Hl. Petrus und Hl. Paulus (H)

Predigtimpuls

Schwach und doch groß

Lesung: Apg 12,1-11
Lesung: 2 Tim 4,6-8.17-18
Evangelium: Mt 16,13-19

Wir nennen sie „Apostelfürsten“, die beiden großen Heiligen des heutigen Tages. Mit viel Ehrfurcht verharren wir vor diesem Titel, der weniger etwas (oder besser gar nichts) mit fürstlichem Machtgehabe zu tun hat, als mit der wahrhaft fürstlichen Würde dieser ersten Diener des Christentums. Denn wenn wir genau hinschauen, dann waren sie vom „Eifer für sein Haus“ beseelt und scheuten weder Mühe noch Not, Gottes Wort zu den Menschen zu bringen.

Die neu aufstrebende Glaubensgemeinschaft der Christen – wer auch immer die neutestamentlichen Autoren waren – hielten mit der Wahrheit über ihre charismatischen Führer nicht hinter dem Berg. Schonungslos offen wird uns auch von ihren Fehlern und Schwächen berichtet. War Saulus ein erbitterter Verfolger, ja Mörder der Christusanhänger, so machte ihn eine Begegnung mit dem Auferstandenen zu dem wohl wortgewaltigsten und geschicktesten Missionar nicht nur seiner Zeit. Der „Fürst“ quälte sich auf langen Reisen, gründete Gemeinden, lebte von seiner Hände Arbeit, war Gefangener und starb, wie uns die Tradition berichtet, den Märtyrertod.

Und Petrus? Anders, aber auch nicht der geborene „Saubermann“ ...! In wie viele Fettnäpfchen ist er getreten? bis der Herr ihn einmal so richtig zurechtgewiesen hat: „Weiche von mir Satan!“ Sein Glaube war zögerlich, denn er drohte zu versinken, als er Jesus auf dem Wasser entgegenging; es war nicht der tragende Glaube eines Musterschülers. Aber ein wirklicher Schauder der Schmach und des Abgrunds erfasst uns doch immer wieder, wenn wir an seinen Verrat nach der Kreuzigung denken. Allein ihm ist die kommende Mission anvertraut; er wird als „Fels“ der zu errichtenden Gemeinde auserwählt. Heute würde man sagen: „Er ist in die Rolle hineingewachsen.“ Und wie er in sie hineingewachsen ist! Sicherlich berichtet uns das 15. Kapitel der Apostelgeschichte vom Höhepunkt seiner Tätigkeit, wenn dort Petrus auf dem Apostelkonzil das Wort ergreift und über alle Schatten springt, die seine jüdische Tradition ihm hätte werfen können. Er erkennt die Entscheidung Gottes: Den ehemals Nichtgläubigen sind keine weiteren Lasten aufzuerlegen, denn Gott selbst hat gewollt, dass sie zum Glauben kommen. Menschliche Größe, die nicht in Worte zu fassen ist, weil er wirklich auf den ANDEREN hört und sich und all seinen religiösen und kulturellen Ballast hinten anstellen kann. Das schöne und gehaltvolle Wort des französischen Schriftstellers Paul Claudel trifft auf Petrus in besonderer Weise zu: „Nichts kann den Menschen mehr stärken, als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt.“ Petrus hatte das Vertrauen seines Herrn, auch wenn er es - „menschlich gesprochen“ – nicht immer verdient hätte. 

Wir sehen diese beiden – und auch andere Heilige – gerne als Vorbilder, als Männer und Frauen, die uns etwas zu sagen haben, die uns auch etwas vorgelebt haben. Menschen, denen wir es gerne nachtun würden, denn sie waren unglaublich groß und haben mit Gottes Hilfe so viel bewegt.

Petrus und Paulus sind Kontrastprogramm zu sehr vielem und vielen in Gesellschaft und Kirche und das sind sie nicht nur für diejenigen, die ganz oben stehen.

Wir sehnen uns doch alle nach Leitfiguren, die authentisch sind, die glaubwürdig sind, die bescheiden sind, die sich mühen und im Innersten ihre Mission über alles stellen, auch über ihre eigenen Interessen. Diese gibt es und es gäbe sie noch viel häufiger, wäre das „Fußvolk“ nicht so blind und manchmal auch in Dummheit versunken. Wer unter uns einer sein will, der muss Aufmerksamkeit auf sich ziehen, der muss Werbung machen, der muss sich mit viel Tamtam in den Mittelpunkt stellen. Wer still und kompetent seine Arbeit tut, der ist nicht in den Medien, dem hört auch kaum einer wirklich zu. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an einen ganz ruhigen, unglaublich gescheiten und besonnenen Politiker, der aber den ganzen Rummel um seine Person nicht wollte. Er wurde bald abgewählt und ging wieder seinem erlernten Beruf als Rechtsanwalt nach; man sagte, er hätte nicht einmal den Menschen zuwinken können. Wer kann sich vom Zuwinken etwas erhoffen? Aber das wollen wir: Schein, Getöse, ja den schillernden Auftritt. Fragen wir nach dem Herz, das dahinter steht? Fragen wir nach der Arbeit, die einer macht? Fragen wir nach der Sorge, die einen in seinem Tun bewegt? Immer seltener! Sympathisch, dynamisch, gut aussehend und vor allem „cool“ müssen die sein, denen wir dann gerne zuhören. Natürlich trifft das hier Gesagte auf keinen einzigen zu, der hier anwesend ist, aber die medientechnischen Erhebungen beweisen das Gegenteil. Es ist so ein bisschen wie vor Jahren in einer Werbesendung für McDonald, da sagte Thomas Gottschalk auch: „Keiner geht zu McDonald, wenn man ihn danach fragt, aber interessanterweise sind die Restaurants immer voll.“

Petrus und Paulus, zwei Menschen mit teilweise unrühmlicher Vergangenheit, von denen ohne Vorbehalte berichtet wird, die authentisch sind. Zwei Leitfiguren, die sich abmühten, ja richtig schufteten, die keinen Prunk um sich herum aufbauten, die wahrhaft Diener waren; zwei Menschen, die Gott die erste Stelle gaben; zwei, denen wir gerne glauben, nicht nur weil sie ihr Leben gaben.

Groß ist meine Sehnsucht nach solchen Köpfen, nach solchen Menschen, nach solchen Herzen! Groß ist meine Sehnsucht nach Kirchenfürsten, die weniger ihre Paläste und Roben im Blick haben, als vielmehr das Heil und den Glauben der ihnen Anvertrauten ... und die diese dort abholen, wo sie sind.

Groß ist aber auch meine Sehnsucht nach einem weniger effekthaschendem „Fußvolk“, einer reflektierenden Gesellschaft, die dem wirklich Wertvollen Tribut zollt.

Petrus und Paulus, sie stehen für Gottes Bund mit uns! ER, der Allmächtige, beruft die Schwäche, um das ganz Große in Szene zu setzen. Ja, die Schwäche, aber auch den unbedingten Willen zum Dienst ohne Vorbehalte. Gottes Größe geht nur diesen Weg.

P. Fabian Conrad SVD