Fest der Taufe des Herrn (A)

Predigtimpuls

„Der Himmel ist offen“

1. Lesung: Jes 42,1-4.6-7
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Apg 10,34-38
Evangelium: Mt 3,13-17
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Wir wünschen uns nochmals den Segen Gottes 

In diesen Tagen las ich einen alten Neujahrsgruß, den ich Ihnen heute noch mitgeben möchte: 

„Mögest du in deinem Herzen bewahren die kostbare Erinnerung an die guten Dinge in deinem Leben. – Möge jede gute Gabe in dir wachsen. – Mögest du so viel Freude erleben, dass die, die du liebst, froh werden durch dich. – Und mögen an keinem deiner Feste die fehlen, die dir sagen: Es ist schön, dass du da bist.“ 

„Es ist schön, dass du da bist“, sagen die Eltern zu ihrem neugeborenen Kind. „Es ist schön, dass du da bist“, sagt Gott zu jedem Kind; das wird in der Taufe deutlich. Und dann begleitet Gott jeden von uns das ganze Leben hindurch. Der Himmel soll über uns offen bleiben, und die Sonne soll uns Licht und Wärme spenden. Vor allem aber soll sie uns Leben spenden. Dies beschreibt das heutige Evangelium in zwei Bildern: Es öffnet sich der Himmel, und der Geist Gottes schwebt sichtbar herab wie eine Taube. Es ist sozusagen ein Gegenbild des Sterbens, denn so dachten die alten Ägypter: Wenn ein Mensch stirbt, erhebt sich seine Seele wie eine Taube empor zum Himmel, trägt dort den Funken Licht aus dem Herzen des Menschen empor zu den Sternen, und unser Geist verschmilzt mit dem unwandelbaren Licht der Gestirne, wird eins mit dem Glanz der göttlichen Sonne. Dieses Bild heute sagt umgekehrt: Es ist jenseits des Todes das Geschenk Gottes an uns, wirklich zu leben. „Es öffnet sich der Himmel, und der Geist Gottes steigt in Gestalt einer Taube auf ihn herab.“ 


Jesus wird von Johannes getauft. Warum? 

Es geschieht etwas Unerwartetes, Unerhörtes: Jesus, der Sohn Gottes, lässt sich taufen, reiht sich ein in die Schar der Menschen, die von Johannes die Taufe als Zeichen der Umkehr erhalten. So ist es verständlich, dass Johannes sich zunächst weigert. Aber gerade jetzt spricht Jesus sein erstes Wort bei Matthäus – es ist wie ein Programm für seine Sendung, sein ganzes Leben, wie es uns im Laufe des Evangeliums dargestellt wird: „Lass es nur geschehen, denn so ziemt uns, dass wir alle Gerechtigkeit erfüllen.“ „Alle Gerechtigkeit“ – das heißt hier „der Wille Gottes“. Jesus stellt sich mitten unter die Menschen, neben den Täufer, an die Spitze all derer, die seine Botschaft hören, Gottes Willen tun, zu Jungem werden wollen. So zeigt sich Jesus solidarisch mit den Menschen. Und Gott sagt in dem Moment sein volles Ja zu ihm, er gibt seiner Zuneigung Ausdruck. Dass Jesus sich von seinem Vater geliebt weiß, ist die Ausgangsbasis für den weiteren Weg, der ein Weg des Kreuzes werden sollte, ein nicht zu bewältigender Prozess, wenn da nicht das Fundament der Liebe wäre. 

Im Lied vom Gottesknecht (Lesung), das schon sehr früh auf Christus hinweist, heißt es: Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht. Er schreit nicht, er lärmt nicht, er lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen, bis er auf der Erde das Recht (die Gerechtigkeit) begründet hat. … Ich habe ihn geschaffen, das Licht der Völker zu sein.“ Und dann wird es konkret: „Er soll blinde Augen öffnen. Gefangene aus dem Kerker holen und alle, die im Dunkel sitzen, aus ihrer Haft befreien.“

