vor Ihn …

Denken wir an die Menschen, die sich in den Ländern Nordafrikas nach Freiheit sehnen.

Denken wir an die Menschen, die wegen ihrer Glaubensüberzeugung verfolgt und Opfer von Fanatikern werden.

Denken wir an all jene, die noch in Haiti im Freien oder in den Trümmern leben.

Denken wir an die Japaner, die durch die zerstörte Heimat irren und verzweifelt nach ihren Lieben suchen und nicht Abschied nehmen können.

Denken wir an die Menschen die versuchen, gegen eine atomare Verseuchung zu kämpfen, und selbst Opfer werden.

Denken wir an die Obdachlosen, die Opfer unseres Wirtschaftssystems, die Arbeitslosen und die Kranken.

Leid begleitet das Leben des Menschen. Oft bleibt er allein mit der Frage nach dem Sinn.

Wenn wir in diesen Tagen die Passion Jesu begleiten, lasst uns all diejenigen in unser Gebet einschließen, die keine Hoffnung haben. Wenn wir fassungs- und sprachlos vor dem menschlichen Schicksal stehen, – Jesu Weg zeigt uns die Richtung: Gott will nicht den Tod, - auch wenn vieles dagegen zu sprechen scheint – er will das Leben!


Stille


Aus den Klageliedern (1,12f.14b.16a.20a.21a)
Ihr alle, die ihr des Weges zieht, / schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz, / den man mir angetan, mit dem der Herr mich geschlagen hat /am Tag seines glühenden Zornes.

Aus der Höhe sandte er Feuer, / in meine Glieder ließ er es fallen. Er spannte ein Netz meinen Füßen, / rücklings riss er mich nieder. Er machte mich zunichte / und siech für alle Zeit.

… Sie [meine Feinde] stiegen mir über den Hals; / da brach meine Kraft. Preisgegeben hat mich der Herr, / ich kann mich nicht erheben.

Darüber muss ich weinen, / von Tränen fließt mein Auge. Fern sind alle Tröster, / mich zu erquicken. …

Herr, sieh an, wie mir angst ist. / Es glüht mir in der Brust; mir dreht sich das Herz im Leibe, …

Hör, wie ich stöhne; / ich habe keinen Tröster. All meine Feinde hörten von meinem Unglück, / freuten sich, dass du es bewirkt hast. …


Stille


Lied: „Bleibet hier und wachet mit mir, /:wachet und betet:/ (Taizé)


Gebet: GL 31.4 Verantwortung für die Welt (gemeinsam beten)

„Herr, zeig uns die Welt, wie sie wirklich ist. / Zeig uns die Aufgaben, die auf uns warten. / Lass uns erkennen, wo Du uns brauchst: / im Einsatz für Deine Ordnung, / im Eintreten für das Recht, / im Kampf gegen den Hunger, / in den Rassenkonflikten, / in brüderlicher Hilfe für Verfemte, Außenseiter und Kriminelle.
Wie Jesus sich der Armen, der Ausgestoßenen und Verachteten annahm, / so soll auch durch uns Deine Liebe in der Welt sichtbar werden.


Aus den Klageliedern (3,1-26)
Ich bin der Mann, der Leid erlebt hat / durch die Rute seines Grimms.

Er hat mich getrieben und gedrängt / in Finsternis, nicht ins Licht.

Täglich von neuem kehrt er die Hand / nur gegen mich.

Er zehrte aus mein Fleisch und meine Haut, / zerbrach meine Glieder,

umbaute und umschloss mich / mit Gift und Erschöpfung.

Im Finstern ließ er mich wohnen / wie längst Verstorbene.

Er hat mich ummauert, ich kann nicht entrinnen. / Er hat mich in schwere Fesseln gelegt.

Wenn ich auch schrie und flehte, / er blieb stumm bei meinem Gebet.

Mit Quadern hat er mir den Weg verriegelt, / meine Pfade irregeleitet.

Ein lauernder Bär war er mir, / ein Löwe im Versteck.

Er hat mich vom Weg vertrieben, / mich zerfleischt und zerrissen.

Er spannte den Bogen und stellte mich hin / als Ziel für den Pfeil.

In die Nieren ließ er mir dringen / die Geschosse seines Köchers.

Ein Gelächter war ich all meinem Volk, / ihr Spottlied den ganzen Tag.

Er speiste mich mit bitterer Kost / und tränkte mich mit Wermut.

Meine Zähne ließ er auf Kiesel beißen, / er drückte mich in den Staub.

