1. Fastensonntag (A)

Predigtimpuls

„Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, und ihr habt nicht getanzt“ (Mt 11,17).

1. Lesung: Gen 2,7-9: 3,1-7
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 5,12-19 oder: Röm 5,12.17-19
Evangelium: Mt 4,1-11

In den oft düsteren liturgischen Texten der Fastenzeit die Aufforderung zum Tanz suchen, ist das nicht ein bisschen viel Anpassung an die Trends der Spaßgesellschaft? Nein, die Freude, zu der die Frohe Botschaft ruft, ist alles Andere als mitplanschen in der seichten Spaßbrühe. Sie stehen einander gegenüber wie Feuer und Wasser. 

Es gibt sie noch, die stillen Tage vom Gesetz geschützt, z. B. Karfreitag, Heilig Abend, Buß- und Bettag. Sportveranstaltungen und öffentliche Lustbarkeiten wie Tanz und laute Musik haben dann zu schweigen. Eine Nacht ohne Tanz, laute Musik und Alkohol empfinden manche Jugendliche als existenzbedrohend. Und der „Bund für Geistesfreiheit“ sah die Freiheit beschnitten, als er 2007 feindselig in einem Münchener Theater eine „Heidenspaß-Party“ organisierte, die entsprechend der Bayerischen Verfassung untersagt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat am 30. November 2016 diese stille feindliche Veranstaltung „Religionsfreie Zone München 2007“ als öffentliche Meinungsbildung gewertet und deren Verbot als nicht vereinbar mit der Bundesverfassung erklärt. Einschränkungen sind möglich, aber Krachmachen muss immer erlaubt sein. 

Der Aufruf zu Freude und Festlichkeit in der Fastenzeit (keine finstere Miene, gepflegtes Haar, sauberes Gesicht) ist von ganz anderer Qualität. Sie beginnt mit der Stille, dem Hinhorchen, dem in sich Hineinhorchen. Nimm den Kopfhörer ab, die Ohrenstöpsel heraus, lass dich mal nicht fremdberauschen, sondern lass deine ureigene Stimme zu Wort kommen. Bedenke, wo du herkommst: du hast dich nicht selbst gemacht, bist ganz und gar verwoben in die Entwicklung der Schöpfung („vom Ackerboden“), kannst dich nicht selber einfach an- und abschalten, bist lebendiges Wesen erst durch den, der alles Leben ermöglicht, den Lebensatem Gottes.

Genauso hängst du drin im Sog des verschwenderischen Konsums, der unsere natürliche Lebensgrundlage zerstört, ein gerechtes Verteilungsnetz zerreißt, bedrohliche Migrationsströme auslöst. Du wirst mehr und mehr beäugt und bedrängt durch elektronische Vernetzung und Geschäftsinteressen. Du kannst dir zwar einen anstrengenden, vernünftigen, asketischen Lebensstil verordnen, aber alleine erreichst du nichts, kannst du dem Klimawandel und dem Flüchtlingswirbel nicht entfliehen. Du bist dem drohenden Verderben ausgeliefert.

Vielleicht hörst du dann den wortlosen Schrei deines Herzens: Ich will raus, so wahr mir Gott helfe! Irgendwann muss der mörderische Hass doch mal aufhören, muss Frieden und Solidarität einkehren. Wer hat Macht über die Herzen der Menschen? Tauet ihr Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab. Wer so hellhörig aufgerissen die Liturgie mitfeiert, erhält Antwort, vernimmt die Frohe Botschaft: Heil ist möglich. Ihr könnt aus eurem Schlamassel heraus, wenn ihr nicht auf „weiter so“ macht, sondern umkehrt. Wenn ihr einander aufmerksam anschaut, nicht fragt: „Was willst du von mir?“ sondern „Wo tut es dir weh, wie kann ich dir helfen?“ Wenn ihr euch nicht voreinander in Acht nehmt, sondern die Hände reicht und zu tanzen anfangt – nach der Hochzeitsmelodie Gottes auf dem Marktplatz.

Wort Gottes ist gleich mit Wirken Gottes - „… und er sprach und es ward“ (Gen 1). Es setzt an im Kern des einzelnen einmaligen Menschen und führt zur „Kernschmelze“, die ausstrahlt zu neuer Lebendigkeit, für verhärtete Strukturen allerdings zum Ruin. Das Klümpchen Sauerteig in der Teigmasse ohne Geschmack der Spaßgesellschaft ist Hoffnung auf eine gute Zukunft. Leb nicht allein vom Konsumbrot, sondern auch vom Wort Gottes. Lass dich als Sauerteig Gottes „unterbuttern“.

P. Dr. Gerd Birk SVD