8. Sonntag im Jahreskreis (A)

Besinnung

Textbetrachtung zu Jes 49,14-15

Jes 49,14-15

Der Text 

14 Doch Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen.

15 Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich – Spruch des Herrn.


Textbetrachtung

14 Die Bezeichnung „Kirios, der Herr“ beruht auf der griechischen Übersetzung des Gottesnamens „Jahwe“, Ex 3,14. Die nach Babylon Verbannten befinden sich immer noch fern von Juda und Jerusalem. Der Tempel wurde zerstört, das Land verwüstet. Für viele war Jahwe von den Neubabyloniern/Chaldäern 587 v.Chr. sogar tödlich besiegt worden. Zion, die Davidsburg in Jerusalem, meint deswegen, es sei von Jahwe verlassen und von Gott vergessen worden. Die Propheten predigen unbeirrt, dass Jahwe nicht tödlich besiegt wurde, sondern Israel wurde von ihm mit dem Exil bestraft, weil es seine Tora und Weisung nicht befolgte. 

15 Der „zweite Jesaja“, Kapitel 40-55, argumentiert mit der Liebe Jahwes zu Zion und seinem Volk, dass doch eine Frau ihr eigenes Kind und eine Mutter ihren leiblichen Sohn nicht vergessen können. Und selbst, wenn sie so etwas Grausames fertigbrächten, für die viel intensivere Liebe Jahwes, mit der er Zion und sein Volk liebt, wäre solches Verhalten einfach undenkbar.

P. Hieronymus Horn OSB