2. Sonntag im Jahreskreis (A)

Besinnung

Textbetrachtung zu Jes 49,3.5-6

Jes 49,3.5-6


Der Text 

3 Er sagte zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, an dem ich meine Herrlichkeit zeigen will.
4 Ich aber sagte: Vergeblich habe ich mich bemüht, habe meine Kraft umsonst und nutzlos vertan. Aber mein Recht liegt beim Herrn und mein Lohn bei meinem Gott.
5 Jetzt aber hat der Herr gesprochen, der mich schon im Mutterleib zu seinem Knecht gemacht hat, damit ich Jakob zu ihm heimführe und Israel bei ihm versammle. So wurde ich in den Augen des Herrn geehrt und mein Gott war meine Stärke.
6 Und er sagte: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht für die Völker; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht.



Textbetrachtung

In den Kapiteln 40-55 des Jesajabuches befinden sich die aus Juda Verschleppten immer noch in der Verbannung an Eufrat und Tigris. Ein Prophet aber erhält den Auftrag, das schon baldige Eingreifen Jahwes zu predigen: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. 2 Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten von der Hand des Herrn für all ihre Sünden“ (Jes 40,1f).

3 Jahwe hat seinen „Knecht Israel“ erwählt, um sein „Gottsein“, seine Herrlichkeit, zu offenbaren. 

4 Diesen Vers vom vergeblichen Bemühen des Propheten und von seinem nutzlosen Kräfteverschleiß erwähnt die Sonntagslesung nicht, weil der Text (Jes 49,3-6), im Zusammenhang doch von einem neuen Auftrag spricht, der sicher gelingen wird. 

5 Jetzt spricht Jahwe erneut zu „Israel“ bevor er noch wie in einem Mutterleib gezeugt wurde und heranwuchs, und erwählt ihn zu seinem „Knecht“. „Israel“ wird hier als eine „Kollektivpersönlichkeit“ verstanden. Er sollte die zwölf Stämme Jakobs in das ihnen verheißene Land aus dem Babylonischen Exil (586-538 v.Chr.) heimführen und das Volk Israel bei seinem Gott versammeln. Solche Erwählung und Beauftragung zu einem zweiten Exodus war für den „Knecht Israel“ eine ehrenvolle Aufgabe seines Gottes. Jahwe selbst verlieh dem „neuen Mose“ die nötige Stärke, diesen Auftrag auch zu erfüllen. 

6 Doch letztendlich wird der „Knecht Israel“ nicht nur für das Volk Israel erwählt. Er soll ein Licht für die Völker werden, damit Gottes heilendes Wirken bis an das Ende der Erde reicht.


P. Hieronymus Horn OSB