3. Fastensonntag (A)

Predigtimpuls

„Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, und ihr habt nicht getanzt“ (Mt 11,17).

1. Lesung: Ex 17,3-7
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 5,1-2.5-8
Evangelium: Joh 4,5-42

Die biblische Szene am Jakobsbrunnen regt reichlich an zu bildhaften Vorstellungen, ist ja auch unzählige Male gestaltet und damit gedeutet worden. Das Evangelium selbst überlädt sie geradezu mit gewichtigen Anspielungen. Die Szene enthält etwas Idyllisches: Rast in der glühenden Mittagshitze am uralten tiefen Brunnen mit kühlem, gesundem Wasser, alleine mit einer Frau, die die Männer häufig gewechselt hat - fehlt bloß der Pan -, Jesus der prophetische 'Flötenspieler', der die Frau und viele Samariter aus jenem Ort zum 'Tanzen' bringt. Sie haben sich bewegt, haben Jesus als Gast in die Dorfgemeinschaft aufgenommen und ihn gebeten zu bleiben. Nicht nur äußerlich. Viele sind zum Glauben an ihn gekommen. 

Der Frau sollte man nicht gleich das Klischee des Lotterweibes überstülpen. Im Sprachspiel des streng monotheistischen jüdischen Glaubens war Ehebruch ein Synonym für Teilnahme am Kult anderer Religionen in dieser multikulturellen Welt. Die Frau ist eher eine Suchende als eine Wechselwählerin, Vertreterin einer Volksgruppe, die durch politische Machthaber zerrissen und mit fremden Siedlern durchmischt wurde wie heute etwa das ehemalige Ostpreußen.

Auf diesen vielleicht ihr selbst nicht bewussten Durst spricht Jesus sie an: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer dich um Trinkwasser für den erschöpften Wanderer bittet, dann würdest du ihn um einen Trunk aus der Lebensquelle bitten, über die er verfügt. Wasser ist das elementarste Lebensmittel, ohne Wasser kein Leben. Wasser als symbolisches „Material“ ist besonders geeignet, Gottes Leben wirkendes Gegenwärtig-Sein anzuzeigen, spüren zu lassen.

Die „zeichenhafte“ Gesprächsszene – das Johannesevangelium stellt nur einige „Zeichen“ Jesu vor, damit wir zum Glauben kommen und das Leben haben, vgl. Joh 20,31 – bringt gleich mehrere Tabubrüche mit sich: Jesus unterhält sich öffentlich alleine mit einer Frau, bittet sie um etwas. „Man entbietet einer Frau überhaupt keinen Gruß“ (Rabbi Schmuel, siehe Strak-Billerbeck II,99). Klar, dass die vom Einkauf zurückkehrenden Jünger sehr verwundert sind. Und was noch schlimmer ist, er spricht mit einer Samariterin. Diesen von den rechtgläubigen Juden verachteten Halbheiden begegnete man mit Verachtung und Feindseligkeit. Und dann sagt er der nach Wahrheit dürstenden Vertreterin des Mischvolkes dort in der Brunnensenke zwischen den Höhenheiligtümern Zion und Garizim, wohin die Leute streng getrennt zur Anbetung Gottes pilgerten, etwas fundamental Wichtiges: Es kommt nicht darauf an, ob die Menschen auf dem Garizim oder auf dem Zion (in Jerusalem) Gott anbeten. Sie können sich überall an Gott, den Vater aller Menschen, wenden. Gott gibt ihnen seinen Geist und damit sind sie zugänglich für die Wahrheit. Gott ist Geist (ruach, Leben spendender Hauch). Wer Gott anbeten will, muss es in diesem ihn belebenden Atem tun und sich von ihm leiten lassen. Heißt doch: Starre nicht auf den Buchstaben des Gesetzes und quäle dir nicht religiöse Leistungen ab. Mach einfach auf, wo immer du stehst, auf Gott hin. Lass ihn machen. Für die sich nach Wahrheit sehnende Frau heißt das doch: Ich bin ja keine Gefangene des Irrtums, keine verdammte Sünderin. Ich habe ja freien Zugang zu Gott überall und jederzeit. Oder noch genauer: Wenn ich mich für ihn öffne, kommt er und gewährt mir Audienz und bleibt und lässt mich frei. Wenn das für suchende Menschen kein Grund ist, in Freude auszubrechen, sie im Tanz auszudrücken! Das tut die Frau auch, lässt den Wasserkrug am Brunnen, rennt ins Dorf und bringt die Bewohner in Bewegung zum Brunnen hin. Sie nehmen Jesus mit in ihre Gemeinschaft. Er bleibt – wieder ein Tabubruch. Zwei Tage gewährt er ihnen, dass ihn alle hören konnten und noch viel mehr Menschen an ihn glaubten. Das Dorf war verändert. So ist das, wenn Gott selbst die Umkehr in die Hand nimmt. Die Botschaft der Fastenzeit ist: Lass einmal ab von deinem Treiben, versuche, dich dem Getriebe zu entziehen. Paulus bittet an Christi Statt: „Lasst euch mit Gott versöhnen“ (2 Kor 5,20).


P. Dr. Gerd Birk SVD