13. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Das Risiko zu glauben

1. Lesung: 2 Kön 4,8–16
2. Lesung: Röm 6,3-11
Evangelium: Mt 10,37-42

Das Umfeld

Das 10. Kapitel des MtEv ist der Jüngersendung gewidmet. Jesus hat seine Sendung nicht allein erfüllt, sondern hat Mitarbeiter für das Reich Gottes berufen. Diese stattet er mit seiner eigenen Vollmacht aus, so dass sie wie er selbst wirken dürfen, das heißt sie verkünden das Kommen Gottes und erweisen es durch Zeichen. Wie Jesus selbst sollen sie die Menschen für Gott und sein Reich gewinnen.

Jesus macht sie aufmerksam, dass diese Verkündigung nicht nur Freude bewirkt, sondern auch Widerstand (10, 16). Zugleich bestärkt er sie, keine Angst zu haben (10, 26). In diesen Hinweisen dürfen wir bereits die Sorge der jungen Kirche sehen, die Widerstand und Verfolgung erfährt.

 

Irritation

Abgesehen von diesem Widerstand kann das Evangelium auch heute irritieren oder zumindest überraschen. Ein Beispiel aus Damaskus, das ich bei einer Messe mit einer kleinen Schar von Frauen und Männern erlebt habe. Der Priester sprach anstatt einer Predigt mit den Leuten. Doch plötzlich wurde die Schar unruhig und auf einmal redeten alle durcheinander. Da nahm der Pater die Bibel, schlug sie auf, sofort beugten sich einige darüber. Darauf nickten sie den anderen zu, der Pater sprach weiter und alle schienen wieder beruhigt. Im Auto erfuhr ich den Grund der plötzlichen Aufregung. Der Pater ließ sich von den Leuten schildern, wie sie sich Jesus vorstellten. Natürlich zeichneten sie das Bild eines „lieblichen, sanften und friedvollen“ Jesus. Auf seine Frage, ob Jesus wirklich den Frieden oder gar Kampf und Gewalt bringe, konnten sie sich Gewalt in Zusammenhang mit Jesus nicht vorstellen. Als er ihnen sagte, dass Jesus selbst erklärt hat, er sei nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert, konnten sie ihm nicht glauben. Erst als sie selbst in der Bibel lasen und der Pater den Sinn erklärte, hatten sie ein Aha-Erlebnis. 

 

Konsequenzen der Nachfolge

Die Nachfolge im Reich Gottes ist radikal und stellt menschliche Vorstellungen auf den Kopf. Niemand trennt sich gern von gewohnten Bildern über Gott und seine religiöse Praxis. Noch schwerer fällt es, die Konsequenzen des Reiches Gottes für das eigene Leben zu ziehen. Das herrschende System sieht sich bedroht. Darum vergleicht Jesus den Anspruch des Reiches Gottes mit einem Schwert, das zur Entscheidung drängt. Gleich einem scharfen Schwert dringt de Glaube in die sensibelsten Bereich des menschlichen Lebens ein und macht auch vor Familien- und Blutsbanden nicht Halt.

Um nicht missverstanden zu werden: Jesus schätzt die Liebe zu den Allernächsten und Liebsten hoch ein, so dass es nicht an ihm liegt, wenn Freundschaften oder Familienbande wegen des Glaubens zerreißen. Doch der Glaube tritt in diesen inneren Bereich ein, so dass es zu Spannungen, heftigen Auseinandersetzungen, sogar zu Bruch, Feindschaft und Verrat kommen kann. Wer zum Glauben kommt, ordnet ihm konsequent alle anderen Werte unter. Einerseits wirkt Glaube bereichernd und befreiend, andererseits kann er auch trennen.

 

Das Geschenk des Glaubens

Das Evangelium knüpft diesen unbedingten Glauben an die Person Jesu, denn in seiner Person manifestiert und realisiert sich das Reich Gottes. Wie schon gesagt, möchte Jesus nicht trennen oder Familienbande zerreißen, vielmehr will er den Menschen eine Welt mit neuer und unermesslicher Dimension eröffnen. Die Liebe, die aus dem Glauben erwächst, ist das kostbarste und höchste Geschenk Gottes, denn es ermöglicht den Glaubenden den Weg zu Gott selbst. Wer euch annimmt, nimmt mich an, und wer mich annimmt, nimmt den an, der mich gesandt hat, heißt es heute im Evangelium.

Eine unmittelbare Folge ist, dass die Nachfolge Jesu nicht auf ein exklusives oder privates Ambiente der intimen oder privaten Intimität reduziert werden kann. Sie ist auf den universalen und großzügigen Bereich des Reiches Gottes bezogen. Darum ist der wahre Jünger Jesu bereit, selbst Eltern, Kinder und Freunde und Besitz zugunsten des Reiches Gottes hintanzustellen. Diese Priorität des Glaubens zeigen die Märtyrer in alter und neuer Zeit auf. Ein Beispiel unserer Zeit ist Franz Jägerstätter. Selbstverständlich hat er seine Familie (dazu waren die Kinder noch klein) innig geliebt. Dennoch folgte er der Entscheidung seines Gewissens, auch wenn ihm darin weder seine Familie noch andere Ratgeber folgen konnten, und nahm das Martyrium auf sich. Jesus selbst hat trotz Angst vor Verfolgung und Untergang in Treue zu Gott, dem er so nahe stand, den Tod auf sich genommen. Diese Treue war erlösend.

 

Lohn der Treue

Menschen pflegen nach dem „Nutzen“ und den Vorteilen zu fragen, wie es im geschäftlichen Bereich üblich ist. Petrus hat ja auch gefragt, was er und die anderen Jünger zu erwarten hätten, da sie seinetwegen alles verlassen haben (Mk 10,28). Jesus selbst spricht wiederholt vom „Lohn“. Doch wichtig ist die Ordnung der Prioritäten – zuerst das Reich Gottes, alles andere wird hinzugegeben.

Nach dem Text unserer Perikope muss die Nachfolge Christi aus Liebe das erste sein - selbst wenn es das meist Geliebte in dieser Welt betrifft. Die Liebe, die Jesu selbst gezeigt hat, war immer vorrangig, aber nie exklusiv und schon gar nicht in Herabwürdigung von Personen oder Sachen. Nichts wird gering geschätzt, aber immer steht Gott an oberster Stelle. Mitunter wird Gläubigen vorgeworfen, ihre Liebe sei einseitig und sie zeigten anderen Dingen gegenüber Desinteresse. So will Priorität nicht verstanden sein.

Darum verweist das Schwert auf die letzte und äußerste Konsequenz des Glaubens. Das Evangelium ist, was den „Lohn“ betrifft, großzügig. Es mag vorkommen, dass die Verkünder gastliche Aufnahme, eben freundliche, rein menschliche Begegnung erfahren. Schon ein frisches Wasser zählt und wird von Gott belohnt. Über das rein Menschliche geht hinaus, wenn Häuser offen stehen und Herzen sich öffnen oder wenn es zu einem tiefen Dialog kommt. Was immer Menschen guten Willens tun, geschieht letztlich – bewusst oder nicht – für das Reich Gottes, für eine Welt, die dem Willen Gottes entspricht.

P. Dr. Jakob Mitterhöfer SVD