Hochfest des Leibes und Blutes Christi – Fronleichnam

Predigtimpuls

„Esst, was ihr seid: Leib Christi! Werdet, was ihr esst: Leib Christi!“

1. Lesung: Dtn 8,2-3.14b-16a
2. Lesung: 1 Kor 10,16-17
Evangelium: Joh 6,51-58

 

Einführung

Fronleichnam. Das katholischste aller Feste! Ein Wort und ein Fest, von vielen – auch Katholiken – nicht mehr verstanden. 

In das seltsam klingende mittelhochdeutsche Wort – mit der Bedeutung Leib des Herrn – haben Katholiken sich so gewöhnt, dass auch nach der offiziellen Änderung des Namens in Hochfest des Leibes und Blutes Christi das Fest weiterhin Fronleichnam genannt wird.

Ist es aber immer noch „das katholischste aller Feste“? Unseren evangelischen Mitchristen war wegen ihres unterschiedlichen Verständnisses der Eucharistie bzw. des Abendmahls am Fronleichnamsfest mit seiner Prozession lange nichts gelegen. 

Aber das Verständnis der Eucharistie hat sich auch unter Katholiken gewandelt. Lag im Unterschied zum protestantischen Verständnis bei uns Katholiken der Akzent eher auf der bleibenden Gegenwart Jesu in der Gestalt des eucharistischen Brotes, wird die Eucharistie heute ganzheitlicher und dynamischer gesehen. 

Und so gilt vielen das Fronleichnamsfest - nach dem Titel eines Buches von Guido Fuchs – als ein „Fest in Bewegung“. Wurde es früher in Abgrenzung von unseren evangelischen Mitchristen als ein im konfessionellen Sinne katholisches Fest gesehen, so sind wir heute auf gutem Wege, Fronleichnam als ein im ursprünglichen Sinn des Wortes katholisches, allumfassendes Fest zu verstehen. 

 

Hauptteil

Denken wir ein wenig über die in diesem Sinne katholische Bedeutung dieses Festes nach, nicht so sehr über die äußere Feier dieses Festes, die Prozession, sondern über die Eucharistie selbst, über das, was wir jetzt und in jeder Eucharistie feiern und in unserem Alltag leben wollen.

Die folgenden Zeilen eines Gedichtes von Lothar Zenetti sind vielleicht nicht unbekannt:
„Frag‘ 100 Katholiken: "Was ist das Wichtigste an der Kirche?"
Und sie werden dir sagen: "Die Messe."
Frag‘ 100 Katholiken: "Was ist das Wichtigste an der Messe?"
Und sie werden dir sagen: "Die Wandlung." 

1. Ja, die Wandlung und das Erheben der Hostie und des Kelches galten vielen – wohl noch bis heute - als der Höhepunkt der Eucharistiefeier. Das Geläute der Glocken und das Niederknien der Gläubigen – um nur diese beiden Zeichen zu nennen – deuten darauf hin. Und an Fronleichnam schien manchen Katholiken die Prozession an diesem Fest wichtiger zu sein als die Feier des Leibes und Blutes Christi selbst.

Unseren Glauben an die Eucharistie zu vertiefen, dürfte es hilfreich sein, die Wandlung sowie den Leib und das Blut Christi im Zusammenhang der ganzen Feier zu sehen, wobei wir uns auf das Geschehen am Tisch des Brotes, das ja der Feier des Wortes folgt, beschränken. Dabei halten wir uns an die traditionelle Dreiteilung: die Bereitung oder Darbringung der Gaben von Brot und von Wein, das Eucharistische Hochgebet mit den Einsetzungs- oder Wandlungsworten und mit dem Empfang des Leibes und Blutes Christi, der heiligen Kommunion.

Leib und Blut Christi liegen ja nicht schon zu Beginn der Eucharistiefeier auf dem Altar, sind nicht von Anfang an sozusagen statisch vorhanden. Die Eucharistiefeier ist ein Geschehen, in dem der Leib Christ WIRD, indem das Brot und der Wein verwandelt werden.

Brot und Wein – „Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“ heißt es im Preisgebet der Gabenbereitung. Frucht der Erde – ein Wort, das uns an den Schöpfungsbericht erinnert. In die Pflanzen jeglicher Art hat der Schöpfer den Samen gelegt, dass sie daraus Frucht bringen (Gen 1,11f). Und die ganze Schöpfung, im Symbol des Gartens Eden, hat er dem Menschen anvertraut, damit er sie „bebaue und hüte“ (Gen 2,15). 

Brot und Wein – Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Der von Gott geschenkte Samen, von Menschen gesät, gehegt, gepflegt, geerntet, gedroschen, gemahlen, gebacken wurde zu einem Brot aus vielen Körnern. Ähnlich ist der Wein, in vielen Reben gewachsen und aus vielen Trauben gekeltert, Frucht, Ergebnis der von Gott geschaffenen und geschenkten Erde und der menschlichen Mitarbeit.

Bei der Erhebung der Gaben während der Gabenbereitung preisen wir in dankbarer Anerkennung das Ergebnis von Gottes Gabe und menschlicher Aufgabe. Vor uns steht das Bild des Schöpfergottes, des Freundes des Lebens, der uns in Freiheit und Verantwortung mitarbeiten lässt an seiner und somit auch unserer Schöpfung.

