Hl. Josef Freinademetz – Ordenspriester (G)

Predigtimpuls

JOSEF FREINADEMETZ - Ein Mann der Liebe, des Glaubens und des Gebetes

Lesung: Röm 15,13-19a.20-21
Evangelium: Lk 10,1-9

Predigtentwurf

Der Weiler Oies, in dem Josef Freinademetz am 12. April 1852 zur Welt kam, liegt sozusagen im Herzen der Dolomiten, im Gadertal / Südtirol. Der kleine „Ujöp“, wie sie ihn in seiner Muttersprache Ladinisch riefen, lernte auf dem kleinen, 1500 Meter hoch gelegenen Bergbauernhof beten und arbeiten, wuchs hinein in das Brauchtum der Kirche und des Landes und durfte zusammen mit seinen Geschwistern erleben, was Heimat und Geborgenheit heißt.

Noch als Kind verließ er sein Elternhaus, um in der Bischofsstadt Brixen zu studieren. Es dürfte dem Zehnjährigen wohl etwas bange gewesen sein, als er sich so Schritt für Schritt von seinem Zuhause entfernte. Es waren die ersten von vielen Schritten, die schlussendlich zum Abschied von Heimat, Freunden und Familie führten. Es waren Schritte, die zur Verwirklichung seines Lebenstraumes führten, eines Traumes, der sich erst in der Ferne, in sehr weiter Ferne, nach vielen Schritten, erfüllen sollte. Seine Heimat, seine Freunde und Angehörigen, er hatte sie ins Herz geschlossen - und konnte sie gerade deshalb hinter sich lassen. Das Ziel seines Weges, seines Lebens war, für Gott und für die Menschen da zu sein. In China sah er sich dazu am richtigen Ort. Mit und für die Chinesen wollte er sein Lebensziel verwirklichen.

Die Kirche stellt ihn uns als Vorbild vor Augen. Dass Freinademetz den Weg des Dienstes am Menschen und für Gott überhaupt einschlagen und dann auch gehen hat können, verdankt er ohne Zweifel seiner Familie. Das Leben in diesem seinem Elternhaus war von einem tief verwurzelten Glauben geprägt. Der tägliche Rosenkranz war genauso eine Selbstverständlichkeit wie der sonntägliche Gang hinunter nach St. Leonhard/Abtei zur Pfarrkirche. Ja selbst während der Woche versuchte man, soweit es ging, an der Werktagsmesse teilzunehmen. Die Gebete, der Messbesuch, sind nur äußere Zeichen für den tiefen, inneren Glauben, der die Familie Freinademetz prägte; es ist der Glaube, der Josef Freinademetz geformt hat, der ihm sein Leben lang Halt gegeben hat; in Oies, in seiner Familie, sind die Wurzeln dieses Glaubens zu suchen. Der Glaube war für ihn ein Erbstück, das er nicht für sich behalten konnte, sondern das er weitergeben, weiterschenken musste. 

Wenn ihn nun die Kirche uns als Vorbild vor Augen stellt, dann heißt das in diesem Zusammenhang wohl: Den Glauben, den wir – wie er - geerbt haben, den dürfen wir nicht verstecken, sozusagen in die Tasche stecken, damit ihn nur ja keiner sieht, nein, den müssen wir – wie er - weitergeben, weiterschenken. Dass er dazu nach China ging, ist seine besondere Berufung. Wir müssen uns freilich fragen, wo unser China ist, wo der Ort, wo die Leute in unserem Leben sind, denen wir unseren Glauben vermitteln, das heißt greifbar, fühlbar machen müssen oder dürfen: das kann unsere Arbeitswelt, unsere Pfarrgemeinde, unser Freundeskreis, unsere Familie sein. So sehr es mich immer wieder freut, erleben zu dürfen, wie sich Eltern um das Wohlergehen, um die Zukunft ihrer Kinder sorgen, so sehr vermisse ich oft die für die Zukunft der Kinder doch noch wichtigere Sorge für den Glauben der Kinder. So wie man sich um das leibliche, körperliche Wachsen der Kinder sorgt, so müssten wir doch auch um das seelische, religiöse, spirituelle Wachsen der Kinder besorgt sein.

Als Josef Freinademetz den Priesterberuf ergriff, fühlte er sich von seiner Familie getragen. Und auch im fernen China, als Missionar, wusste er sich von seinen Angehörigen begleitet. Ungeschminkt ließ er seine Eltern, seine Geschwister, seine Freunde, seine Bekannten an seinen Freuden und Leiden in der Mission teilnehmen. Man kann das nachvollziehen, wenn man seine rund 70 noch erhaltenen Briefe liest, die er an seine Familie und an seinen Freund Thaler geschrieben hat. Praktisch in allen diesen Briefen ist eine Bitte enthalten: dass die Familie seiner, der ihm anvertrauten Chinesen und der ganzen Mission im Gebet gedenke, so wie auch er selbst immer wieder betont und bekräftigt, dass er sie nie vergisst und immer wieder dem Herzen Jesu und der Gottesmutter empfiehlt.

