1. Adventssonntag – Besinnung

Besinnung

Lesung aus dem Buch Jesaja, Jes 2,1-5

Jes 2,1-5


Der Text

2,1 Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, in einer Vision über Juda und Jerusalem gehört hat.

2,2 Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker.

2,3 Viele Nationen machen sich auf den Weg. Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort.

2,4 Er spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg.

2,5 Ihr vom Haus Jakob, kommt, wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn.



Textbetrachtung

Der Prophet Jesaja, der Sohn des Amoz, lebte zwischen 740 und 701 im damaligen Südreich Juda. Die Großmacht Assyrien vernichtete 722 v.Chr. das Nordreich und bedrohte damals bereits das Südreich durch eine abschreckende grausame Kriegsführung ganz ähnlich den heutigen Isis-Kämpfern in (As-)Syrien. Das biblische Buch, das unter seinem Namen gelesen wird, lässt noch dessen längere Entstehungsgeschichte erkennen. Man hat verschiedene Überlieferungen gesammelt und zu einer Erzähleinheit komponiert. Was authentische Worte des Propheten sind, lässt sich kaum mehr mit Sicherheit feststellen. Jedenfalls wird dieser Text von der Völkerwallfahrt auch im Zwölfprophetenbuch „Micha“, aber ohne den Einleitungsvers, zitiert. Welches von beiden Büchern das andere zitierte, darüber wird bis heute gestritten. Der Prophet Micha wirkte von 750-686 v.Chr. in Jerusalem. Er war ein Zeitgenosse Jesajas. Micha und Jesaja lebten im Südreich „Juda“ während Amos und Hosea im noch nicht vernichteten Nordreich „Israel“ weissagten. Es könnte sein, dass Flüchtlinge aus dem Nordreich“ nach seiner Zerstörung die Überlieferung der „Völkerwallfahrt“ mitgebracht haben. 

1 Jerusalem als Mittelpunkt des erwarteten messianischen Reiches wird hier ausdrücklich dem Jesaja zugeschrieben. In einer audiovisuellen „Schauung“ über Juda und Jerusalem habe er das „Wort“ von der „Völkerwallfahrt“ gehört. 

2 Das „Ende der Tage“ wird sich verwirklichen wenn Jahwe die derzeitigen tödlichen Waffen endlich umschmieden wird, um ein Reich des Friedens zu gründen. Dann wird der Tempelberg, der ringsum noch von höheren Bergen wie etwa dem Ölberg umgeben wird, alle Berge und Hügel an Bedeutung überragen, weil er der Mittelpunkt dieses Reiches sein wird. 

3 Das erwartete und verheißene messianische Friedensreich, wird das „Israel“ aus vielen Nationen und Völkern sein. Doch werden sich die Nationen nur dann auf den Weg zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs aufmachen, wenn „ganz Israel“ wieder die Tora Jahwes vorlebt. Jakob gilt ja als der Stammvater aller Stämme Israels, Gen 25,21-26. Ihr Leben nach der Tora und Weisung Jahwes wird für die Nationen am Ende der Tage wegweisend zum Zion, nach Jerusalem, sein. Das priesterliche Volk aller Stämme Jakobs bekommt für die Endzeit einen Missionsauftrag, Ex 19,6. Alle Nationen und Völker sollen durch seine Lebensart die Tora Jahwes erlernen, die von Jerusalem, dem Mittelpunkt des messianischen Reiches, zu ihnen kommt. Jerusalem galt als die Wohnstatt Jahwes in „Israel“. Seine Gegenwart (Schechina) wurde dort besonders lebendig erfahren. 

4 Gott wird der Richter im Streit der Völker sein und die Nationen zurechtweisen, die sich heute leider nicht mehr nur mit Schwertern und Lanzen bekriegen, sondern immer schrecklichere Vernichtungswaffen entwickeln, aufrüsten und grausamste Kriege führen. In unserer derzeitigen Welt klingt es geradezu noch immer genau so utopisch wie damals, dass einmal keine Waffen mehr hergestellt werden, um mit Waffengeschäften angeblich Arbeitsplätze erhalten zu müssen. Wird das wirklich einmal sein, dass am Ende um- und abgerüstet wird? Kann man Gott diese Utopie glauben, dass einmal anstatt Waffen „Pflugscharen und Winzermesse“ geschmiedet werden? Wird das mal gegen allen Augenschein so geschehen, dass die riesigen Summen, die heutzutage immer noch für Waffen und Kriege ausgegeben werden, am Ende der Tage dem Frieden dienen und für hungernde und verhungernde Menschen, für Müllkinder, für Kinder, die noch nicht in die Schule gehen können, verwendet werden? Der vertrauenswürdige treue Gott Israels hat es uns versprochen. 

5 Abschließend wird bereits vorausgesehen, dass das Haus Jakob, alle Stämme ganz Israels, bereits einmal mit vielen Nationen zu diesem messianischen Friedensreich auf dem Weg sind. Israels Wege und der Nationen Wege werden dann „unsere“  Wege im Licht Jahwes sein. „Im Licht Jahwes gehen“ meint wohl die Glaubensüberzeugung, dass der „Ich-bin-da“ vom brennenden Dornbusch, Ex 3,14, mit seinem Volk gemeinsam auf dem Weg ist. So bittet der Beter im Ps 43,3: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, damit sie mich leiten; sie sollen mich führen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung.“


P. Hieronymus Horn OSB