Erscheinung des Herrn (H)

Predigtimpuls

„Suchen und Finden, Fragen und Hoffen…“

1. Lesung: Jes 60,1-6
2. Lesung: Eph 3,2-3a.5-6;
Evangelium: Mt 2,1-12

„Suchen und Finden, Fragen und Hoffen…“

Als Suchende unterwegs
„Ich glaube, es ist wichtig, in einer Predigt vom Leben zu reden“, sagte einmal der Weihbischof in Hildesheim, Heinz-Günther Bongartz. Man müsse den Menschen vermitteln, dass man selbst ein Suchender sei. Man müsse die Fragen des Lebens stellen und dürfe dann auch bezeugen, dass man in der Heiligen Schrift eine Antwort darauf gefunden habe. – Diesen Hinweis für einen Prediger gilt es zu beachten. Wie können wir unser Leben mit dem Geheimnis der Erscheinung des Herrn in Verbindung bringen? Wird uns in dieser Erzählung auch eine Orientierung, ein „Stern“ gegeben, wie damals den Weisen?

Unsere Sprache überprüfen und „erden“
Die amerikanische Schriftstellerin Barbara Robinson legt uns in ihrem Buch „Hilfe, die Hermanns kommen“ eine spritzige und teilweise umwerfend komische Erzählung vor, wie Kinder in einem schwierigen Wohnviertel die Weihnachtsgeschichte erleben und leben: unvoreingenommen, realistisch, sich durchs Leben boxend. Das kann nachdenklich machen, wenn wir unsere Sicht und unseren Hintergrund damit vergleichen. Wie viele Menschen haben heute keinen oder einen nur sehr begrenzten Zugang zum Glauben, zur Kirche, zu ihren Festen. In einer Fernsehreportage dieser Tage wurden Menschen auf einem Kölner Weihnachtsmarkt interviewt und gefragt, wer denn wohl das Kind sei, das da in der Krippe liege, und wie es heiße. Bei nicht wenigen entstand eine peinliche Pause, ein krampfhaftes Überlegen. Zwar fiel dann auch der Name Jesus, aber einer antwortete fragend: „Vielleicht Mohamed?“ Wir sind vielleicht darüber erstaunt, können das nicht verstehen oder nicht fassen – aber es zeigt, dass wir von kirchlicher Seite her nicht mehr so viel an allgemeinem Glaubenswissen (und ebenso Kulturwissen) voraussetzen können. Wie gelingt es uns dann, auch diese Menschen mit unserer Weihnachtsbotschaft von der Geburt dieses Jesus, als des Retters und Heilandes aller Menschen, so zu erreichen, dass sie verstehen oder wenigstens ahnen können, worum es geht?

Forschen – Wach sein - Aufbrechen, sich Aufmachen
Gott lädt uns Menschen ja ein, unsere Sinne und unseren Verstand zu gebrauchen, unsere Welt wahrzunehmen. Vor allem aber die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren – um uns herum und in weiter Ferne. Gott selbst hat sich in Jesus Christus aufgemacht, uns nahe zu sein, ja selbst ein Mensch zu werden. So hat er Licht und Leben in unsere Welt gebracht. Er hat sich klein gemacht, um uns zu zeigen, dass wir keine Angst vor einem allmächtigen oder übermächtigen Gott zu haben brauchen. Er schenkt uns seine verletzliche Liebe, die um unsere liebende Antwort bittet. Gott war so verrückt nach uns Menschen, dass er dieses Risiko eingegangen ist. Wie viele Risiken gehen dagegen wir Menschen ein? Und lohnen sie sich wirklich?

