4. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Eine etwas andere Welt

1. Lesung: Zef 2,3; 3,12-13
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1Kor 1,26-31
Evangelium: Mt 5,1-12a
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Mit den eingewohnten Selbstverständlichkeiten unseres Alltags haben die Seligpreisungen des Evangeliums, das uns gerade verkündigt wurde, gar nichts zu tun. Sie sind weit weg von unserer Realität, in der glücklich zu schätzen ist, wer was leistet und etwas darstellt, wer beruflich nach oben kommt und sich was leisten kann. Solche und ähnliche Leitbilder orientieren das Leben vieler - und viele, auch Christen, vermitteln diese Leitbilder unbesehen ihren Kindern.

Verraten also sind die Armen,
denn sie haben nichts einzubringen.
Verraten also sind die Leidtragenden,
denn sie sind ausgeschlossen aus der Gesellschaft.
Verraten sind daher die Sanftmütigen,
denn sie werden an die Wand gedrückt werden.
Verraten also sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit,
denn Macht geht vor Recht, und Geld regiert die Welt.
Verraten sind auch die Barmherzigen,
denn Undank ist der Welt Lohn.
Verraten also sind, die reinen Herzens sind,
denn sie werden übers Ohr gehauen.
Verraten auch sind die Friedfertigen,
denn sie werden zwischen die Fronten geraten.
Verraten sind daher auch, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden,
denn am Ende war doch alles umsonst.

Die Umkehrung der Seligpreisungen als Ausdruck einer Welt wie sie ist: kalt und hart, nüchtern und realistisch. Wir brauchen keine Welt, in der Menschen arm sind, ihre Armut zugeben und der Hilfe des anderen bedürfen. Wir brauchen auch keine Welt, in der Menschen weinen und sich noch nicht mal ihrer Tränen schämen; wir brauchen keine Welt, in der Menschen Schwächen haben und ihre Schwächen auch noch zeigen. Wir brauchen in der Welt keine, die eh durch die Maschen der Leistungsgesellschaft fallen - wir brauchen keine Verlierer.

Ein Gott, der Arme, Barmherzige, Leidtragende, Friedfertige achtet, respektiert und auch noch seligpreist, ist kein Gott, der für unsere Welt taugt. Auf einen Gott, dem selbst das kleine und mickrige Leben viel bedeutet, können wir gut und gern verzichten.

Wenn auch wir Christen eine solche Welt wirklich als ein Ideal ansehen, und die von ihr propagierten Werte für bare Münze halten, ist auch Jesu Botschaft und sein ganzes Leben der letzte Blödsinn.

Denn seine Botschaft sagt uns: Nicht unsere Leistung, nicht das, was wir darstellen und vorzuweisen haben, ist vor Gott entscheidend, sondern wir selbst - Menschen wie wir nun mal sind, mit unseren Stärken, ja, - und mit unseren Schwächen. Menschen sind nicht erst dann, wenn sie etwas leisten, auch etwas wert. Das hat Jesus im Namen Gottes immer wieder durch sein Verhalten wahrgemacht: in seiner Achtung vor den Kleinen, den Wehrlosen, den Schwachen, den Versagern und Sündern.

In seiner Nähe haben viele von ihnen ihre Selbstachtung wiedergefunden. Sie durften sich sagen: Ich bin ja doch was wert, trotz allem, was in meinem Leben schiefgelaufen ist. Mein Leben hat ja doch eine Bedeutung, obwohl ich mir oft nur wie ein kleines Rädchen im großen Räderwerk der Welt vorkomme.

Jesus zeichnet das Bild einer neuen Welt, in der Gott selbst den unstillbaren Durst der Menschen nach Leben und die Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe auf endgültige und unüberbietbare Weise stillen wird. In Bildern und Symbolen spricht er von dem, was wir `Himmel’ nennen: er spricht vom tröstenden Gott, vom Gott der Land - Heimat schenkt, der sättigt, der Gemeinschaft stiftet, die kein Tod mehr zerstören kann.

Menschen, die sich an Jesus fest machen, beginnen schon hier unten etwas von dieser neuen Welt, in der jeder Mensch für Gott eine einmalige Kostbarkeit ist, zu verwirklichen: sie stiften Frieden, geben Vorurteilen und Hass keinen Raum, machen das Schwache nicht kaputt, erheben Einspruch und machen nicht mit, wo immer menschliche Würde mit Füßen getreten wird.

P. Dr. Bernd Werle SVD