Mariä Aufnahme in den Himmel (H)

Predigtimpuls

Der Freund für den ich dir, o Gott, danke, ist eine Frau

1. Lesung: Offb 11,19a; 12,1-6a.10ab
2. Lesung: 1 Kor 15,20-27a
Evangelium: Lk 1,39-56

 

Ich begegne immer wieder Menschen, unter ihnen auch Katholiken, die mit dem heutigen Marienfest nichts anzufangen wissen und die es für überflüssig halten. Mich persönlich macht es froh. Denn jetzt ist nicht nur Jesus, also ein Mann, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen, sondern auch Maria, eine Frau. Das zeigt doch, wie Gott über die Frau(en) denkt, obwohl es sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Selbst die Kirche hat sich bis heute nicht zu eigen gemacht, wie Jesus den Frauen begegnete, sondern sie ließ sich den Zeiterscheinungen und den Vorurteilen gegenüber den Frauen leiten. Und diese waren nicht gut.

Es hat Heilige gegeben, die in einer ganz üblen Weise über die Frauen gesprochen haben. Ich persönlich würde jemanden, der in einer negativen Art und Weise über Frauen spricht, nicht heiligsprechen. Aber, das habe ich ja nicht zu entscheiden.

Es ist nur schade, dass die halbe Menschheit so missachtet wird, zumal in der Kirche, wo es doch eigentlich anders sein sollte. Bedauernswerterweise hat sie sich mehr vom Zeitgeist beeinflussen lassen als von der Art und Weise, wie Jesus den Frauen begegnete und wie Gott über die Frau denkt.

Man sagt natürlich, Maria war sündelos, war rein. Und sie war es wert, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen zu werden. Die anderen Frauen, das sind ja alles Töchter Evas. In meiner Jugend, auch in meiner Ordensjugend, habe ich in dieser Weise über die Frauen sprechen hören und bin erzogen worden zu einer großen Furcht vor den Frauen, - nicht Ehrfurcht, sondern wirklich Furcht vor den Frauen. Am Besten hält man sich von ihnen fern, wurde uns gesagt. Ist das nicht schade, dass man mit Angst vor Frauen ins Leben hinaus geschickt wird?

Als Soldat habe ich auch nie eine Frau kennengelernt. Viel später hatte ich Gelegenheit, kluge und gute Frauen kennenzulernen, die mir die Angst vor der Frau genommen haben; die mir gezeigt haben, wie wertvoll die Frau ist in ihrer Weiblichkeit und in dem, was Gott ihr, von der Schöpfung her, mitgegeben hat.

Man kann sagen, es ist eine Gnade, wenn man im Leben einen Freund findet, es ist aber eine besondere Gnade, wenn ich jetzt sagen kann, dass dieser mein Freund, o Gott, für den ich dir danke, eine Frau ist. Ich glaube, das ist wirklich eine Gnade, wenn man so im Leben zu beten lernt, dass die Begegnung mit einer Frau eine Gnade ist.

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen, nicht dass sie einander verführen und zum Bösen gereichen, sondern es liegt ein großer Segen über beiden: der Schöpfersegen. „Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde …“ (Gen 1,28a). Nur - wir haben es noch nicht erkannt, geschweige denn, verstanden. Und es müsste sich noch mehr - gerade in unserer Kirche - durchsetzen, dass der Schöpfersegen auf beiden ruht, auf Mann und Frau. Und - dass sie einander zum Segen sind.

Übrigens ist interessant zu beobachten, wie es in unserer Steyler Missionsgesellschaft gegangen ist. Pater Arnold Janssen, unser Stifter, hat drei Ordensgemeinschaften gegründet:

die „Gesellschaft des göttlichen Wort“, die „Dienerinnen des Hl. Geistes“, unsere Missionsschwestern, und die „Dienerinnen des Hl. Geistes von der ewigen Anbetung“, unsere Anbetungsschwestern.

 

Obwohl diese drei Gemeinschaften von ihm gegründet wurden und im selben Ort nebeneinander in ihren Klöstern leben, gab es doch praktisch keine Verbindung. Natürlich, wir als Priester, haben den Schwestern die hl. Messe gefeiert, Exerzitien und Vorträge gehalten. Aber die Schwestern haben uns geistlich „nichts geben können“. Dies hat sich glücklicherweise seit einigen Jahren geändert. Unsere Missionsschwestern halten bei uns Vorträge und werden zu unseren Beratungen hinzugezogen. Sie versehen nicht nur den Dienst in unseren Küchen und Altenheimen, sondern sie haben uns geistlich etwas zu bieten. – So sollte es sein. Warum das allerdings 100 Jahre gedauert hat, bis es soweit war, ist eigentlich nicht zu verstehen. Vielleicht war es gut, dass unsere Schwesterngemeinschaften zuerst einmal wirklich selbstständig und eigenständig werden, sich abnabeln konnten. Wir – unsererseits mussten reif werden für sie; wir mussten lernen, dass auch sie uns geistig etwas mitzugeben haben.

Wie schön wäre es, wenn die Frau(en) auch in der gesamten Kirche mehr zum Tragen käme(n); ohne Zweifel, eine Bereicherung.

In letzter Zeit beschäftige ich mich sehr viel mit den Mystikerinnen des Mittelalters. Es ist großartig und beeindruckend, was man da lesen kann. Es ist keine hohe Theologie, die man dort findet, wohl aber die tiefe Beziehung – die Liebesbeziehung – zwischen Gott und der jeweiligen Autorinnen.

Unfassbar, dass man sie deshalb verachtete, verfolgt und als Häretiker, vom Glauben abgefallene, verurteilte und auf den Scheiterhaufen brachte. Margareta Poréte z. B. wurde mit samt des Buches, das sie geschrieben hatte, Opfer dieser Hetzkampagne gegen Frauen und in Paris verbrannt.
Gott sei Dank ist das Geschichte. Unsere Aufgabe heute ist, nicht die gleichen Fehler zu machen, sondern aus der Geschichte zu lernen, uns dafür einzusetzen, dass wir, Mann und Frau, miteinander in der Kirche leben, gemeinsam kirchliches Leben gestalten in der Liebe zu Gott und zueinander.

 

P. Dr. Alois Kehl SVD