Anerkennen, dass da Einer ist, der größer ist als ich
Die drei Weisen wollen uns zeigen, dass der Größere zugleich der Kleinste ist, damit er bei uns Raum finden kann. Sie verweisen auf die eigenartige Pädagogik Gottes, die uns behutsam zu ihm und seinem Geheimnis führen will. Denn ein Geheimnis bleibt Gott allemal, wie viel wir auch forschen, erkennen und wissen mögen. Sie verdeutlichen uns, dass der Mensch nichts an Format und Größe verliert, wenn er sich vor diesem Gott klein macht – im Gegenteil, erst dann erkennt und erfährt er seine wahre Größe. Alles andere ist oft nur Schein und Glitter, Selbstbetrug. Gott ist kein „Star“ und will auch keine „Stars“, keine Sterne. Die sind am Himmel. Sein Stern aber hat die Weisen zur Krippe geführt – zu den Armen, den Kleinen, zu den von vielen Nicht-wahr-Genommenen. Gold, Weihrauch und Myrrhe verbinden zeichenhaft die Botschaft von der Menschwerdung mit der anderen, verborgenen Wirklichkeit, dass dieses Kind zugleich Gottes liebendes Angebot an uns ist. Nachdem Gott sich durch die Schöpfung, durch sein Handeln und sein Reden zu uns Menschen, gezeigt und offenbart hat, wollte er uns nun so menschlich nahe sein, wie dies auch von Menschen erfahren wird: ein Kind als buchstäbliche Verkörperung der Liebe zweier Menschen. Das Glück und das Strahlen der Eltern bei der Geburt ihres Kindes ist unbeschreiblich – so sagen begeisterte Väter, die bei der Geburt ihres Kindes dabei waren. Ein Ehrfurcht gebietendes Geschehen, dass uns die Schöpfung und den Schöpfer unsagbar nahe bringt.

Symbolik der Geschenke
Wir brauchen auch heute verstehbare Zeichen, damit wir die Wahrheit entdecken und ausdrücken können. Wir sind Menschen mit Sinnen, die spüren, schmecken, riechen, sehen, hören wollen. Das gesprochene Wort allein reicht uns nicht. Versuche, aus der Heiligen Schrift zum Beispiel die Zeichen und Symbole und Mythen herauszufiltern und das Geschehen vermeintlich modern und wissenschaftlich auszudrücken, sind allesamt gescheitert. Gott sei Dank.
Auch die Liturgie der Kirche will in all ihrer Feierlichkeit und in überlieferten Formen aufzeigen, dass Gott uns liebt und dass wir Gott wieder lieben dürfen und sollen. Sehen wir das auch so? Erfahren und spüren wir das, wenn wir miteinander Gottesdienst feiern. Die einen sagen: Ja. Es ist gut so. Ich finde mich und mein Leben dort wieder – wenn auch in einer mitunter nicht ausdrückbaren Weise. Andere allerdings können dies nicht nachvollziehen. Sie verstehen die liturgische Sprache nicht mehr, können mit den Zeichen und Symbolen nichts mehr anfangen. Das muss aber nicht heißen, dass wir dies alles dann weglassen bzw. abschaffen sollen. Wir Menschen heute brauchen wieder eine verständnisvolle Einführung, eine Mystagogie, wie die Fachleute sagen. Früher geschah dies oft einfach durchs Mitmachen, dabei sein, immer wiederholen. Das gibt es für viele nicht mehr. Wo erfahren Kinder und Jugendliche z. B. eine solche Einführung und Praxis, wenn die Eltern selbst nicht mehr dabei sind? Der Weg zu einer entsprechenden Veränderung scheint mir fast so weit zu sein, wie der Weg, den die drei Weisen zurücklegten. Aber sie sind trotz mancher Widrigkeiten dort angekommen. Sind auch wir bereit, uns Mühe und Last aufzuerlegen, um erst einmal selbst zu verstehen und dann auch andere dahin führen?