Wir alle sind getauft – und damit gesendet … 

In einem Gemeinde-Gesprächskreis kam die Rede – angestoßen durch eine Kinderschwester – auf das Thema Taufe. Die Schwester hatte von einem Kind erzählt, das zu früh geboren wurde und deshalb nicht lebensfähig war. Es starb nach drei Tagen. Dann erzählte sie, die Stationsschwester habe das Kind noch getauft – kurz bevor es starb. An der Art ihres Erzählens konnte man spüren, dass sie damit nicht ganz einverstanden war. Daher die Frage eines Teilnehmers: „Sie hätten das wohl nicht getan?“ Darauf die Schwester: „Nein, denn ich habe so etwas noch nie erlebt und wüsste deshalb nicht, wie ich mich dabei anstellen sollte.“ Und dann fügte sie – für die anderen überraschend – hinzu: „Die Eltern waren irgendwie erleichtert, als wir ihnen erzählten, ihr Kind sei noch getauft worden, ehe es starb.“ Später habe die Stationsschwester gesagt, dass dies der Hauptgrund gewesen sei, warum sie das Kind noch getauft hätte. Für viele Eltern sei es einfach eine Beruhigung zu wissen, dass ihr Kind vor dem Tode noch getauft worden sei. Später fügte ein Teilnehmer noch einen wunderbaren Satz hinzu: „Vielleicht beruhigt es die Eltern, dass das Kind wie ein Mensch behandelt worden ist, wie ein richtiger Mensch und nicht wie ein Fall oder eine Nummer oder ein namenloses Wesen.“  

Und das sage ich immer gerne bei der Taufe: Es ist wunderbar, wenn jetzt auch der Himmel sich öffnet über diesem kleinen, noch hilflosen Wesen und Gott ihm sagt: Du bist ein Mensch! Auch wenn du noch hilflos daliegst. Du bist ein Mensch, der für uns einen Namen hat. Wir haben dich ebenso lieb und möchten dich nicht verlieren. Und wenn tatsächlich mal kein Mensch ja zu dir sagen sollte – Gott sagt es immer: Du bist mein Kind. Du bist einzigartig, unverwechselbar für mich. Ich liebe dich. Und wenn wir alle dazu stehen, dann hat das Kind eine große Chance im Leben. Dann wird es auch Kreuzwege überstehen, weil es sich umgeben weiß von liebenden Menschen – und von Gott. Gerade in heutiger Zeit, wo man mit dem werdenden Leben etwas zu leichtfertig umgeht, sollten wir uns daran erinnern: Gott liebt den Menschen – einmalig – vom ersten Moment seiner Entstehung. Und weil auch bei der Taufe der Geist Gottes auf den Täufling herabsteigt, weiß man, wes Geistes Kind dieses Kind ist. Je mehr wir alle uns dann verantwortlich fühlen, wird es der Gute Geist sein, der es leitet. 

Es wird nicht auf Lärm und Geschrei angewiesen sein, es wird sich für Recht und Frieden einsetzen, es wird für andere zur Spur werden, die man gehen kann. 


Unsere jährliche Tauferneuerung… 

Während wir uns nicht mehr an die eigene Taufe erinnern, erfahren wir aber später, wie wichtig eine Tauferneuerung sein kann – in der Osternacht. Hier werden wir uns bewusst, wozu wir getauft sind. Taufe ist für uns Christen eine Grundentscheidung des Lebens. Sie fordert uns heraus, aus der Vielzahl der heute kursierenden Angebote ein bestimmtes Lebenskonzept zu wählen. In der Taufe geht es um ein klares Ja oder Nein. Wozu werde ich stehen in guten und in bösen Tagen? Was ist mir im Leben wichtig? Nur wenn ich weiß, wo ich stehe, kann ich auch widerstehen. Widerstand leisten. Die grundsätzliche Ausrichtung ist gefragt. Und wenn wir immer wieder bedenken, dass wir in allem bedingungslos gewollt und bejaht sind vorgängig und unabhängig von unsern Leistungen oder Unterlassungen, dann bleiben wir stark – auch in harten Stunden.  

Lassen wir also Gott in unser Leben eingehen. Lassen wir ihn an unsere wunden Punkte heran. Wo wir das zulassen, da leben wir als Menschen, über denen der Himmel offen ist. Wir spüren, wie wir mit Gott Kontakt bekommen und unsererseits kontaktfähig werden, indem auch wir uns nicht mehr hervortun, sondern uns einreihen. Dabei sind wir nicht einer von vielen, sondern einer für viele. Auf diese Weise wird sich über manch einem der Himmel öffnen. 

Ich möchte nun für das neue Jahr mit und für Sie den Segen sprechen, mit dem die irischen Mönche des 8. Jahrhunderts einander entließen, wenn einer auf eine weite Reise ging: 

„Möge dein Weg dir freundlich entgegenkommen.
Möge die Sonne dein Gesicht erhellen.
Möge der Wind dir den Rücken stärken und der Regen um dich her die Felder tränken.
Und bis wir zwei, du und ich, einander wiedersehen, möge der gütige Gott dich in seiner Hand halten.“  

Und ich ergänze: Möge der Himmel über euch offenbleiben und die Sonne euch wärmen und heimleuchten. Möge das Wohlwollen unseres guten Herrn uns alle begleiten – heute und in diesem ganzen Jahr.

P. Josef Schmitz SVD