27. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Kluge Bauleute?

1. Lesung: Jes 5,1-7
2. Lesung: Phil 4,6-9
Evangelium: Mt 21,33-44

 

Oft höre ich folgende Sätze: „Der hat sich etwas aufgebaut.“ „Was er sich mit viel Mühe und Fleiß aufgebaut hat, hat er in einem Augenblick verspielt.“ „Was der mit seinen Händen aufbaut, wirft er mit dem Hintern wieder um.“ Wir Menschen sind offensichtlich Bauleute, die sich klug oder dumm und ungeschickt verhalten können. Wir bauen an unserer Existenz, an unserem Glück, an unserer Zukunft, an unserem Leben. Das kann gelingen oder auch misslingen. Ob dieser Bau gelingt, hängt davon ab, ob wir die richtigen Steine gebrauchen und ob wir den richtigen Grund- und Eckstein finden, der dem ganzen Bau Festigkeit verleiht. Das Evangelium bietet uns im Lebensentwurf Jesu die richtigen Bausteine an und schenkt uns in Jesus den Grund- und Eckstein für das Gelingen unseres Lebensbaus. Es rechnet aber auch damit, dass es Bauleute gibt, die diese Bausteine und auch diesen Grund- und Eckstein verwerfen. Viele Menschen sagen heute: „Was nützt mir Gottvertrauen, Glauben, Hoffnung, Nächstenliebe, Gebet, Gottesdienst, Gott und Jesus Christus? Dafür kann ich mir nichts kaufen, das macht ein Leben nicht billiger und leichter und bringt es auch nicht besser voran. Die Zeit, die ich darauf verwende, ist verloren, die gebrauche ich lieber für etwas anderes.“ Und so setzen diese Bauleute andere Steine in ihren Lebensbau. Sie setzen auf Erfolg, Besitz, Tüchtigkeit, Genuss, Sicherheit, Gesundheit, Arbeit, Reichtum, und dann eventuell noch auf Freundschaft, Liebe und Partnerschaft und erfüllte menschliche Beziehungen und schaffen damit ein auf den ersten Blick recht schönes und ansehnliches Lebenshaus. Aber ist es von Dauer, übersteht es die Lebenskrisen und schenkt es Zukunft, Glück und Lebensfülle? Schauen wir hinter die Fassaden dieses Lebenshauses, entdecken wir, dass alle diese Steine brüchig sind und unter dem Druck der Lebensprobleme zerbröseln. Das Leben selbst ist so angelegt, dass keiner dieser Steine das Leben überdauern und ihm wahre Zukunft eröffnen. Gott sei Dank entdecken viele dieser Bauleute im Laufe ihres Lebens, oft in erschütternden Lernprozessen, diese Tatsache. Sie besinnen sich, kehren um und halten Ausschau nach anderen Bausteinen und nach dem Grund- und Eckstein, der dem Lebensbau Festigkeit und Bestand verleiht. Oft finden sie dabei die Bausteine, die der Lebensentwurf Jesu anbietet und ihn selbst. Es geschieht in ihrem Leben das Wunder, das der Herr vollbringt und vor unseren Augen geschieht, wie es das Evangelium ausdrückt. Es ist wahr, was das Evangelium sagt: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“ (Mt 21,42ab). Sie dürfen sich glücklich schätzen und sie sind glücklich, wenn sie diese Erfahrungen machen dürfen.

 

Aber warum diese Erfahrungsumwege? Vielleicht zitiert das Bildwort vom Stein, den die Bauleute verwarfen und der zum Eckstein wurde, auch darum, um die Bauleute des Lebensbaus davor zu warnen. Ist es nicht besser, von vornherein beim Planen und Hochziehen des Lebensbaus ganz bewusst auf die Bausteine, die der Lebensentwurf Jesu anbietet, und auf ihn selbst, den Eck- und Grundstein, zurückzugreifen? Ja, es ist besser, denn sie geben dem ganzen Bau von vornherein die Festigkeit und Stärke, die alle Lebenskrisen überdauert und in eine gute Zukunft führt. Gewiss, auch Bauleute dieser Art werden von Krisen, Dunkelheiten, Leiden, Schmerzen, Abschieden und allem, was das Leben ihnen an Negativem zumutet, nicht verschont, aber ihr Lebensbau wird Bestand haben und einen Plan finden in der ewigen „Stadt Gottes“ eines erfüllten und endgültigen gelungenen Lebens.

 

P. Franz-Josef Janicki SVD - Dieser Predigtentwurf wurde in DIE ANREGUNG, Nettetal 1995/96, S. 388 veröffentlicht.