Licht der Völker – Licht der Heiden
„Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz…. und bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn,“ heißt es bei Jesaja. Daher mag es wohl auch kommen, dass die Weisen (Magier) im Laufe der Zeit zu Königen wurden und das Fest über lange Zeit – bis heute noch im Kölner Raum – Drei-Königs-Fest heißt. Dass die Völker zum Licht wandern bedeutet ja, dass sie Erfahrungen in dieser Welt machen, die von Dunkelheit und - daraus resultierend - von Orientierungslosigkeit bestimmt waren und sind. In Bethlehem, so deuteten es die Weisen, würden sie ein Licht finden, dass all dies aufhebt und eine endgültige Orientierung, das wahre Licht bietet: ein kleines, verletzliches Kind, dass in unbeschreiblich armen und notdürftigen Verhältnissen das „Licht der Welt erblickt“ hat. Dieses Kind begegnet Menschen anderer Bekenntnisse und Religionen; begegnet Menschen, die keiner Religion angehören; Menschen, die suchen und ihrem Gewissen folgen wollen – vielleicht manchmal konsequenter als wir Christen. Auch diesen Menschen soll ein Licht aufgehen. Sie sollen erkennen, dass in dem Kind in der Krippe das zu finden ist, was sie suchen, was sie ahnen, wonach sie sich sehnen.

Der „Vierte König“
Vielleicht kennen Sie auch das Gefühl, zu spät gekommen zu sein; den Eindruck zu haben, ich habe mal wieder das Wichtigste verpasst, stehe am Rand, vielleicht sogar ein wenig ausgeschlossen. „Halt Pech gehabt!“, ist das Gefühl. Die Geschichte vom Vierten König aber ist nicht eine solche verpasste Gelegenheit, sondern im Grunde ein Weiterschreiben dessen, was damals in Bethlehem begann. Das Kind wurde groß und erfüllte seinen Auftrag. Nicht mehr die Einfachheit und Unschuld der Krippe oder der Glanz der Geschenke stehen im Vordergrund, sondern die Konsequenz aus dieser Geburt und diesem Geschehen: Gott setzt sein Leben ein für uns Menschen, in Jesus Christus, der schließlich am Kreuz gestorben ist - für uns. Das erfährt der Vierte König nach seiner lebenslangen Wanderschaft, als er endlich in Jerusalem ankommt – allerdings Jesus schon am Kreuz antrifft. Auf dieses Geschehen an Karfreitag sollten auch wir heute unseren Blick richten. Nicht stehen bleiben bei der Idylle der Krippe. Das war erst der Anfang. Ein Anfang, der - menschlich gesehen - am Kreuz tragisch scheiterte, – hinter dem aber dann die Gegenwart Gottes in der Auferstehung wieder deutlich sichtbar und erfahrbar wird. Erst in der Auferstehung wird deutlich, wer dieses Kind war und was seine Sendung in unserer Welt ist, auch für uns heute.

Die Sternsinger-Aktion
Eine Initiative, die ihres gleichen sucht. Viele tausend Kinder – mittlerweile in aller Welt – gehen in diesen Tagen wieder durch die Straßen und in die Häuser, um die Botschaft der Weisen allen Menschen zu verkünden. „Christus segne dieses Haus“ schreiben sie an die Türen. Sie möchten den Menschen Gottes Segen zusprechen – und gleichzeitig darauf hinweisen, dass dieser Gott ein menschenfreundlicher Gott ist, der uns einlädt, mit anderen zu teilen. „Kinder zeigen Stärke“ - Unter diesem Leitwort wird die diesjährige 53. Sternsingeraktion 2011 stehen. Als Beispielland wird das südostasiatische Land Kambodscha in besonderer Weise in den Blick genommen. Allen Menschen soll das Heil zu teil werden. Ein Heil, dass auch heute schon erfahrbar ist. Wir Menschen sind aufgerufen, daran mitzuwirken. Die Kinder werden uns Erwachsenen sicherlich wieder ein tolles Beispiel liefern, wie diese Solidarität (Nächstenliebe) konkret werden kann.

Beten wir um Gottes Segen für dieses Engagement – und für uns alle, dass das heutige Fest uns im Glauben und in der Liebe stärke. Amen

P. Heinz Schneider SVD