Christi Himmelfahrt (H)

Predigtimpuls

Bevollmächtigt und gesegnet

1. Lesung: Apg 1, 12-14
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1 Petr 4, 13-16
Evangelium: Joh 17, 1-11a
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Liebe Schwestern und Brüden 

Abschiede haben oft etwas Dramatisches an sich. Große Worte w erden gesprochen und große Gesten begleiten diese Worte. Wird es ein Abschied für immer sein oder nur für eine gewisse Zeit‘:* Es liegt etwas Undefinierbares in solchen Szenen des Abschieds. Gerne wüsste man wohl, was die Zukunft bringen wird, Gerne wüsste man. Ob wieder ein Zusammentreffen möglich sein wird. Nach solchen Szenen bleibt oft ein Gefühl der Einsamkeit und der Verlassenheit. „Als wär‘s ein Stück von mir‘“, was da dahingeht‘ Eine geliebte Person geht, und die Traurigkeit und die Niedergeschlagenheit kommen und nisten sich ein. 

Im heutigen Evangelium hören wir, wie Jesus Abschied nimmt von seinen Jüngern, von den Frauen, die ihn begleitet haben. Dieser Abschied aber ist kein Lebe-wohl-Sagen in dem Sinn, wie sich zwei Menschen für längere Zeit oder für immer verabschieden. Die Worte, die uns der Evangelist Matthäus als Frohbotschaft mitteilt, haben zwar eine gewisse Abschiedsdramatik, doch sie sprechen viel mehr von Vollmacht, von Auftrag und von Zusage einer bleibenden Gegenwart. Diese Botschaft ist umso bedeutsamer, weil sie am Schluss des Matthäusevangeliums steht. Hier wird noch einmal und zwar in komprimierter Form das gesagt, was für alle Zukunft wichtig sein wird. 

Der auferstandene Herr bekennt sich noch einmal zu seinem Auftrag, den er von Gott, seinem Vater, bekommen hat und den er in seinem Erdenleben verwirklichte. Jesus spricht in der Vollmacht Gottes. Sein Wort ist also endgültige Heilszusage an die Menschen. „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.“ Doch Jesu Macht besteht nicht darin, dass dadurch der Mensch unterdrückt wird und klein bleibt, sondern dass er aufrecht vor Gott stehen kann und seines Erbarmens immer gewiss bleibt. Die Macht Jesu gibt uns die Macht. Kinder Gottes zu werden. Nie und nimmer wird der Mensch aus Gottes Erbarmen herausfallen. Die letzten Worte des scheidenden Messias sind also noch einmal Bekräftigung dieser seiner frohen Botschaft an uns Menschen. 

Diese Botschaft Jesu soll nun hinausgetragen werden zu allen Völkern, allen Nationen und zu allen Menschen dieser Erde. Eine Botschaft also zum Weitersagen! Das Christentum verstand sich deshalb nie als eine Geheimreligion. Die Botschaft von der Liebe und vom Erbarmen Gottes soll öffentlich werden und alle Menschen froh machen. Der letzte Auftrag des Herrn wurde verstanden: Die Apostel, seine Jünger und auch die Frauen aus seiner Gefolgschaft haben ihn erfüllt bis an die Grenzen ihrer physischen Kräfte. Die Apostelgeschichte ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie sich die junge Kirche diesem Auftrag verpflichtet wusste. Der Auftrag zum Heilshandeln in der Welt geschieht in der Vollmacht und in der Beauftragung Jesu. Wie er selbst dürfen auch wir als einzelne und als Kirche verkünden, handeln und wirken. Sein Werk auf Erden weiterführen ist der Auftrag der Stunde des Abschieds von dieser Erde. 

Doch wir stehen nicht allein, verlassen und ratlos vor diesem großen Auftrag an die Welt. Jesus sagt uns seine Gegen wart und seine Kraft zu: „Seht, ich bin bei euch bis ans Ende der Welt.“ Wir dürfen also darauf vertrauen, dass wir als Kirche nicht alleingelassen werden. Optimistisch und hoffnungsfroh dürfen wir unseren Weg in die Zukunft suchen. Der oft weinerliche Ton, den wir uns als Christen in unserem Land angewöhnt haben, ist also nicht angebracht. Im Auftrag Jesu und aus seiner Kraft können wir auch Neues wagen, um die Botschaft weiterzutragen und um sein Reich auf Erden weiterzubauen. Vollenden wird er es selbst. Darüber brauchen wir uns wohl keine Sorgen machen. 

Mit den Worten unseres heutigen Evangeliums schließt das Matthäusevangelium. Damit schließt sich auch ein Kreis. Dem Evangelisten war daran gelegen, das Erbarmen Gottes mit den Menschen als einen roten Faden, der sich durch die ganze Heilsgeschichte zieht, aufzuzeigen. Deshalb knüpft er durch den Stammbaum Jesu am Anfang seines Evangeliums ganz bewusst an das Erste Testament an. Der Bund Gottes mit Israel – auch mit dem neuen Israel, der Kirche – ist nicht aufgekündigt. Dieser Bund wird vielmehr bekräftigt und auf alle Menschen aller Nationen und Sprachen ausgedehnt. Dieser Bund Gottes greift auch weit in die Zukunft hinaus: „Seht, ich bin bei euch.“ Ein frohmachendes und aufmunterndes Wort, das uns hier im Abschied Jesu mit auf den Weg gegeben wird. 


P. Herbert Zimmermann SVD - [Anmerkung der Redaktion: Die von P. Zimmermann verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1999; S. 162f]