1. Adventssonntag (A)

Predigtimpuls

Unser Ziel

1. Lesung: Jes 2,1-5
2. Lesung: Röm 13,11-14a
Evangelium: Mt 24,37-44

zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Das neue Kirchenjahr beginnt. Es ist eine Zeit, die sich immer wiederholt: Die Zeit der großen Feste, an denen wir der wichtigen Ereignisse unseres Glaubens gedenken: am 25. Dezember: Jesu Geburt, und nächstes Jahr am 18. April: Jesu Leiden und Sterben, am 20. April: seine Auferstehung; am 29. Mai seine Himmelfahrt und am 18. Juni die Sendung des Geistes. Davor jeweils die Zeiten der Vorbereitung: ab heute die Adventszeit, dann die 40tägige Vorbereitung auf Ostern, die wir am 5. März beginnen werden. 

Dazwischen liegen immer wieder die 'grünen' Sonntage. Diese Sonntage möchten uns helfen, Jesus besser kennenzulernen und sollen uns darin einüben, Jesus nachzufolgen. In diesem Kirchenjahr lesen wir fortlaufend das Matthäusevangelium, lernen Jesus und unseren Weg als Christen aus der Perspektive des Matthäus kennen. Wir sind eingeladen, uns darauf einzulassen, die Chance zu ergreifen, zu wachsen und zu reifen. 

Heute beginnt die Zeit der Vorbereitung auf das Kommen des Herrn in unsere Welt, seine Menschwerdung und seine Wiederkunft. Die heutigen Lesungen möchten darum auf zwei Fragen Antwort geben: Was ist das Ziel unseres Lebens und unserer Geschichte? Wie sollen wir uns auf das, was am Ende kommt, einstellen? 

Viele Pessimisten und Angstmacher treiben sich heute um. Sie reden uns ein, dass von der Zukunft nur Schlechtes erwartet werden kann: die Umweltkrise ist so tiefgreifend, dass die Katastrophe uns angrinst. Menschen sind zudem entmutigt von den verschiedensten Enttäuschungen in der Geschichte und von den Träumen, die sich nicht erfüllt haben, oder die zu Albträumen geworden sind. Menschen haben Angst, dass das Chaos auf unserem Kontinent wieder zuschlagen kann. Auch was die Kirche betrifft, gibt es eine ganze Menge Christen, welche für die Zukunft der Kirche schwarz sehen und den Teufel an die Wand malen. 

Gegen alle Unglücksprofeten und Katastrophennarren sagt das Evangelium: am Ende der Geschichte und der Welt wie auch am Ende eines jeden persönlichen Lebens steht nichts anderes als der Herr: der Menschensohn. In der Sprache des Matthäus ist das der erhöhte Jesus, der Auferstandene. Er ist der Herr über Zeit und Raum. Und dies ist etwas zutiefst Tröstliches, nicht etwas, was Angst und Schrecken einjagt. 

Dass uns versprochen ist, dass ER das Ziel der Welt und der Geschichte ist, bestimmt dann allerdings auch die Art und Weise, wie Menschen leben und sich auf sein Kommen vorbereiten. 

Manche Menschen verengen den Blickwinkel auf das Heute. Wo keine Sehnsucht mehr ist, ist auch keine Erwartung, keine hoffnungsvolle Einstellung bezüglich der Zukunft.  

So breiten sich bei den einen Unsicherheit und Zweifel aus, bei den anderen eine “Nach uns die Sintflut”-Haltung.

Sich sehnen, Ausschau halten nach dem, was kommen wird, heißt: auf Gott warten. Darum schärfen sie ihre Sinne für die wirklichen Aufgaben heute, halten Augen und Ohren offen, sind hellhörig und hellsichtig. Sie lassen sich nicht einlullen. 

Wachsamkeit ist die Lebenshaltung, die uns Christen gut steht. Wachsame Menschen nehmen die Zeit als Geschenk an; heiligen die Zeit, indem sie sich der Erneuerung der ganzen Wirklichkeit öffnen. Sie nutzen ihr Leben, um der Botschaft Jesu gemäß zu leben. Weil sie sich immer wieder Gottes Barmherzigkeit, Güte und Liebe in Erinnerung rufen, nutzen sie die Zeit, um das Empfangene weiterzugeben, indem sie sich ihren Nächsten in Liebe zuwenden und die Talente und Fähigkeiten, die ihnen geschenkt sind, einsetzen.

Sie bleiben sich selbst, einander und allem Guten treu; gewöhnen sich ab, was nicht wesentlich ist und was im Weg steht, um wachsen zu können. Sie verankern sich in dem, um das es wirklich geht. Und wenn sie fragen: “Zu wem sollen wir gehen?” fügen sie hinzu: “Du allein hast Worte ewigen Lebens”. So leben sie zielgerichtet, leben auf den Herrn hin, der uns Menschen und unserer Welt immer schon entgegenkommt. 

Das Ziel bestimmt den Weg der Christen durch die Zeit. Dass wir uns wieder darauf besinnen, dazu ist die Adventszeit da.


P. Dr. Bernd Werle SVD