2. Adventssonntag (C)

Predigtimpuls

Friede der Gerechtigkeit, Herrlichkeit der Gottesfurcht

1. Lesung: Bar 5,1-9;
2. Lesung: Phil 1, 4-6.8-11;
Evangelium: Lk 3, 1-6


Die Lesungen des 2. Adventsonntags sind ganz unglaublich. Besonders der Prophet Baruch spricht Worte, die so voll des Vertrauens sind, dass ein realistischer Denker sie fast als Hohn abtun muss. Alles ist vergeben und vertan, das Volk in der Ferne zerstreut, ohne Macht, ohne Achtung. Eine Minderheit unter politisch Starken. Wollte man ein Bild bemühen, dann könnten wir von Trümmern sprechen. Die Heimat in Trümmern, die Beziehungen in Trümmern, die Seelen in Trümmern. Und genau in dieser Situation der Aussichtslosigkeit findet der Prophet ganz starke Worte des Gottvertrauens. Nichts Irdisches kann einen solchen Glauben stützen oder rechtfertigen. Es ist ganz allein der unerschütterliche Glaube an den Gott des Volkes Israel, der den Prophet sagen lässt: „Mein Volk, dein Name wird Friede der Gerechtigkeit und Herrlichkeit der Gottesfurcht sein.“ Etwas Schöneres konnte er nicht sagen. Und viel mehr konnte er sie auch nicht in die Pflicht nehmen. Gerechtigkeit und Gottesfurcht sind Ansprüche, die nicht von ungefähr kommen. Gerechtigkeit war das Thema des letzten Sonntags und ist eigentlich der rote Faden, der sich durch die ganze Verkündigung spinnt. Heute steht die Gottesfurcht im Mittelpunkt. Natürlich steht an der Basis eines gesunden Friedens immer die Gerechtigkeit, weil sie gibt, was zusteht; weil sie einsichtig und verständlich ist. Darauf kann man Frieden in allen Situationen aufbauen. Gottesfurcht ist ein Begriff, der viel sperriger ist. Er ist altmodisch und irgendwie auch unverständlich, vielleicht sogar belastet. Aber das ist vordergründig, denn er ist tief und sehr reich an Sinn. Alle westlichen Sprachen setzen sich mit den Begriffen „Angst“ und „Furcht“ auseinander. Bei der „Furcht“ vor Gott geht es nie um eine ängstliche Haltung, sondern um Respekt, Achtung und Ehrfurcht vor der Größe des Schöpfers. Auf diesem Hintergrund wird Gottesfurcht zu einem ganz großen Auftrag an den glaubenden Menschen: Den Weg Gottes in seiner Schöpfung suchen, erkennen, respektieren und immer als oberste Maxime anerkennen. In diesem Licht wird dann auch das Heben der Täler und Ebnen der Hügel in einem ganz anderen Licht gesehen. Gott will, dass seine Lösung der großen Fragen in dieser Welt ankommt. Das bedingt diese alte Forderung nach Gottesfurcht im richtig verstandenen Sinn. Weil ich diesem Gott zutraue, dass er diese Welt liebt, dass er für sie das will, was richtig ist, glaube ich auch, dass sein Wille umgesetzt werden muss. Diesen Willen fürchte ich, respektiere ich, achte ich, dem gehe ich nach. In dieselbe Kerbe haut Johannes der Täufer im Evangelium, wenn er die alten Weisungen des Propheten Jesaja aufnimmt und verkündet, dass Wege bereitet und Hindernisse weggeräumt werden müssen, und alle Bahnen dem Heil Gottes dienen sollen. Der moderne Mensch würde das sprachlich sicher anders ausdrücken, und tagtäglich wird in unzähligen Zusammenkünften auf allen Ebenen genau das angemahnt, vielleicht in anderen Themenbereichen, aber auch meist mit dem festen Willen, Ziele zu erreichen, die uns in den verschiedensten Bereichen des Lebens weiterbringen. Da hat eine Gruppe ein Ziel vor Augen, sie wollen etwas erreichen. Was machen sie? Sie überlegen sich eine Strategie, eine Vorgehensweise, wie man heute sagt. Dann schauen sie auf ihre Mittel, auf all das, was ihnen zur Verfügung steht, was sie einsetzen können. Und dann wird ein Plan entworfen. Wir müssen Gottes Plan mit uns nicht entwerfen. Der steht, und sein Ziel ist unser Heil. Seine Vorgehensweise ist Erbarmen und Gerechtigkeit. Und die von uns geforderte Strategie – oder sagen wir besser Haltung – ist die Gottesfurcht; sie sucht unbeirrbar, seinen Plan zu erkennen. Und dann dürfen wir noch nach den Mitteln fragen: Sie sind das Hören auf sein Wort, das inständige Gebet und die demütige Annahme des Erkannten. 

Amen.


P. Fabian Conrad SVD