Noch bevor er auf Nimmerwiedersehen seine Heimat verlässt, schreibt er: „Betet und dankt Gott auch Ihr täglich wenigstens mit einem Vater Unser und Gegrüßt seist du Maria, dass er die Güte hatte, einen Missionär aus unserer Familie zu berufen.“

Auf der Reise nach China bekennt er in einem Brief an die Eltern, wie schwer es ihm falle, Familie und Heimat zu verlassen; und er tröstet sich mit dem Gedanken, dass sie sich eines Tages wieder begegnen würden, vielleicht nicht in Oies, aber dann sicher im himmlischen Paradies: „Betet für mich“, so heißt es in dem Brief, „und ich werde für Euch beten, dass dieser Tag für uns alle ein Tag der Freude sei. Betet auch, dass ich die Gnade habe, vorerst viel im Weinberg des Herrn zu arbeiten zum Heil der Seelen.“

Ganz im biblischen Sinn schreibt er an seine Geschwister: „Lehrt Eure Kinder schon möglichst früh, die Welt und ihre Reichtümer zu verachten“ – womit wohl gemeint ist: nicht zum absoluten Mittelpunkt zu machen – „Gott zu fürchten und zu lieben; lehrt sie beten, demütig und gehorsam sein. Betet auch für mich!“

Josef Freinademetz war überzeugt von der Kraft des Gebetes. Das machte ihn furchtlos. Mag die ganze Welt zusammenfallen, Gott lässt das Gebet nicht ungehört: „Nur das eine ist immer notwendig,“ - so sagt er – „dass wir viel beten. Ein Leben ohne Gebet ist der sicherste Weg zur Hölle. Vergesst es nie, für uns und alle Missionare zu beten.“

Er wusste, nicht Gott braucht unser Gebet, aber unser Leben braucht das Gebet. Und nie vergaß er, dass unser Gebet nicht nur die eigenen Sorgen und Probleme, sondern vor allem die der anderen zum Inhalt haben muss. Betend werden wir so zur Stimme der Kirche in der ganzen Welt - so wie Josef Freinademetz in China.

Vieles konnte er nicht verstehen in all den Jahren in China. Schwierige Zeiten hatte er zu überstehen. Mehrmals hatte er den Tod vor Augen. All das brachte ihn aber nicht davon ab, die Menschen Chinas, zu denen er sich gesandt fühlte, ganz konkret zu lieben und sie so für den Glauben zu gewinnen. Er konnte sie lieben, weil er Gott liebte, oder anders ausgedrückt: Wer Gott liebt, kann sich den Armen und Schwachen nicht verschließen.

Einen Monat vor seinem Tod konnte er getrost von einer reichen Ernte sprechen. “Wir haben die Mission hier mit 158 Altchristen begonnen“, schreibt er an Maria, eine der Schülerinnen, die er als Kaplan und Lehrer in St. Martin in Thurn unterrichtet hatte, „ jetzt“, so fährt er fort, „haben wir 40.000 noch lebende Getaufte und 40.000 Katechumenen, die sich auf die Taufe vorbereiten. Dieses Jahr haben wir etwa 4000 Erwachsene taufen können, ... Eine schöne Seelenernte, nicht wahr? — Ja, das ist ein großer Trost inmitten so vieler Prüfungen im Leben eines Missionars. Wirklich, wir haben Freuden, ganz reine Freuden, wie man sie in Europa kaum kennt.”

Liebe Gläubige, abschließend und zusammenfassend dürfen wir fragen, was Josef Freinademetz uns heute zu sagen hat:

Ganz bestimmt würde er uns sagen,

  • dass Glaube Berufung ist. Dazu gehört auch die Aufgabe, “den Menschen, die um ihren Glauben ringen, zum Glauben zu verhelfen.”
  • dass wir berufen sind zum Gebet; dass nicht Gott unser Gebet braucht, sondern unser Leben braucht das Gebet. Dadurch werden wir die Welt nicht sichtbar verändern, aber die Kraft des Gebetes kann Menschen begleiten, die Welt im Sinne des Evangeliums zu verändern, bis sie in Gott vollendet wird.

Ganz bestimmt würde Josef Freinademetz uns sagen,

  • dass wir berufen sind zur Gemeinschaft: Wer sich zur Liebe bekehrt, wird zur Brücke zwischen den Menschen und ihren Kulturen;
  • dass wir berufen sind, ein Segen zu sein. Der verstorbene Südtiroler Bischof Wilhelm Egger sagte: „Wir werden zum Segen, wenn wir von Jesus Christus reden und seine Botschaft weitersagen... Wir werden zum Segen, wenn wir uns in der Art Jesu verhalten und Gutes wirken. So gehen wir als Gesegnete nach Hause. Wer sich von Jesus segnen lässt, dessen Leben wird verwandelt.“
P. Peter Irsara SVD aus: Die Anregung Januar 2011