Taufe des Herrn – Fest (A)

Predigtimpuls

In der Unruhe des Geistes

1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7

2. Lesung: Apg 10,34-38

Evangelium: Mt 3,13-17

Predigt: In der Unruhe des Geistes

Neugeboren aus Wasser und Heiligem Geist
Wir bekennen von Jesus: „Er hat wie wir als Mensch gelebt, in allem uns gleich außer der Sünde“ (IV. Hochgebet). Mit der Taufe zur Vergebung der Sünden war’s also nichts, - und mit der Aufnahme in die Kirche auch nicht, denn die gab es noch nicht. Bleibt also die Begabung mit dem Heiligen Geist. Die haben wir bei unseren Taufen von Kleinkindern etwas zurückgestellt, weil wir sie zehn bis vierzehn Jahre später bei der Firmung noch mal brauchen. Aber sie gehört wesentlich zur sakramentalen Handlung der Taufe, in der ein (ursprünglich erwachsener) Mensch einen entscheidenden Schritt in seinem Leben macht. Er beginnt von neuem, für ihn persönlich beginnt ein neues Zeitalter. Das ist mehr als ein guter Vorsatz, mehr als ein gut gemeinter Entschluss allein aus menschlicher Willenskraft – „aus dem Willen des Fleisches“, wie es der Evangelist Johannes nennt (1,13). Es ist wie eine Neugeburt, aber nicht aus menschlicher Zeugung – „nicht aus dem Willen des Mannes“ (Joh 1,13) -, sondern aus Gott. Diese Neugeborenen, die die Potenz mitbekommen haben, Kinder Gottes zu werden, sind aufgenommen ins Nest, in die Familie derer, die der auferstandene Herr (Kyrios) um sich versammelt hat (Ekklesia), in die Kirche.

Sanfte Geburt aus Heiligem Geist
Dieser Neubeginn kann eine sanfte Geburt sein wie bei Jesus im Jordan, wo der Himmel sich über ihm auftut, der Geist in Gestalt einer Taube über ihm schwebt und der Sendungsauftrag ausgerufen wird. Sie kann in der biblischen Tradition aber auch überfallartig sein wie beim Propheten Elischa. Mitten in der Arbeit auf seinem stattlichen Hof beim Pflügen mit zwölf Gespannen kommt der Prophet Elija vorbei und wirft seinen Mantel Elischa über den Kopf. Da hat für ihn die Stunde eines neuen Lebens geschlagen. Er hält mit seiner Arbeit sogleich inne, verfeuert seinen Pflug, verspeist mit seinen Hausgenossen seine Zugtiere zum Abschiedsmahl und verlässt alles. Er zieht mit Elija umher und wird dessen Nachfolger (1 Kön 19,19-21). Den Ezechiel überkommt die Berufung wie ein Sturmwind, der ihn buchstäblich umhaut. Der Geist stellt ihn dann wieder auf die Beine und schickt ihn zu den abtrünnigen Söhnen Israels (Ez Kap. 1 u. 2).
Die „sanfte Geburt“ Jesu im Jordan aus dem Heiligen Geist ist kennzeichnend für seinen künftigen Weg, charakterisiert zeichenhaft seine Sendung. Als Mensch, der gelebt hat wie wir, „in allem uns gleich“, hat er sich auf der Suche nach seiner Berufung aufgemacht zu Johannes. Dort erlebte er den unheimlich reinen Asketen aus der Wüste, den Mann mit der Donnerstimme, der das unerbittliche Gericht Gottes ankündigte und die Menschen einschüchterte. Der Geist aber hat Jesus von Johannes weggeführt, nicht im Streit, sondern sanft, zunächst in die Stille der Wüste und dann mitten unter die Menschen in die Städte und Synagogen, in ihre Häuser und Höfe, die vornehmen und die erbärmlichen, ans Seeufer und auf die weite grüne Wiese. Der Geist hat ihm das Programm ins Herz eingeprägt: „Ich bin nicht gekommen zu richten, sondern zu heilen.“ Er brachte den Blinden Hoffnung und Licht, Sünder zog er in seine Nähe, und hoffnungslos Tote rief er zu einem Leben in der Liebe.

Im Buch des Propheten Jesaja wird mehr geahnt als gewusst, welchen Geist Jahwe auf seinen zu sendenden Auserwählten, seinen Sohn/Helfer (Ebed) legen wird: statt Drohung Ermutigung, statt Vergeltung Versöhnung, statt Rangstreit Fußwaschung. Er räumt nicht auf, sondern richtet auf. Dem Verkümmerten („glimmender Docht“, den Menschen auf der Schattenseite des Lebens) und dem Verletzten („geknickter Halm“, den Menschen, denen Unrecht geschieht, die großes Unglück traf) verschafft er Recht und Mut zu leben. Er tut es ruhelos, ohne Geschrei.

Unruhe aus der Kraft des Geistes Gottes
Jesus steigt als ein anderer aus dem Jordan, überwältigt vom Geist der Sanftheit, aber nicht als Weichei, sondern stark, stärker als ein Mensch sein kann, neugeboren aus Gotteskraft. Er steht unausweichlich für seine grundstürzende Botschaft ein. Das Reich Gottes ist zwar nicht von dieser Welt, aber es bricht nicht spektakulär von oben herein, sondern baut sich von unten auf. Es erscheint nicht in Macht und Herrlichkeit, sondern in Menschenfreundlichkeit. „Auf ihn sollt ihr hören“, sagt die Stimmen aus dem geöffneten Himmel.

Das verpflichtet auch uns, die wir auf seinen Namen getauft sind, die wir mit dem Geist seiner starken Menschenfreundlichkeit begabt sind. Diese ist so stark, dass sie auch vor dem Kreuz nicht zurückschrickt. Mit der Geistbegabung ist ein Sendungsauftrag gegeben. Die Fortsetzung des Sendungsauftrags Jesu ist uns anvertraut. Wir haben Menschenfreundlichkeit zu verwirklichen, wo immer uns das Leben hinstellt oder verschlägt. Es heißt nicht „keep smiling“; es kann sehr ernst und hart werden, wenn man auf menschenverachtende Machtstrukturen trifft. Das kann am Kreuz enden wie bei Jesus selbst. Wir müssen seine Unruhe weiter tragen, bis auf der Erde das Recht begründet ist in der Kraft des Geistes Gottes.

P. Dr. Gerd Birk SVD