3. Sonntag im Jahreskreis (A)

Besinnung

Textbetrachtung zu Jes 8,23b-9,3

Jes 8,23b-9,3

Der Text

8,23b Einst hat er das Land Sebulon und das Land Naftali verachtet, aber später bringt er die Straße am Meer wieder zu Ehren, das Land jenseits des Jordan, das Gebiet der Heiden.

9,1 Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.

2 Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.

3 Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers.


Textbetrachtung:

8,23b Im Jahre 733 v.Chr. eroberte der Assyrerkönig Tiglat Pileser die nordöstlichen Gebiete des Stammes Efraim: „In den Tagen Pekachs, des Königs von Israel, zog Tiglat-Pileser, der König von Assur, heran. Er eroberte Ijon, Abel-Bet-Maacha, Janoach, Kedesch, Hazor, Gilead, Galiläa, das ganze Land Naftali, und verschleppte ihre Bewohner nach Assur“ (2Kön 15,29). Die genannten Städte liegen alle im nördlichen Gebiet des „Nordreiches Israel“, in Galiläa. Über diese Eroberung Nordgaliläas und der Gebiete jenseits des Jordan berichten assyrische Texte ausführlich. Die „Straße am Meer“ war die bedeutendste Straße im sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“. Sie verband Ägypten mit Mesopotamien. Vom Nil-Delta führte sie über die Küstenebene Palästinas entlang des Mittelmeeres, durchquerte den Karmel bei Megiddo. Durch die Jesreelebene gelangte man schließlich über die Golanhöhen jenseits des Jordan bis Damaskus. Auch das Gebiet galt nach der Eroberung Tiglat Pilesers wie das gesamte nördliche Galiläa als assyrisches Heidenland, in dem der Staatsgott Assur angebetet wurde. 

9,1 Noch lebt dieses heidnische Volk, Tiglat Pileser hatte die Bevölkerung ausgetauscht, im Dunkeln. Es kannte nicht das Licht der Tora und die Weisung Jahwes. Es wird ihm aber versprochen, dass über das Volk im Dunkeln einmal das Licht der Tora aufstrahlen wird. In Mt 4,13-16 wird diese Verheißung auf Jesus, der leibhaftigen Tora und Weisung Jahwes, gedeutet. 

2 Dieses Lied preist einen außergewöhnlichen messianischen König bei seiner Inthronisation. Man jubelt und freut sich an jenem Tag über ihn, wie man sich freut bei der Ernte und wie man jubelt bei der Verteilung eroberter Beute. 

3 Nur 300 Männer erlaubte Jahwe am „Tag von Midian“ einst dem „Richter“ Gideon, in den Kampf gegen die 135000 Midianiter mitzunehmen. Im Vertrauen auf die Hilfe Jahwes konnte er damals siegen (Ri 7,1-8,3). Ebenso wird Gott - so die Verheißung - das drückende Joch der sehr grausamen Assyrer zerbrechen und sie besiegen. Sie sollen seinem Beistand nur wie einst Gideon unerschütterlich vertrauen, dann wird auch das assyrische Tragholz und der Stock des Treibers, der die Bevölkerung Galiläas nach Assur umsiedelt, zerbrochen.


P. Hieronymus Horn OSB