Du hast mich aus dem Frieden hinaus gestoßen; / ich habe vergessen, was Glück ist.

Ich sprach: Dahin ist mein Glanz / und mein Vertrauen auf den Herrn.

In meine Not und Unrast denken / ist Wermut und Gift.

Immer denkt meine Seele daran / und ist betrübt in mir.

Das will ich mir zu Herzen nehmen, / darauf darf ich harren:

Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft, / sein Erbarmen ist nicht zu Ende.

Neu ist es an jedem Morgen; / groß ist deine Treue.

Mein Anteil ist der Herr, sagt meine Seele, / darum harre ich auf ihn.

Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, / zur Seele, die ihn sucht.

Gut ist es, schweigend zu harren / auf die Hilfe des Herrn.


Stille

Lied: „Bleibet hier und wachet mit mir, /:wachet und betet:/ (Taizé)


Gebet aus Afrika: GL 9.1 (gemeinsam beten)

„Ich habe keinen anderen Helfer als Dich, / keinen anderen Erlöser, / keinen anderen Halt. / Zu Dir bete ich. / Nur Du kannst mir helfen. / Die Not ist zu groß, in der ich jetzt stehe. / Die Verzweiflung packt mich an, und ich weiß nicht mehr ein noch aus. / Ich bin ganz unten, / ich komme allein nicht mehr hoch, nicht heraus. / Wenn es Dein Wille ist, dann befreie mich aus dieser Not. / Lass mich wissen, / dass du stärker bist als alle Not und alle meine Feinde.
O Herr, wenn ich durchkomme, / dann lass doch diese Erfahrung zu meinem Heil/ und dem meiner Schwestern und Brüder beitragen. / Du verlässt mich nicht. / Ich weiß das.


Aus den Klageliedern (3,51-64)
Mein Auge macht mich elend /vor lauter Weinen in meiner Stadt.

Wie auf einen Vogel machten sie Jagd auf mich, / die ohne Grund meine Feinde sind.

Sie stürzten in die Grube mein Leben / und warfen Steine auf mich.

Das Wasser ging mir über den Kopf; / ich sagte: Ich bin verloren.

Da rief ich deinen Namen, Herr, / tief unten aus der Grube.

Du hörst meine Stimme. / Verschließ nicht dein Ohr / vor meinem Seufzen, meinem Schreien!

Du warst nahe am Tag, da ich dich rief; / du sagtest: Fürchte dich nicht!

Du, Herr, hast meine Sache geführt, / hast mein Leben erlöst.

Du, Herr, hast meine Bedrückung gesehen, / hast mir Recht verschafft.

Du hast gesehen ihre ganze Rachgier, / all ihr Planen gegen mich.

Du hast ihr Schmähen gehört, o Herr, / all ihr Planen gegen mich.

Das Denken und Reden meiner Gegner / ist gegen mich den ganzen Tag.

Blick auf ihr Sitzen und Stehen! / Ein Spottlied bin ich für sie.

Du wirst ihnen vergelten, Herr, / nach dem Tun ihrer Hände.


Stille

Lied: „Bleibet hier und wachet mit mir, /:wachet und betet:/ (Taizé)

Gebet von Dietrich Bonhoeffer: GL 9.2 (gemeinsam beten)

„Herr, Gott, großes Elend ist über mich gekommen. / Meine Sorgen wollen mich erdrücken. / Ich weiß nicht ein noch aus. / Gott, sei mir gnädig und hilf! / Gib Kraft zu tragen, was Du mir schickst. / Lass die Furcht nicht über mich herrschen, / sorge Du väterlich für die Meinen.
Barmherziger Gott, vergib mir alles, / was ich an Dir und den Menschen gesündigt habe. / Ich traue Deiner Gnade und gebe mein Leben ganz in Deine Hand. / Mach Du mit mir, wie es Dir gefällt / und wie es gut für mich ist. / Ob ich lebe oder sterbe, / ich bin bei Dir, / und Du bist bei mir, mein Gott. / Herr, ich warte auf Dein Heil und auf Dein Reich.“


GL 295.2-3 „Was helfen uns die schweren Sorgen“


Wir können dem Leid standhalten, weil es für uns eine Hoffnung gibt, eine Hoffnung, die über das Kreuz hinausgeht. Gehen wir mit Jesus, gehen wir mit allen Leidenden dieser Welt zum Ölberg hinauf, durchleiden wir den Karfreitag mit all seiner Entmenschlichung und Erniedrigung in der Hoffnung: Der Herr lebt!

P. Karl Jansen SVD