Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu

Predigtimpuls

Gottes Liebe kennt weder Grenzen noch Bedingungen

1. Lesung: Dtn 7,6-11
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Joh 4,7-11
Evangelium: Mt 11,25-30
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Vielleicht können Ältere meine Erfahrung nachvollziehen: Als mich unser Redakteur der Steyler Internet-Predigtzeitschrift „Anregung“ einteilte, etwas fürs Herz-Jesu-Fest zusammenzustellen, dachte ich zunächst an meine Kindheitserfahrung, wenn ich (*1938) in Omas Schlafzimmer das riesige Bild des süßlichen Nazarener-Jesus sah: ein süßlicher Dandy mit wallendem Haar zeigte auf sein durchbohrtes Herz, mitten auf der Brust; das herausspritzende Blut sammelten süßliche Engel im Heiligen Gralskelch. Unterschrift etwa so: „O süßestes Herz Jesu, durchbohrt für mich Sünder, zur Sühne für meine großen Sünden!“ Als Kleinkind verstand ich nichts davon, hatte nur Angst und Schuldgefühle, dass „der liebe Heiland“, der „Kinderfreund“, Blut verspritzen musste z.B. für mein Zuckernaschen. Später als Internatsschüler musste ich viele Sühneandachten und Anbetungsstunden und Herz-Jesu-Freitage mitmachen, deren Texte und Lieder und Bilder mich oft anwiderten. Die Erfahrung des Theologiestudiums und meiner vielen Priesterjahre brachten ein besseres Verständnis für das, was das Herz-Jesu-Fest zeigen will: Gott hat ein Herz für uns alle, besonders für Menschen in Not.

Beim Herz-Jesu-Fest geht es geht nicht um Organ, Fleisch, Herzmuskel. In unserem Kulturkreis gehört das Wort Herz zu den „Urworten“ (Karl Rahner). Es wird gleichgesetzt mit Gefühlen der Zuwendung, Liebe, Barmherzigkeit. Besonders die Mystiker des Mittelalters förderten die Herz-Jesu-Verehrung. Nach den Visionen von Margareta Alacoque (1647-1690) wurde das Fest in der lateinischen Kirche eingeführt. 1796 wurde Tirol dem Herzen Jesu geweiht, 1856 ganz Deutschland.1875 erstand in Paris die Kirche Sacre-Coeur. 1875 gründete der hl. Arnold Janssen in Steyl das erste deutsche Missionshaus; später das Herz-Jesu-Kloster der Steyler Missionsschwestern. Seine erste Zeitschrift nannte er „Kleiner Herz-Jesu-Bote“, später „Stadt Gottes“ genannt. Er schloss seine Briefe mit dem Gebetsruf: „Vivat Cor Jesu in cordibus nostris!“ Die Förderung der Herz-Jesu-Frömmigkeit wurde ein Charakteristikum auch der Franziskaner und Jesuiten: Karl Rahner promovierte über Joh 19,34. 1899 weihte Leo XIII. die ganze Welt dem Herzen Jesu.1956 verfasste Pius XII. seine Herz-Jesu-Enzyklika „Haurietis aquas“, gewiss auch beeinflusst durch Visionen der Schwester Maria Droste zu Vischering. Unsere letzten drei Päpste sprachen wiederholt in Enzykliken und Ansprachen von der Barmherzigkeit Gottes, die in Jesu Wort und Tat ein Gesicht bekam. Häufig zitiert wird das Wort des „Kleinen Prinzen“: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist den Augen verborgen.“ Und auch oft zitiert: „Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ In den modernen Kommunikationsmedien (Smiley, Email, SMS, WhatsApp) steht das Herzsymbol oft als Ersatz für „Ich liebe dich“.

Das Evangelium im Lesejahr A bringt den „Lobpreis Jesu“. In seinem öffentlichen Gebet bietet er Ruhe und Erholung an für alle, die „mühselig und beladen sind“. Hektik, Überlastung, Ängste sind Symptome vieler Zeitgenossen. Die Sorgen in Politik und Gesellschaft und auch in der Kirche sind riesig. Eine Oase könnte sein: die Zusage von Gottes Heilssorge und von seiner Liebe, die keine Voraussetzungen und Bedingungen und Beschränkungen kennt. Er ist „verrückt vor Liebe“. Gottes „Barm-HERZ-igkeit“ (lateinisch: „miseri-COR-dia“) wird im Urtext umschrieben mit mütterlichen Begriffen. Gottes Bundestreue (1. Lesung) ist Zeichen dafür, dass Gott und Liebe „kompatibel“ und identisch sind (2. Lesung). Verstehen können das oft besser die Schwachen, die Ärmsten, die Unmündigen“ (Evangelium). Gottes Liebe ist konkretisiert in der Person Jesus Christus. Aus der Seite des „zweiten Adam“ ersteht die Kirche als „neue Eva“: Blut und Wasser als Symbole der Sakramente, besonders Eucharistie und Taufe.

Immer wieder erinnert Papst Franziskus an die Menschenrechte für alle und an die europäische Verantwortung für das Flüchtlingsproblem, an die weltweite Sorge um Frieden und Gerechtigkeit und Bewahrung der „Mutter Erde“. Anhänger von PEGIDA und AfD-Parolen müssten viel deutlicher auch kirchenintern Ächtung statt Achtung finden. Die Welt bemisst uns Christen daran, wie stark unser soziales Engagement ist und reagiert empört auf Prunk und Verschwendung der Kirchen. Bei allen Strukturreformen der Diözesen hat die konkrete Notsituation Vorrang, hier in der Heimat und in der weiten Welt. Das ist die „MISSION“, zu der uns die Barmherzigkeit des Guten Hirten antreibt: öffnet euer Herz; „by heart“ ist mehr als „auswendig“.

P. Hermann Bickel SVD