3. Adventssonntag (C)

Predigtimpuls

Freude – Gabe des anwesenden Gottes

1. Lesung: Zef 3,14-17
2. Lesung: Phil 4.4-7
Evangelium: Lk 3,10-18


Liebe Schwestern und Brüder im Herrn! 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, aber ich kann mich des Eindrucks kaum erwehren, dass echte Freude in unserem direkten Umfeld immer seltener wird. Sicher freuen sich Menschen über Gesten und Worte, aber diese Freude bleibt nicht, sucht nach immer neuen Anlässen. Nein, ich will nicht in die schon tiefe Kerbe hauen, die landauf und landab die Moralapostel verschiedenster Couleur geschlagen haben: „Wir leben in einer unheilbaren Spaßgesellschaft“ oder „Wir amüsieren uns zu Tode“. Da mag wohl Wahres dran sein, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Sicher nicht die ganze. Es gibt zuhauf Menschen, die gar nicht die Möglichkeiten haben, sich ein solches Leben leisten zu können. In unserer Gesellschaft beschäftigt sehr viele unserer Zeitgenossen das blanke Überleben, der harte und ganz alltägliche Kampf um ein Leben in erträglicher Würde. Und trotzdem scheint auch die Freude einem vielverbreiteten Zeitphänomen nicht zu entkommen: der Kurzlebigkeit. So wie wir tagtäglich mit einer unglaublichen Flut von Informationen, Eindrücken, Bildern und Geschichten überhäuft werden und sie alle kaum noch verarbeiten können; so ist es auch mit den Anlässen, die uns Freude bereiten: Sie ordnen sich auch diesen Gesetzen unter, müssen häufig sein, groß und überwältigend. Die Reizschwellen sind angehoben; wenn uns noch etwas beeindrucken soll, dann muss es mächtig daherkommen. Und auch dann ist noch keine verlässliche Garantie da, dass es uns trifft, nachhaltig trifft und Freude verströmt, die unserer oft so geschundenen Seele auf Dauer Ruhe und Zufriedenheit verschafft. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit hinterlässt ihre Spuren, sie hat ihren Preis. In der Lesung aus dem Buch Zefanja bejubelt der Prophet die Anwesenheit des Herrn, des Königs Israels, in der Mitte seines Volkes. Allein seine Gegenwart, sein Wirken, sind Grund zu überschwänglicher Freude. Dem Volk wird die erneuerte Liebe seines Gottes zugesagt, sein Jubel, sein Frohlocken. Und zu diesem Frohlocken heißt es „wie an einem Festtag“. Dieses Wort käme dem Propheten heute nicht mehr so leicht über die Lippen, würde er unsere Gesellschaft kennen, die Werk- und Festtag kaum noch zu unterscheiden weiß. Und vielleicht liegt gerade darin ein großes Hindernis, Freude nachhaltig und bleibend erfahren zu können. Es wird in Realität nicht gelebt, aber es wird uns vorgegaukelt, dass quasi alle Tage das Besondere brauchen. Ich habe sie nicht gezählt, aber ich bin sicher, dass es kaum einen Tag im Jahr gibt, der nicht einem besonderen Anlass gewidmet ist, an dem nicht einer besonderen Sache gedacht wird. Auch das Kirchenjahr, das seine rhythmisch angeordneten Zeiten von Fasten und Feiern kennt, ist aufgebrochen und hat fast nur noch „Hoch“-zeiten. Oder ist der Advent noch in der Stille der Erwartung zu begehen? Kaum, denn eine Feier jagt die andere, ein Markt den anderen und an Weihnachten sind wir so satt und müde des Feierns, dass wir nur noch das Ende von all dem freudigen Feiern herbeisehnen, um schließlich voll in die „fünfte Jahreszeit“ (Karneval) durchstarten zu können. Da muss Freude es schwer haben, denn sie braucht auch die Zurücknahme, das Warten, das Normale, um am Festtag in Jubel ausbrechen zu können – vor Freude, weil sie jetzt einen Platz hat, der ersehnt und gewünscht wurde. 

Im Evangelium erleben wir einen völlig gelassenen Johannes, der uns gerade heute etwas zu sagen hat. Er war in einer ganz außergewöhnlichen Situation der Erwartung und Vorfreude und wurde von seinen Zuhörern gefragt: „Was sollen wir tun?“ Seine Antwort könnte nicht biederer, nicht einfacher, nicht alltäglicher sein. Er riet seinen Zeitgenossen zu teilen, herzugeben, was sie im Überfluss hatten. Er riet den Zöllnern, ihre Arbeit zu machen und nicht zu betrügen. Er riet den Soldaten, sich mit dem zu begnügen, was sie als Sold bekamen und kein Unrecht zu tun. Er verlangte das ganz Normale von allen Ständen. Und diese Normalität, die wir so gerne überhören, weil wir an das Außergewöhnliche gewöhnt sind, würde uns allen gut tun. Ganz einfach dem nachzugehen, was wir tun, darin gut, ehrlich und wahrhaftig zu sein. Das wäre einmal ein Anfang, um dieser großen Freude zu begegnen, die im Sohn Gottes zu uns kommt. Johannes deutet dessen Größe an: Ich habe nur Wasser, um euch zu taufen. Er wird mit Heiligem Geist und Feuer taufen. Das ist keine Drohung, das ist die freudige Zusage, dass da der ganz Große kommt, der ungeahnte Möglichkeiten eröffnen wird. Der wirkliche Grund zur Freude. Aber bis dorthin ist ein Leben angesagt, das laut seinen Weisungen in ganz normalen und ehrlichen Bahnen verlaufen soll. Der Grund der großen Freude ist noch nicht da, deshalb gibt es auch noch nicht das große Fest. Aber er kommt und dann wird der Jubel keine Grenzen mehr kennen. Dieses Fest braucht, wie jedes andere, Vorbereitung. Und die Vorbereitung ist nicht das Fest. Wahrscheinlich haben wir da die Vorzeichen verschoben und tun uns deshalb schwer mit der Freude, die uns so offen und ehrlich zugesagt ist. Wenn dieser Adventssonntag uns ein bisschen nachdenklich darüber macht, was wirklich Freude bereiten kann, dann ist viel geschehen. Es wird wohl das richtige Maß zwischen Warten und Sehnen, zwischen Feiern und Freude sein. Und wenn Gott uns seine Anwesenheit schenkt, dann dürfen die Dämme der Zurückhaltung auch brechen. Aber Dämme stauen auf; gäbe es sie nicht, würde immer alles nur fließen. Freude gibt es nicht, wenn alle Tage zum Fest werden. Jetzt erwarten wir noch, aber schon bald feiern wir das Fest der zugesagten Freude: das Fest der Geburt unseres Herrn. 

Amen.


P. Fabian Conrad SVD