Eucharistie, Dank können wir nur sinnvoll und würdig feiern, wenn wir dies genügend bedenken. Schon unsere Schöpfung ist Grund genug, Gott immer und überall zu danken.

 

2. Brot und Wein bringen wir vor Gottes Angesicht, dass sie uns zum „Brot des Lebens“ und „Kelch des Heiles“ werden. Diese Bestimmung von Brot und Wein wird Wirklichkeit nicht durch unser menschliches Tun, sondern durch die Herabkunft und die Heiligung des Heiligen Geistes. Durch ihn werden die Gaben von Brot und Wein verwandelt in den Leib und das Blut Christi.

Diese Wandlung ist erinnernde Vergegenwärtigung dessen, was Jesus beim Letzten Abendmahl und in Vorwegnahme seiner Selbsthingabe in Tod und Auferstehung – für uns und um unseres Heiles willen getan hat. „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und Deine Auferstehung preisen wir…“ Das ist das Herz der Eucharistiefeier: das Gedenken und Gegenwärtigsetzen von Jesu Selbsthingabe in Tod und Auferstehung.

 

3. Eine zweite Bitte um den Heiligen Geist bereitet uns vor auf den Höhepunkt der Feier des Leibes und Blutes Christi, der heiligen Kommunion. Diese wird in den Hochgebeten verschieden ausgedrückt: „Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden durch den Heiligen Geist.“ – “Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir e i n Leib und     e i n Geist werden in Christus.“ – Lass alle, „die Anteil erhalten an dem e i n e n Brot und dem e i n e n Kelch, e i n L e i b werden im Heiligen Geist.“ 

In diesen Bitten wird deutlich, dass die heilige Kommunion nicht ausschließlich zu verstehen ist als die persönliche Vereinigung des einzelnen Gläubigen mit dem Herrn durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi; es geht ebenso und vielleicht noch mehr um die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander, die durch den Empfang des eucharistischen Brotes zum Leib Christi, zum mystischen Leib, wie man früher sagte, werden. 

Schon in den ältesten liturgischen Texten drückt sich dieses bis in die apostolische Zeit zurückgehende katholische, d.h. all-umfassende Glaubensverständnis der Eucharistie aus.

Der Apostel Paulus sagt in seinem 1. Brief an die Korinther – in der zweiten Lesung des heutigen Hochfestes: „Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele e i n Leib; denn wir alle haben Teil an dem einen Brot.“ (1 Kor 10,16b-17)

Dieses Pauluswort wird vom Kirchenlehrer Augustinus wie folgt kommentiert: "‘Ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen‘ (1 Kor. 10,17). Versteht das Sakrament und freut euch: denn es versinnbildet die Einheit, die Wahrheit, die Ehrfurcht und die Liebe. Ein Brot: Wer ist dieses eine Brot? Die Vielen, die der eine Leib sind.

Er sagt an anderen Stelle: „Wenn du also den Leib Christi verstehen willst, höre den Apostel, der den Gläubigen sagt: "Ihr aber seid der Leib Christi und seine Glieder" (1 Kor 12,27). Wenn ihr also Leib und Glieder Christi seid, dann liegt euer Geheimnis auf dem Tisch des Herrn: Euer Geheimnis empfangt ihr.“

Und weiter: „Zu dem, was ihr seid, antwortet ihr Amen. Diese Antwort ist eure Unterschrift. Du hörst: Leib Christi, und antwortest: Amen. Sei ein Glied am Leib Christi, damit dein Amen wahr sei!“

Schließlich hat er sein Eucharistieverständnis auf die inhaltsreiche und einprägsame Formel gebracht: „Esst, was ihr seid: Leib Christi! Werdet, was ihr esst: Leib Christi!“

Dass sich darin das im ursprünglichen Sinne katholische Eucharistieverständnis ausdrückt, bezeugt der Satz, in dem Katholiken und Orthodoxe 1982 die gemeinsame Glaubensüberzeugung der beiden Kirchen formulierten: „Der Geist verwandelt die geheiligten Gaben in den Leib und das Blut Christi, damit sich das Wachsen des Leibes, der die Kirche ist, vollendet.“ 

 

Schluss

Die drei Teile der Feier am Tisch des Brotes, gemeinhin mit Gabenbereitung, Wandlung und Kommunion bezeichnet, lassen sich in drei Schlüsselworten zusammenfassen: Gabe, Hingabe und Teilgabe. 

Gabe: Brot und Wein, Gabe des Schöpfers, durch menschliches Tun aus vielen Körnern und Trauben bereitet; 

Hingabe: Brot und Wein, verwandelt in den Leib und das Blut seines Sohnes, den Gott – und der sich selbst – aus Liebe für uns hingegeben hat; 

Teilgabe: das gebrochene und geteilte Brot und der ausgeteilte Wein, Teilnahme und Teilgabe am Leib Christi, die uns zum Leib Christi werden lassen, die uns verwandeln in den Leib Christi. 

Fest des Leibes und Blutes Christi: „Esst, was ihr seid: Leib Christi! Werdet, was ihr esst: Leib Christi!“

Amen.

 

P. Dr. Ludger Feldkämper SVD