29. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

… der auf Macht verzichtet

1. Lesung: Jes 53,10-11
2. Lesung: Hebr 4,14-16
Evangelium: Mk 10,35-45

 

Was kriegen wir eigentlich dafür, dass wir alles haben stehen und liegen lassen und mit dir herum¬ziehen? So hatte Petrus einmal Jesus gefragt. Mancher Fromme entrüstet sich, wenn er diese Frage hört, aber sie ist doch berechtigt. Gerade wenn es nicht nur um eine kleine Handreichung geht, sondern einen großen Teil des Lebens oder gar das ganze Leben betrifft, müssen wir fragen: Was bringt's? Lohnt sich der  Einsatz, oder verschwende ich mein Leben unnütz?

Die Zebedäus-Söhne, von denen das heutige Evangelium spricht, haben eine feste Vorstellung, was ihr Lohn sein soll: die beiden bedeutendsten Ministerposten unter der Königsherrschaft Jesu. Sie sind bereit, dafür auch den Kelch zu trinken, den Jesus trinken wird, d.h. Schweres zu durchleiden. Die Bitte dieser beiden ist auch nicht schlecht, bekommt aber einen unangenehmen Beigeschmack dadurch, dass Jakobus und Johannes mit ihrer Bitte den anderen Aposteln zuvorkommen wollen. Dass diese anderen auf solche Posten auch spekulierten, zeigt ihre Reaktion auf die Bitte der beiden Brüder.

Doch die Apostel täuschen sich, alle Apostel. Sie haben noch nicht begriffen, worin die Königsherrschaft Jesu besteht, worum es Jesus geht. Sie glauben, es ginge um ein Machtzentrum, von dem aus Machtbereiche verteilt und Machtansprüche durchgesetzt würden. Machen wir deshalb den Aposteln keinen Vorwurf, denn auch heute meinen viele, in der Kirche Jesu Christi ginge es um Macht, da müsse Macht gesichert, bekämpft oder erkämpft oder neu verteilt werden; sie merken nicht, dass sie mit diesem Machtdenken auf demselben falschen Dampfer fahren, auf dem sich damals die Zebedäus-Söhne samt den übrigen Aposteln befanden und von dem Jesus sie herunterholen wollte – und am Ende auch heruntergeholt hat.

Unter der Herrschaft Christi ist nicht der groß, der Macht hat, sondern der, der auf Macht verzichtet. Wer sich am tiefsten beugt, um zu dienen, ist Jesus am nächsten. Autorität gibt es, ja, aber sie ist Dienstauftrag und nicht Befehlsgewalt, das gilt für den Papst, den Kardinal, den Erzbischof, den (Weih-)Bischof, den Generalvikar wie für den Pfarrer oder den Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates wie für jeden, der in der Kirche eine leitende Aufgabe hat.

Das verpflichtende Vorbild ist und bleibt Jesus selbst, der Mensch gewordene Sohn Gottes, der nicht zum Herrschen, sondern zum Dienen gekommen ist, der Herr ist, nicht um zu richten, sondern allen das Leben, das ewige Leben zu geben, so der Auftrag des Vaters. In diesem Auftrag hat der von Gott geliebte Sohn sich so klein gemacht, dass er sich erhöhen ließ zum Sklaventod am Kreuz.

Dienen, das geschieht nicht nur, wenn jemand lebt wie eine Mutter Teresa oder ein Maximilian Kolbe oder ein Josef Freinademetz. Dienen hat Vieltausende von Gesichtern, aber allen ist gemeinsam, dass es um das Wohl der anderen geht, um ihr leibliches Wohl, ihr seelisches Wohl, um ihr ewiges Heil. Dienen heißt, Menschen etwas von Gottes Liebe bringen.

Zu allen Zeiten hat es Christen gegeben, die in beeindruckender und vorbildlicher Weise geliebt und gedient haben. Für diese Menschen, diese Vorbilder, können wir nur von Herzen dankbar sein. Aber zu allen Zeiten ist es auch leichter gewesen, über Lieben und Dienen zu predigen als es in den Alltag umzusetzen.

Heute ist das nicht anders. Aber wir können uns jederzeit und immer wieder bemühen, vom falschen Dampfer auf das Boot Jesu umzusteigen, um Lieben und Dienen zu lernen, Schritt für Schritt. Auch in dieser Eucharistiefeier steht uns das Beispiel Jesu wieder vor Augen und bietet uns Jesus seine Hilfe an.

 

P. Lothar Janek SVD