3. Adventssonntag (A)

Predigtimpuls

Sehnsucht nach Erlösung für dich und mich

1. Lesung: Jes 35,1-6a.10
2. Lesung: Jak 5,7-10
Evangelium: Mt 11,2-11

zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Damals, vor fast 2000 Jahren fiel der Erlöser nicht aus heiterem Himmel auf eine dunkle Erde. Er kam aus einem Himmel auf eine Erde, die voll war von Sehnsucht und Hoffnung; auf eine Erde, die darauf wartete aus Leid, Angst und Unheil gerettet zu werden. Der Ruf nach Erlösung, nach einem Erlöser war nicht zu überhören - damals, vor fast zwei tausend Jahren. 

Adventszeit ist Vorbereitungszeit auf das Kommen des Erlösers auch in unsere Welt. Wenn wir uns auf sein Kommen vorbereiten, bedeutet dies, dass wir nach den Sehnsüchten fragen, die wir in unseren Herzen tragen. Um unserer Sehnsucht auf die Spur zu kommen, bedarf es einer gehörigen Portion Sensibilität. Nur wer noch sensibel genug ist, wahrzunehmen, dass und wo unsere Welt und unser Leben noch nicht fertig ist, - nur, wer sich noch treffen lässt von dem Halben und Unfertigen unserer Welt und unseres Lebens, kann lernen, was Sehnsucht nach einem Erlöser heißt und anfangen, das Kommen des Erlösers zu erwarten. 

Sensibel sein, heißt Fragen stellen nach dem Halben und Unfertigen.  


Darum frage ich mich und auch Sie: 

Wie viel Krieg, Kleinkrieg gibt es in unseren kleinen Lebensbereichen, in unseren Familien und Nachbarschaften? Macht es uns glücklich, wenn wir in den Konflikten zur Tagesordnung übergehen, sie unter den Teppich kehren und meinen, gerade an Weihnachten müsse man so tun, als ob alles in Ordnung wäre?  

Nichts ist in Ordnung, solange wir unter den Teppich kehren und nur so tun als ob. Gibt es denn wirklich keinen, dessen Kommen wir ersehnen, damit er uns zeigt, wie gutes Leben geht? der uns zeigt, wie wir aus unseren selbstgestrickten Teufelskreisen herauskommen können? 

Ich frage auch: Wie viel körperliches und auch seelisches Leid trägt ein jeder von uns mit sich und was versuchen wir nicht alles, um damit fertig zu werden? Und spüre ich überhaupt noch, wie sehr manchmal das Böse selbst aus den allertiefsten Tiefen meiner Seele aufsteigt und mich und meine Umwelt vergiftet? 

Brauche ich keinen Erlöser, der mich tröstet, der mit mir das Schwere trägt, der vergibt und der mir zeigt, wie ich Vergebung gewähren kann? 

Ich frage weiter: Wie viel Mangel an Liebe begegnet uns in unserer Welt? Wie viel Liebesunfähigkeit, Liebesentzug, wie viel Spaß nur mit der Liebe liegt Menschen schwer auf dem Herzen? Braucht es da denn keinen, der sich uns heilend zuwendet? 

Wie viele Menschen kommen nicht damit zurecht, dass sie nicht über ihren eigenen Schatten springen können, obwohl sie es gerne möchten? Gibt es keine Sehnsucht danach, es doch zu schaffen, keine Sehnsucht mehr nach den kleinen Schritten, die hineinführen in eine bessere Welt? Wer zeigt mir, wie es geht? Wer traut mir zu, dass ich doch über mich hinauswachsen kann? 


Advent heißt die Sehnsucht nach dem Erlöser in uns wachhalten; heißt sich sehnen nach dem, der uns retten kann. 

Advent heißt auch: Fragen stellen wie der so arg enttäuschte Johannes der Täufer, der in der Unbarmherzigkeit, Verlogenheit und Brutalität der damaligen Welt im Gefängnis lag, verzweifelte und die Frage quälte: Bist Du es, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten ? 

Advent heißt Fragen, Flehen, sich Sehnen nach einem Heiland und Erlöser.

Den Suchenden und Fragenden, den sehnsüchtig Wartenden gilt das Wort des Propheten:


„Macht die schlaffen Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest!

Sagt den Verzagten: habt Mut, fürchtet euch nicht!

Seht hier ist euer Gott, er selbst kommt und rettet euch“.

Der Erlöser kommt und rettet durch Liebe. Menschen, die ihm begegnet sind, Blinde, Taube, Lahme, Aussätzige, Schuldbeladene und Arme haben es am eigenen Leib gespürt: Damals.

Nur kaufen kann man sich Frieden, Verständigung, Vergebung und Liebe nicht. Sie sind unbezahlbar. Es gibt sie nur geschenkt, wenn man sich beschenken lassen will.

Nicht immer, aber manchmal, wenn ich still werde und nachdenke, spüre ich, wie sehr ich mich nach Erlösung sehne, nach Erlösung unserer Welt, nach meiner eigenen Erlösung. Ich sehne mich nach einem Heiland für unsere dunkle, unbarmherzige, leiderfüllte Welt – und auch für mich.


P. Bernd Werle SVD