Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit (B)

Predigtimpuls

Gott – die Fülle der Beziehung

1. Lesung: Dtn 4,32-34.39-40
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 8,14-17
Evangelium: Mt 28,16-20
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

 Gott – die Fülle der Beziehung

Ein unmögliches Unterfangen

Als der heilige Augustinus an seinem Werk über die Dreifaltigkeit arbeitete, ging er einmal am Meer spazieren und traf dort ein kleines Kind. Das Kind hatte ein Loch in den Sand gegraben und schöpfte mit seiner Muschel immer wieder Meerwasser in das Loch, immer wieder aufs Neue. Nach einiger Zeit fragte Augustinus das Kind: "Was machst Du denn da?" Und das Kind antwortete ihm: "Ich schöpfe das Meer in dieses Loch!" Da schüttelte Augustinus den Kopf und erwiderte: "Du kleiner Narr, das ist doch unmöglich. Du kannst das große, weite Meer, doch nicht in dieses kleine Loch füllen!" "Aber du bildest dir ein," meinte daraufhin das Kind und blickte dabei den großen Gelehrten ernst an, "dass du das große Geheimnis der Dreifaltigkeit mit deinem Kopf erfassen kannst!?" – Und wir? Meinen wir nicht immer noch, wir könnten einsichtige und klare Definitionen erstellen, die das Wesen Gottes erklären? Wir kommen aus einem gewissen Dilemma nicht heraus: uns mit der Überlieferung und den verschiedenen Gottesbildern in der Heiligen Schrift und der Tradition der Kirche(n) auseinanderzusetzen und gleichzeitig den Menschen heute – in einem ganz anderen kulturellen, religiösen und sozialen Umfeld verständlich und lebensnah Gott zu „erklären“, oder besser nahezubringen.

Mit der Sprache bleiben wir immer hinter der Wirklichkeit zurück

Wenn wir von Gott als dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist sprechen, so ist das wie eine Brücke zu Gott als einem lebendigen Gegenüber. Dabei besteht aber die Gefahr, dass wir so von Gott reden, als würden wir über "etwas" sprechen, über ein Ding, einen Gegenstand. Die Bibel dagegen erzählt von Gott und stellt keine spekulativen Überlegungen über ihn an. Erst spätere philosophische Überlegungen und Begrifflichkeiten haben das Verständnis – vielleicht für die damalige Zeit – zu erläutern versucht, aber nie aber ausschöpfend erklären können. Denn Gott kann man nicht erklären! Für uns heute klingt die Formulierung der Festtagspräfation problematisch: ein Gott in drei Personen – was dann ja auch von Vielen so missverstanden wird, als handle es sich dabei um drei Götter. Der Person-Begriff, so sagen einige, passt hier überhaupt nicht (mehr). Sollten wir also nicht lieber schweigen und Gott im Geheimnis belassen. Aber das erntet auch Kritik, denn das könnte bedeuten, wir gäben zu früh auf, wollten nicht unseren Verstand anstrengen – was in der Diskussion über das Thema „Glaube und Vernunft“ beständig zur Sprache kommt.

Gott, der sich den Menschen in unterschiedlicher Gestalt und an unterschiedlichsten Orten zeigt

Noch einmal: der Bibel geht es um die Begegnung Gottes mit dem Menschen; um die Selbst-Erfahrung Gottes und nicht um die Definition seines Wesens. Streng genommen können wir Menschen den so ganz anderen Gott nicht erfahren, was dann mit der Auffassung verbunden ist, dass der Mensch sterben muss, wenn er Gott sieht oder ihm begegnet. Die Hl. Schrift spricht auch davon, dass Gott die Welt geschaffen hat – und das war gut. Dass er den Menschen geschaffen hat „nach seinem Bild“ – aus Liebe. Nicht weil er sich etwa einsam fühlte oder jemanden brauchte, der ihn als Gott anerkennen und anbeten sollte. Das widerspräche dem Prinzip der Liebe. Aus Liebe wollte Gott dem Menschen in seinem Lebensraum, der Welt, nahe sein.

Gott sucht die Nähe des Menschen

So kam Jesus in die Welt, als diese inkarnierte Liebe Gottes. „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn in die Welt sandte…“ - aber nicht zum Richten, sondern zum Aufrichten! Der Mensch, durch Versagen und Abkehr von Gott und seinem Ziel, hatte seinen aufrechten Gang verloren; schaute immer nur auf das Irdische, ohne den Blick auf Gott, den Liebenden zu erheben. In Jesus Christus offenbarte sich dieser liebende Gott dann wieder in seiner ganzen Fülle und Nähe, die nicht „verbrannte“, sondern die Liebe auch im Menschen neu entzündete.

Sich selbst kennen lernen in seiner Vielfalt

Die Überlegungen von Martin Buber über das „Dialogisches Prinzip“, ohne dass ich mich und den anderen nicht verstehen kann, ist hier für mich sehr hilfreich. Ohne den anderen – der Beziehung zu ihm - vereinsame ich. Das ist wohl darin begründet, dass wir als Geschöpfe Abbild Gottes sind. Darin liegt auch der Focus in der Sendung Jesu, die er uns anvertraut hat: diesen Gott anderen nahezubringen, wenn er sagt: „Und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und es Heiligen Geistes“. Die innere Kraft, die von Gott auf den Sohn übergeht, nennen wir dann den Heiligen Geist. In der Hl. Schrift ist der Geist die Ruach, also weiblich. Das kann man beeindruckend in einem Fresko in der kleinen Kirche von Unterschalling, in der Nähe des Chiemsees, anschauen. Mich beeindruckt diese Darstellung ungemein, weil hier zum Ausdruck kommt, dass Gott alles umfasst: Vater, Mann und Frau. Vielleicht können wir heute den Gebetsruf des Hl. Arnold Jansen: „Es lebe der heilige, dreieinige Gott in unseren Herzen und in den Herzen aller Menschen“ auch als eine Einladung verstehen, diesem Gott in seiner Fülle und Dynamik in uns selbst und in allen Menschen Raum zu geben. Es geht also im letzten nicht um eine Erklärung oder ein bloßes Verstehen, wer Gott (für uns) ist, sondern darum, dass wir uns ihm und seiner Liebe nähern – woraus dann auch wir erfülltes Leben schöpfen. Es kommt auf die Beziehung an – und nicht so sehr auf Definitionen oder Erklärungen.

Wie immer wir auch von Gott sprechen oder über ihn nachdenken und das ins Wort bringen, es sind menschliche Versuche, immer defizient – er übersteigt „himmelhoch“ unser Bemühen – und ist uns doch so nah.

Bedenken wir, was im Nachwort des Predigerbuches steht: Im Übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben und viel Studieren ermüdet den Leib. Hast du alles gehört, so lautet der Schluss: Fürchte Gott und achte auf seine Gebote! Das allein hat jeder Mensch nötig.“ (Pred 12,12-13)

 

P. Heinz Schneider SVD