3. Sonntag der Osterzeit (B)

Predigtimpuls

Osterglaube

1. Lesung: Apg 3,12a.13-15.17-19
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Joh 2,1-5a
Evangelium: Lk 24,35-48
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Sie erzählten, was sie erlebt und wie sie ihn erkannt hatten. Diese Art von Zeugnis gehört mit zu den Quellen der Christenheit. Wir sind heute Christen, weil es in den vergangenen 2000 Jahren immer wieder Frauen und Männer gegeben hat, die erzählten, was sie erlebt und wie sie ihn erkannt hatten. Dabei spielt es eine ganz wesentliche Rolle, dass es sich um persönliche Erfahrungen und um persönliches Erkennen handelt. 

Im Evangelium dieses Sonntags geht es zunächst um die Jünger, die von Emmaus zurückgekehrt waren und dann um die Elf und die anderen Jünger, die sich nach Ostern versammelt hatten und miteinander redeten, Erfahrungen miteinander austauschten. Aber es bleibt nicht bei Einzelerfahrungen, es wird immer wieder von gemeinsamen Erfahrungen berichtet. Die Jünger auf dem Weg nach und in Emmaus waren zu zweit, jetzt handelt es sich um eine viel größere Gruppe. Und sie erfahren ihn gemeinsam. Jesus selbst tritt in ihre Mitte, und zunächst erschrecken sie und haben große Angst. Doch sie begegnen ihm – sie sehen ihn mit ihren Augen, sie schauen ihn, ihre Hände fassen ihn an… (vgl. 1 Joh 1,1). Und ihre Angst weicht dem Staunen und der Freude. Der Weg zum Glauben ist ein schwerer Weg, langsam kommen die Jünger dahin. Die Begegnung mit dem Auferstandenen, seine Worte, seine Deutung der Schrift und seines eigenen Weges – all das wird Teil der persönlichen Erfahrung der Jünger und macht sie schließlich zu Menschen des Glaubens. Gerade darin liegt ja der Unterschied, den Ostern macht: aus denen, die Jesus gerufen hatte und die ihm auf seinem Weg gefolgt waren, aus denen, die von dem Mann aus Nazareth und seiner Botschaft fasziniert waren und die hohe Erwartungen an ihn hatten, werden Menschen des Glaubens, die ganz persönlich hineingenommen sind in den Weg Jesu. Aber es kostete sie einiges, dahin zu kommen.

Der amerikanische Theologe und Psychologe James Fowler erwähnt in seinem Buch „Stufen des Glaubens“ den Theologen Richard Niebuhr, der eine Reihe von Jahren an dem Versuch gearbeitet hatte, eine umfassende Sicht vom Glauben zu formulieren. Niebuhr vergleicht den Glauben mit einem Würfel. Der Beobachter kann aus jedem Blickwinkel mindestens drei Seiten des Würfels sehen und beschreiben. Aber der Würfel hat auch Rückseiten, einen Boden und Innenseiten. Mehrere Blickwinkel müssen gleichzeitig miteinander koordiniert werden, um Glauben zu verstehen und zu erklären. Und Niebuhr war sich auch bewusst, dass wir den Glauben nicht einfach von außen untersuchen können. Der Glaube betrifft uns immer auf irgendeine Weise persönlich. Der Glaube ist ein Geheimnis von manchmal verwirrender Schwierigkeit, weil wir – ob als Gläubige oder als Ungläubige – immer irgendwie betroffen sind. Wir sind auf eine Art und Weise, die weitreichende Bedeutung hat, in das Phänomen involviert, das wir zu verstehen versuchen. 

Den nachösterlichen Jüngern fällt es zunächst schwer zu glauben, aber sie sind auch immer hin und her gerissen, da sie im Auferstandenen doch genau dem begegnen, dem sie während seines Lebens gefolgt waren und den viele in seinem Leiden verlassen hatten. Es besteht eine persönliche Beziehung; es gibt Scham und Enttäuschung. Aber jetzt eben auch diese ganz neue Erfahrung: er lebt, er ist bei ihnen und er ruft sie zu einer neuen Weise der Nachfolge: sie sollen seine Zeugen sein, alles, was sie mit ihm erlebt und von ihm gehört haben, sollen sie anderen Menschen weitergeben.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, all das lädt uns erneut ein, über unseren eigenen Glauben nach Ostern nachzudenken. Einmal ist da die Frage nach unserer persönlichen Beziehung zu ihm – welche Erfahrungen, welche Begegnungen kommen mir da in den Sinn? Und dann ist da sein Auftrag, Zeugen zu sein.

Jesu Wort ist Angebot, ist Einladung, der man Folge leisten kann, eine offene Möglichkeit. Jesus ist jede Form von Druck fremd, mit dem er uns vielleicht manipulieren, unsere Freiheit nicht respektieren würde. Der Gott, den Jesus uns vorstellt, spricht uns an und fordert uns auf, aber er zwingt uns niemals zu etwas. Entsprechend soll auch unser christliches Zeugnis sein: „Wir sind dazu da, dass wir den Horizont des Möglichen um das erweitern, was Menschen, die Gott nicht kennen oder Christus nicht ernst nehmen, als unmöglich erscheint“ (Tomas Halik). Das ergibt sich aus Ostern – aus dem Osterereignis, also der Auferstehung Jesu, und aus den Erzählungen über die Begegnungen der Jünger mit dem Auferstandenen: Er erweitert unseren Horizont und zeigt uns alternative Möglichkeiten schon hier und jetzt und mitten in der Welt zu leben. Dafür müssen wir nur immer mehr zu Menschen des Glaubens werden.


P. Dr. Martin Üffing SVD